Steffen Baumgart wirkte gereizt. Der Trainer des kriselnden Traditionsclubs Hamburger SV, der ohnehin als knurrig gilt, schien emotional noch aufgeladener als sonst. Nach dem ungenügenden 2:2 in der 2. Fußball-Bundesliga gegen Schalke 04 ließ er sich am Mikrofon des TV-Senders Sky mit den Worten "Jetzt bin ich kurz dran" gar nicht vom Moderator stoppen, als er mit der Einschätzung von Experte und Ex-Profi Simon Terodde nicht einverstanden war. "So einfach sehe ich es nicht wie du", schimpfte Baumgart.

Knapp neun Monate nach seinem Einstieg beim norddeutschen Traditionsverein steht der gebürtige Rostocker mächtig unter Druck. Dabei geht es auch um seinen Job. Am Sonntag war ein Treffen der sportlichen Führung angesetzt, in der die aktuelle Krise der Hanseaten im Mittelpunkt stand - und damit auch die sportliche Zukunft des 52-Jährigen. 

HSV-Fans reagieren mit Pfiffen

Zumindest vor der Partie gegen Schalke hatte Sportvorstand Stefan Kuntz Baumgart den Rücken gestärkt. Die sportliche Führung um Kuntz äußerte sich direkt nach der Partie nicht. Baumgart selbst erklärte, dass er das "volle Vertrauen" fühle. 

Dem Coach könnte zugutekommen, dass der HSV in dem aktuellen Schneckenrennen der 2. Bundesliga um den Aufstieg nur vier Punkte von der Tabellenspitze entfernt ist. Hannover 96 und Fortuna Düsseldorf kassierten jeweils Niederlagen.

Im Volksparkstadion bestraften Fans mit Pfiffen die schwache Leistung ihres Clubs in der zweiten Hälfte, nachdem die Hamburger ihre Zwei-Tore-Führung hergeschenkt hatten. Spätestens mit einem schwachen Auftritt in der kommenden Woche beim Karlsruher SC - derzeit Tabellenzweiter - dürften jedoch den HSV-Bossen die Argumente für eine Weiterarbeit mit Baumgart ausgehen. 

Fest steht: Der Hamburger SV droht auch beim siebten Anlauf an der Rückkehr in die Bundesliga zu scheitern. Zuletzt blieb der Aufstiegskandidat in vier Ligaspielen ohne Sieg, nur zwei Punkte holten die Hanseaten dabei. Die zwei klaren Niederlagen in Elversberg (2:4) und bei Abstiegskandidat Braunschweig (1:3) waren keine Argumente für den Aufstieg und damit für den Trainer. Der Coach verkaufte das Remis gegen den Abstiegskandidaten Schalke als "Teilerfolg". 

Ratlosigkeit beim HSV

Am Sonntagvormittag ging die Mannschaft geschlossen im Volkspark laufen. Schon wieder sank die Leistungskurve der Mannschaft in der zweiten Hälfte klar nach unten. Die Baumgart-Elf wirkte zutiefst verunsichert. Kurz nach der Partie konnte Angreifer Davie Selke den Leistungsabfall nicht wirklich erklären. "Wenn du eine Verunsicherung hast, dann spielst du nicht so eine erste Halbzeit. Woran es liegt, das müssen wir besprechen", sagte der Angreifer. 

Die Hanseaten ließen den Gästen nach dem Seitenwechsel zu viele offensive Gestaltungsmöglichkeiten. Die defensive Herangehensweise von Baumgart vor dem eigenen Publikum gegen die ebenfalls problembeladenen Schalker wirkte zudem symptomatisch für den unsicheren Auftritt. "Wir dürfen hier niemals mit einem Unentschieden rausgehen", haderte Mittelfeldspieler Marco Richter, der für den HSV per Freistoß traf.

Auf der Gegenseite lieferte Schalke-Angreifer Kenan Karaman allerdings einen Erklärungsansatz. "Wir wussten, dass Hamburg nach Führungen nicht so stabil ist, die wirken auch ein bisschen unsicher", sagte der Torschütze zum 2:2. Und genau diese Unsicherheit könnte dem HSV bei der Mission Bundesliga-Aufstieg mal wieder im Weg stehen.