Sie sind frisch verliebt? Herzlichen Glückwunsch. Genießen Sie diese Zeit. Schon bald ist da wahrscheinlich der Wunsch: Mit diesem Menschen möchte ich eine Beziehung führen.
Doch vielleicht schleichen sich irgendwann erste Zweifel ein: Passen wir wirklich gut zusammen? Sind wir auch in zehn Jahren noch ein gutes Paar? Wird die Liebe halten? Und was kann ich dafür tun?
Wie lange Beziehungen im Schnitt dauern, dazu gibt es verschiedene Statistiken. Laut Paartherapeut Eric Hegmann halten Ehen knapp 15 Jahre, Beziehungen ohne Trauschein nur gut vier Jahre. Je länger man zusammen ist, umso unwahrscheinlicher wird eine Trennung.
Natürlich ist kein Mensch gleich - und auch keine Beziehung. Doch Wissenschaftler kennen mittlerweile einige Faktoren, die stabile und langfristig erfüllende Beziehungen begünstigen. Paarberaterinnen und Beziehungscoaches können Tipps aus der Praxis geben.
Hier kommen sieben besonders wichtige Faktoren.
1. Gemeinsamkeiten und Gegensätze: Wer sich findet
Wenn Menschen über neue Bekanntschaften sprechen, sagen sie Sätze wie: "Wir ticken total gleich." Oder aber: "Er ist so ganz anders als ich, das finde ich spannend." Gegensätze ziehen sich angeblich an.
Hollywood erzählt uns gerne Geschichten, in denen zwei Menschen aus unterschiedlichen Lebenswelten gegen alle Widerstände zueinanderfinden. Das ist zwar möglich. Aber nicht wahrscheinlich.
In wen verlieben wir uns? Und warum? Die US-amerikanische Anthropologin Helen Fisher ist diesen Fragen in zahlreichen Untersuchungen nachgegangen. Sie gilt als weltweit anerkannte Expertin für romantische Liebe.
Tausende kleiner Erfahrungen vor allem in unserer Kindheit prägen unterbewusst, zu wem wir uns hingezogen fühlen, schreibt Fisher in ihrem Buch "Warum wir lieben". Diese Prägungen sind individuell und schwer zu lesen. Das macht Liebe oft so kompliziert.
Doch eine Erkenntnis lautet: Wir fühlen uns evolutionär eher angezogen von Menschen, die uns ähnlich sind. Wir verlieben uns tendenziell in Personen aus der gleichen sozialen Schicht. Auch Bildung, Einkommen, Interessen, Werte, Intelligenz, körperliche Attraktivität und Kommunikationsfähigkeit sind ähnlich.
Man könnte sagen: Gegensätze können spannend sein - allerdings innerhalb unserer eigenen sozialen und intellektuellen Sphäre.
Wenn es auf einem Date gefunkt hat, stellen wir uns bald bewusst oder unterbewusst diese Fragen: Kann ich mir mit dem anderen eine Zukunft vorstellen? Kann der andere meine Bedürfnisse erfüllen?
Auch hier kommt es auf Gemeinsamkeiten an. Paartherapeut Hegmann aus Hamburg sagt: Nahezu alle Paare klären die Themen, die ihnen wichtig sind, fast automatisch zu Beginn der Kennenlernphase - viele auch eher unterbewusst - durch mehr oder weniger indirekte Fragen:
- Wie stellt man sich die Lebensplanung vor?
- Möchte die oder der andere Kinder?
- Wie wichtig sind Freiheit und Unabhängigkeit?
- Was waren bisherige Trennungsgründe?
- Wie wichtig ist Treue?
"Man muss diese Themen nicht beim ersten Date besprechen", sagt die Diplom-Psychologin und Paarberaterin Sarah Willeke aus Siegen. Aber es ist wichtig, die eigenen Wünsche ab einem bestimmten Zeitpunkt zu äußern. Man sollte sich über diese Wünsche also im Klaren sein.
Die Frage nach Kindern mag leicht zu beantworten sein. Andere Bedürfnisse sind schwieriger in Worte zu fassen. Beispiel: Wie viel Nähe brauche ich? Wie unabhängig will ich sein? "Es ist hilfreich, wenn das Paar hier ähnlich tickt", sagt Willeke.
Fazit: Ein ähnlicher Hintergrund und die gleichen Vorstellungen vom Leben sind eine gute Basis für eine neue Beziehung.
2. Reden können: So entsteht emotionale Nähe
Möglicherweise haben Sie diesen Satz von einer Freundin schon einmal gehört: "Er ist halt nicht so gut mit Worten." Verbundenheit lässt sich zwar auch anders ausdrücken: durch Gesten, durch Geschenke. Trotzdem sind Gespräche in einer Beziehung kaum zu ersetzen.
"Kommunikation ist essenziell", sagt Willecke. Nicht um ihrer selbst willen, sondern um emotionale Verbundenheit auszudrücken. Und um heraufziehende Probleme und Konflikte zu entschärfen.
"Es geht darum, Wünsche auch vorbringen zu können, wenn Bedürfnisse nicht erfüllt werden", sagt die Psychologin. "Wenn bei mir etwas nicht stimmt, muss ich das äußern." Ein Präsent reicht da nicht.
Manch einer glaubt vielleicht an das Ideal eines Paares, das sich ohne Worte versteht. Realistisch ist das nicht.
Wenn beide nicht miteinander sprechen, kommt oft eine Schweigespirale in Gang: Enttäuschungen und Verletzungen werden nicht thematisiert und stauen sich auf. Sie wachsen sozusagen im Schweigen.
"Dann eskalieren auch die kleinsten Konflikte, die vermeintlich um nichts gehen", sagt Eric Hegmann. "In Wahrheit gehen sie um alles." Was dann oft hinter einem Streit steht, sind Fragen wie:
- Werde ich gesehen, gehört und wahrgenommen?
- Kann ich mich auf dich verlassen?
- Spüre ich eine emotionale Verbindung zu dir?
All dies bleibt oft weitgehend unklar, wenn man nicht miteinander spricht. Reden zu können hält die Beziehung zusammen.
Wie genau gelingende Kommunikation aussieht, dazu gibt es Dutzende Tipps und Ratgeber. Hier muss jedes Paar für sich herausfinden, womit es sich am wohlsten fühlt und was funktioniert, so Hegmann.
Fazit: Persönliches besprechen zu können, ist für Paare enorm wichtig. Man kann das üben wie andere Dinge auch. Und besser werden.
3. Wertschätzung und aufrichtiges Interesse
Vielleicht verlieben wir uns in eine Frau wegen ihres Humors. Oder in einen Mann wegen seines Charmes. Das allein trägt aber häufig nicht weit. Der andere Mensch muss uns auch wirklich angehen.
Eine Beziehung funktioniert auf Dauer nicht ohne echtes Interesse am anderen, sagt Psychologin Willeke. Das mag banal klingen, ist aber nicht selbstverständlich. Denn dabei geht es vor allem darum, den anderen mit seinen Bedürfnissen im Alltag wahrzunehmen.
Beispiel: Sie kommt gestresst nach Hause und reagiert dünnhäutig. Er sollte sich dann fragen: Ist etwas auf der Arbeit passiert? Was hat das in ihr ausgelöst? Was tut ihr in dieser Situation gut?
Wertschätzung hat mit gesehen werden zu tun, sagt Willeke. Und damit, den anderen ernstzunehmen - was er denkt, wie er sich fühlt, was ihn beschäftigt. Auch wenn es um Kleinigkeiten geht.
Willeke nennt hier gerne das Zebra-Beispiel.
Angenommen, der Partner fragt: Hast du dich schon mal gefragt, ob ein Zebra eigentlich schwarz oder weiß ist? Die Partnerin kann dann ganz unterschiedlich reagieren. Zwei mögliche Antworten:
- "Was für eine dämliche Frage! Warum denkst du über sowas nach?" Und das wars. Hier kommt Ablehnung zum Ausdruck. Eine solche Reaktion würde die Beziehung nicht gerade unterstützen.
- "Interessante Frage, da habe ich noch nie drüber gedacht." Und dann erörtert man die Frage zusammen, lacht gemeinsam darüber. Auf diese Weise tritt man in Verbindung und vertieft die Beziehung.
Das Zebra-Beispiel mag albern wirken. Doch im Alltag erleben Paare ständig Momente, in denen einer von beiden ein "Beziehungsangebot" macht, wie Willeke das nennt. Die Reaktion sagt viel aus.
Fazit: Glückliche Beziehungen zeichnen sich dadurch aus, dass die Anteilnahme und das Interesse am anderen nicht erodieren.
Wer sich immer wieder darum bemüht, bewahrt sich idealerweise eine weitere Eigenschaft: ein positives Bild vom Partner.
4. Die rosarote Brille: Wie wir vom anderen sprechen
Schaut man sich andere Paare an, fragt man sich manchmal: Wie zufrieden sind die beiden wirklich mit ihrer Beziehung? Von außen scheint das oft gar nicht so leicht zu beurteilen zu sein.
Dabei gibt es einen denkbar einfachen Weg, um das herauszufinden: Man fragt das Paar einfach. Glückliche Paare sprechen auch noch nach Jahren in lobenden Worten voneinander, auch wenn sie den jeweils anderen realistischer sehen als am Anfang.
Das zeigt eine Untersuchung kanadischer Forscher, die Daten von mehr als 11 000 Paaren aus über 40 verschiedenen Studien mithilfe einer künstlichen Intelligenz ausgewertet haben.
Sie wollten wissen: Welche von Hunderten verschiedenen Variablen sagen am ehesten etwas über die Zufriedenheit in der Beziehung aus?
Das Ergebnis: Zufriedene Paare äußern sich besonders positiv über und dankbar für ihren Partner. Ihr eigenes Urteil über die Beziehung ist statistisch gesehen am aussagekräftigsten.
Paartherapeut Eric Hegmann kann das nur bestätigen: "Positivität und Optimismus sind ein starker Antrieb", sagt er.
Fazit: Konflikte können immer auftreten. Aber wenn Sie trotzdem vor allem positiv und zufrieden über Ihre Partnerin oder Ihren Partner sprechen, spricht das für eine glückliche Beziehung.
5. Warum Intimität so wichtig ist
Es mag Paare geben, die unglaublich anregende Gespräche führen und sich allein dadurch tief miteinander verbunden fühlen. Doch für viele ist Sex in einer erfüllenden Beziehung unverzichtbar.
Der Klinische Sexualpsychologe Christoph J. Ahlers aus Berlin erklärt in seinem Buch "Vom Himmel auf Erden", warum das nur bedingt etwas mit Lust zu tun hat. Dafür gibt es schließlich Casual Dating, One-Night-Stands und Selbstbefriedigung.
Ahlers zufolge erfüllt Sex vor allem eine kommunikative Funktion. "Sex gibt uns auf unvergleichlich intensive Weise das Gefühl, dass wir richtig und in Ordnung sind", schreibt Ahlers.
Paare drücken damit Aufmerksamkeit, Beachtung, Zuneigung, Zuwendung, Geborgenheit, Sicherheit, Vertrauen und Nähe aus.
"Wenn ich mich als Mensch in meiner Beziehung gemeint, gesehen und gewollt fühle, dann erlebe ich genau das auch in sexueller Hinsicht", führt Ahlers aus.
Andersherum gilt: "Wenn ich mich ungesehen, unbeachtet oder gar missachtet fühle, dann vergeht mir dadurch auch die Lust, mit dem anderen zu schlafen."
Das erklärt auch, warum Sex in vielen Beziehungen irgendwann zu einem Konfliktthema wird. Nach dem anfänglichen Dopamin-Rausch zeigen sich Probleme in der Partnerschaft irgendwann häufig auch im Bett.
"Auch in langjährigen Beziehungen sind Intimität und Sex sehr wichtige Ressourcen, sowohl was das eigene Körpergefühl angeht, als auch den Kitt zwischen beiden Menschen", sagt auch Prof. Beate Ditzen vom Institut für Medizinische Psychologie an der Uni Heidelberg.
Ditzen hat unter anderem zu Stressempfinden und der Bedeutung von Körperkontakt für die Paarbindung geforscht.
Das heißt allerdings nicht, dass Paare nach vielen Jahren immer noch häufig miteinander schlafen müssen, um glücklich zu sein.
- Am Anfang einer Beziehung wirken erotische Berührungen beim Sex vor allem aufregend, sagt Ditzen. "Für den Körper ist das eigentlich purer Stress, aber natürlich sehr positiver."
- Im Lauf der Beziehungen rücken andere Formen des Körperkontakts in den Vordergrund, die dann eher eine beruhigende Wirkung haben: in dem Arm nehmen, streicheln, kuscheln.
Auch Psychologin Willeke betont, dass Intimität nicht gleich Sex sein muss. Auch die Häufigkeit ist nicht so wichtig, solange beide damit zufrieden sind. "Es gibt Paare, die haben überhaupt keinen Sex oder nur ganz wenig." Für sie reicht es, anders Nähe herzustellen.
Fazit: Sex ist kein Muss, aber eine besonders überzeugende Art und Weise zu sagen: Ich will dich so, wie du bist. Ganz ohne körperliche Intimität und Verbundenheit mit dem anderen geht es selten.
6. Dein Wohl liegt mir am Herzen: Füreinander da sein
Miteinander reden, aufmerksam sein, den anderen wertschätzen: All das ist enorm wichtig für eine gelingende Partnerschaft. Doch dazu gehört auch, ganz praktisch für den anderen da zu sein.
Das wird besonders in schwierigen Zeiten relevant. Vielleicht erkrankt die Frau schwer, macht eine depressive Phase durch. Oder der Mann verliert seinen Job und stürzt in eine Lebenskrise.
"Dann geht es darum, emotional füreinander da zu sein, das Problem gemeinsam zu tragen oder Unterstützung zu bieten", sagt Willeke.
In solchen Zeiten ist es wichtig, dass ein Paar sich als Team versteht. Nach dem Motto: Dein Problem ist auch meine Sorge.
Dazu kann gehören, dass einer von beiden für eine Weile seine Bedürfnisse zurückstellt, um den anderen zu unterstützen. Das bedeutet nicht, dass an der Partnerschaft etwas verkehrt ist.
Tipp: Um sich als Paar wieder neu auszurichten, hilft es, gemeinsame Ziele zu haben, sagt Willeke. Damit man weiß, in welche Richtung man zusammen steuert, wenn die See mal rauer ist.
Fazit: In Beziehungen gibt es nicht nur rosige Zeiten. Erfolgreiche Paare zeichnen sich dann dadurch aus, dass beide tatkräftig füreinander einstehen und Probleme als Team lösen.
7. Ohne Vertrauen wird es schwierig
"Vertrauen ist die Basis für emotionale Sicherheit", sagt Sarah Willeke. Wenn das Vertrauen angeknackst ist, erschwert das zum Beispiel offene Gespräche. "Dann fühlt man sich gehemmt und nicht wirklich verbunden. Das macht alles deutlich schwieriger."
Vertrauen kann man nicht herbeireden. Es lässt sich nur über positive Erfahrung aufbauen: Der Partner muss immer wieder sehen und erleben, dass er dem anderen vertrauen kann. "Das erfordert Mut und bringt das Risiko mit sich, verletzt zu werden", sagt Willeke.
In monogamen Beziehungen geht es oft um sexuelle Treue. Aber die emotionale Treue kann ebenso entscheidend sein: Das Paar teilt etwas, was es mit niemandem sonst teilt. Das müssen nicht die Körper sein.
Eric Hegmann rät Paaren zu der Frage: Was ist für Sie Vertrauen? Das stelle für jeden etwas anderes dar. "Die meisten Partner vertrauen einander ihre Wohnungsschlüssel, ihr Bankkonto, ihre Kinder an." Aber vielleicht gibt es dennoch unterschiedliche Vorstellungen.
Fazit: Die Gedanken sind bekanntlich frei. Partner müssen sich nicht jeden intimen Gedanken anvertrauen. Aber ohne grundsätzliches gegenseitiges Vertrauen wird die Beziehung kaum funktionieren.