Mehr als 20 Millionen Menschen in Deutschland schnüren in ihrer Freizeit gelegentlich die Joggingschuhe. Das zeigt eine repräsentative Erhebung des Instituts für Demoskopie Allensbach, bei der über 14-Jährige befragt wurden.
"Laufen ist die ursprünglichste Form der menschlichen Bewegung", sagt der Sportwissenschaftler Prof. Ingo Froböse von der Deutschen Sporthochschule (DSHS) in Köln. "Laufen muss man nicht neu erlernen wie etwa Skifahren." Nein, wir können das in der Regel. "Laufen bekommen wir als Kinder mit in die Wiege gelegt."
Hier sind die neun wichtigsten Fakten zum Laufen:
1. Wie viele Läufer gibt es in Deutschland?
Joggen ist eher ein Individualsport. Daher ist es nicht möglich, die aktiven Sportler über Mitgliederzahlen in Vereinen oder ähnliches zu ermitteln. Wir können uns der Zahl also nur annähern.
Fakt ist: Es sind Millionen, die in Deutschland regelmäßig laufen.
Laut Allensbacher Markt- und Werbeträgeranalyse 2023 joggen 22,8 Millionen Menschen in Deutschland häufig oder zumindest ab und zu.
Der Deutsche Leichtathletik Verband (DLV) zählte 2022 insgesamt 1,2 Millionen Teilnehmerinnen und Teilnehmer bei 2500 Laufveranstaltungen.
2. Wie viel Geld geben Läufer für das Joggen aus?
Eine Erhebung des Bundeswirtschaftsministeriums und des Bundesinstituts für Sportwissenschaft (BISP) liefert Zahlen aus dem Jahr 2022: Rund 2,4 Milliarden Euro gaben die Menschen in Deutschland fürs Joggen aus - vor allem für Laufschuhe und Sportkleidung.
Auf den vorderen fünf Plätzen finden sich der Analyse zufolge folgende Sportarten:
- Radsport: 10,7 Milliarden
- Fitness: 10,4 Milliarden
- Wandern: 6,7 Milliarden
- Schwimmen: 4,6 Milliarden
- Skifahren: 3,9 Milliarden
3. Wie viele Kilometer laufen Jogger im Jahr?
Hinweise über die regelmäßige Jogging-Aktivität liefern die Daten von Lauf-Apps, mit denen Läuferinnen und Läufer ihr Training aufzeichnen.
Die App Strava, die weltweit mehr als 100 Millionen registrierte Nutzer hat, verzeichnete im Zeitraum vom 1. Oktober 2020 bis 30. September 2021 in Deutschland folgende Daten:
- Insgesamt wurden 140 Millionen Kilometer gelaufen.
- Dabei wurden 1,1 Milliarden Höhenmeter absolviert.
- Männer liefen im Schnitt 8,1 Kilometer pro Lauf.
- Bei den Frauen waren es 6,7 Kilometer.
- Männer liefen im Schnitt 47 Minuten und 4 Sekunden pro Lauf.
- Bei den Frauen waren es 44 Minuten und 19 Sekunden.
4. Wo und wann joggen die Menschen besonders häufig?
Ein besonders beliebter Ort ist der Wald. Kein Wunder, Sport mitten in der Natur baut Stress ab. Oft geben Waldböden auch etwas nach. Zumindest sind die Böden weicher als Asphalt und damit schonender für die Gelenke.
- Die beliebteste Joggingzeit bei Nutzern der App Strava ist sonntags um 10 Uhr.
- Die beliebteste Laufzeit insgesamt ist 18 Uhr.
Das ergab eine Auswertung zum Laufverhalten der Deutschen zwischen Mai 2020 und April 2021 durch Strava. Anlass war der Global Running Day am 2. Juni 2021.
5. Was sind die häufigsten Gründe für das Laufen?
Warum laufen Sie? Diese Frage stellt das Fachmagazin "Runner's World" jedes Jahr seinen Leserinnen und Lesern. Für 2022 gaben die 8417 Befragten folgende Motive am häufigsten an:
- für die allgemeine Fitness (79 Prozent)
- um gesund zu bleiben (72 Prozent)
- weil es einfach Spaß macht (68 Prozent)
- um Stress abzubauen (67 Prozent)
- um Kondition/Ausdauer zu verbessern (65 Prozent)
- um mich wohl(er) zu fühlen (61 Prozent)
- um Gewicht zu halten (38 Prozent)
- für Erfolg bei Wettkämpfen (33 Prozent)
- zum Abnehmen (19 Prozent)
- um gut auszusehen (17 Prozent)
6. Warum ist Laufen so gesund?
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt Erwachsenen...
- mindestens 2,5 Stunden pro Woche mäßig anstrengende Ausdaueraktivitäten auszuüben.
- an mindestens zwei Tagen in der Woche die Muskeln zu trainieren.
Joggen ist dafür perfekt. Laufen kann einen großen Beitrag zum Ausdauertraining leisten. Laut Robert Koch-Institut gehört Laufen zu den gesundheitsfördernden Aktivitäten, insbesondere als mäßig anstrengende Ausdaueraktivität.
Denn sogenanntes aerobes Training - das heißt laufen ohne zu schnaufen - bewirkt eine erhöhte Atem- und Herz-Frequenz. Sie sollten es aber mindestens zehn Minuten am Stück ausüben.
Der Berufsverband Deutscher Internisten attestiert Ausdauersportarten wie Joggen folgende positiven Auswirkungen:
- Schutz der Herz-Kreislauf-Funktion
- stabiles Knochengerüst
- aktiver Stoffwechsel
- bessere Blutfettwerte
- Stärkung der Immunabwehr
- bessere Stressresistenz
- positive Stimmung
Auch Forscher der Victoria University Melbourne haben im Jahr 2019 in einer großen Meta-Studie herausgefunden, dass Läufer im Vergleich zu Nicht-Läufern...
- ein um 30 Prozent niedrigeres Risiko haben, an Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu sterben.
- ein um 23 Prozent niedrigeres Risiko haben, an Krebs zu sterben.
Die Ergebnisse basieren auf 14 Studien mit mehr als 230 000 Teilnehmern aus den USA, Großbritannien, China und Dänemark.
7. Wer sollte lieber nicht laufen?
Grundsätzlich ist der Nutzen körperlicher Aktivität erheblich höher als mögliche Risiken. Dennoch gilt auch beim Joggen der gesunde Menschenverstand.
Wer aus dem Stand einen Marathon laufen will oder schlicht zu schnell, zu viel und zu oft läuft, riskiert seine Gesundheit.
"Übergewichtige oder Personen mit Gelenkproblemen wie Arthrose oder Rheuma in den unteren Extremitäten sollten vom Joggen erst einmal absehen", sagt Sportmediziner Ingo Froböse. Er rät dann zu anderen Aktivitäten wie Radfahren.
Tipp: Die Deutsche Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention rät Einsteigern und Wiedereinsteigern vorab zu einer ärztlichen Untersuchung. So können Sie mögliche Vorerkrankungen erkennen und Risiken vorbeugen. Spricht aus Sicht des Arztes oder der Ärztin nichts dagegen, können Sie das Lauftraining beginnen.
Tipp für Anfänger: Froböse rät Beginnern, zunächst mit dem Walking zu beginnen, bevor Sie nach etwa einem halben Jahr zum Laufen übergehen. Es sei wichtig, die Stoßdämpfer, also die Beinmuskulatur aufzubauen.
"Alle Personen mit Herzkreislaufproblemen oder auch neurologischen Erkrankungen sollten auf jeden Fall vor dem Beginn mit ihrem Arzt darüber reden", sagt Froböse.
Zudem gibt es einige Warnzeichen, die Sie nicht ignorieren sollten. "In Form", eine Initiative der Bundesregierung, nennt folgende:
- Gelenkschmerzen: Fragen Sie einen Orthopäden, ob das Laufen für Sie empfehlenswert ist. Nur leichte Beschwerden? Prüfen Sie, ob Ihre Laufschuhe die Ursache der Beschwerden sind.
Tipp: Vermeiden Sie lange Läufe auf Asphalt oder Beton. Unebener Untergrund etwa auf Waldwegen schult die Koordination und wirkt einseitiger Belastung der Gelenke entgegen.
- Fieber, Erkältung, Grippesymptome: Verzichten Sie generell auf Sport, wenn Sie sich angeschlagen fühlen. Geben Sie Ihrem Körper Zeit, um gesund zu werden.
8. Wie kam die Läuferbewegung nach Deutschland?
Eine kleine Chronik mit Personen und Ereignissen, die die Läuferbewegung in Deutschland mitgeprägt haben:
- Turnvater Jahn erwähnte das Joggen bereits 1816 in seinem Buch "Die deutsche Turnkunst" als Lauf ohne Schnauf.
- Ernst van Aaken machte in Deutschland in den 1950er Jahren das "Waldnieler Lauftraining der reinen Ausdauermethode" bekannt. Ein langes, lockeres Laufen über weite Strecken, bei denen die Läufer nicht aus der Puste kommen sollten.
Dazu muss man wissen: Bis dahin war das Intervalltraining, also der Wechsel aus schnellen und langsamen Laufphasen, das vorherrschende Trainingsprinzip.
Athleten, die van Aaken trainierte, gewannen deutsche und internationale Meisterschaften. Der bekannteste: Harald Norpoth. Er wurde 1964 bei Olympia in Tokio Zweiter über 5000 Meter.
Tragisch: Der leidenschaftliche Läufer Ernst van Aaken wurde im Jahr 1972 beim Laufen in der Dunkelheit von einem Auto erfasst und verlor in Folge des Unfalls beide Beine.
- Bill Bowerman entdeckte die Idee des Ausdauerlaufs in Neuseeland. Der US-Leichtathletik-Trainer brachte sie 1962 mit in die USA. Die neue Laufformel auf der anderen Seite des Atlantiks lautete: LSD, long slow distance, also lange und dafür langsam laufen. Später gründete Bowerman die US-Sportartikelfirma Nike.
9. Zurück nach Deutschland: Wie das Laufen zum Volkssport wurde
Der Bobinger Lauf in der Nähe von Augsburg am 13. Oktober 1963 mit 1654 Teilnehmerinnen und Teilnehmern gilt als der erste Volkslauf in Deutschland. Etwa zwölf Jahre später gab es bereits 497 Laufveranstaltungen mit 394 401 Teilnehmenden.
Unter dem Dach der Landesverbände des Deutschen Leichtathletik-Verbands fanden im Jahr 2019 rund 3500 Lauf-Events mit mehr als zwei Millionen Menschen statt.
Im Jahr 1970 startete der Deutsche Sportbund, heute Deutscher Olympischer Sportbund, die insgesamt 16 Jahre andauernde Breitensport-Kampagne "Trimm-Dich". Fast jeder kannte Trimmy, das Maskottchen mit dem nach oben gereckten Daumen.
Ab Mitte der 1970er Jahre prägte die Kampagne das Motto:
- "Ein Schlauer trimmt die Ausdauer!"
- "Trimm-Trab - das neue Laufen, ohne zu schnaufen"
In der DDR wurde die Bevölkerung 1974 mit dem Slogan "Eile mit Meile" zu regelmäßigem Laufen und anderen Ausdauersportarten eingeladen.
Für den ersten Lauftreff in Deutschland fiel am 16. März 1974 im Dortmunder Rombergpark der Startschuss. Die Idee: Ohne Anmeldung und Vereinsmitgliedschaft kann jeder kostenlos mitmachen.
Das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" widmete dem Trend 1978 eine ganze Titelgeschichte: "Laufen: Besser als Sex, Drogen und Alkohol".
Darin schreibt das Magazin: "Aus freien Stücken, ohne Ansporn einer Klub-Mitgliedschaft, machen sich viele Jogger täglich, die meisten wenigstens dreimal je Woche, auf die Jagd nach dem Köstlichen."
Der Zeitpunkt, an dem Laufen endgültig zum Breitensport in Deutschland wurde, lässt sich ganz gut am Berlin-Marathon festmachen: Im Oktober 1974 waren beim ersten Berliner Volksmarathon 286 Teilnehmer an den Start gegangen.
Im Jahr 1985 wurde beim Berlin-Marathon zum ersten Mal die Marke von 10 000 überschritten. Damals nahmen 11 814 Laufende teil. Im Jahr 2023 zählten die Veranstalter etwa 48 000 Personen aus 150 Nationen.