Nach dem Chaos-Samstag mit einem schweren Unwetter und der Absage der Qualifikation steht die Formel 1 mitten im Titelkampf vor einem heftigen Stress-Sonntag. Weil auch am Renntag nachmittags schwerer Regen befürchtet wird, zogen die Verantwortlichen der Motorsport-Königsklasse den Großen Preis von Brasilien kurzerhand um anderthalb Stunden auf 12.30 Uhr Ortszeit (16.30 Uhr MEZ/Sky) vor. Fünf Stunden vorher gibt es aber auch noch die Qualifikation um 07.30 Uhr in São Paulo.
"Das wird sicherstellen, dass wir die Chancen maximieren, den Fans einen Tag voller Rennaction zu bieten, und sowohl die FIA als auch die Formel 1 glauben, dass diese Zeitverschiebung notwendig und das Richtige für alle unsere leidenschaftlichen Fans ist", hieß es in einem gemeinsamen Statement, während die letzten Anhänger das Autodrómo am Samstagabend verließen. Einem Tag, der den Legendenstatus des Kurses für Dramen und Spektakel trotz eingeschränkter Fahrzeiten mal wieder festigte.
Nach dem Sieg im Sprintrennen von WM-Verfolger Lando Norris, mit dem der britische McLaren-Pilot auf da noch trockener Strecke den Rückstand auf Titelverteidiger Max Verstappen auf 44 Zähler verkürzte, tobte ein Unwetter. Zum Teil sturmflutartige Regenfälle hatten nicht mal eine Stunde vor der K.o.Ausscheidung eingesetzt, 1:45 Stunden nach dem geplanten Start des Qualifyings traf die Rennleitung die Entscheidung, es abzusagen. "Wir können das Wetter nicht kontrollieren. Die Bedingungen waren nicht sicher genug", betonte Formel-1-Geschäftsführer Stefano Domenicali.
Quali und Rennen am gleichen Tag
Die Jagd nach den besten Startplätzen wird nun am Sonntag nachgeholt. Für die Teams und ihre vielen Mitarbeiter wird es eine halbe Nachtschicht mit einem langen Tag. Denn nach dem Rennen beginnen umgehend die Aufräumarbeiten. Und das am Ende eines kräftezehrenden Dreierpacks mit den Rennen in Austin im US-Bundesstaat Texas, in Mexiko-Stadt und São Paulo nacheinander ohne eine Verschnaufpause.
Die frühen Zeiten der Neuansetzung in Brasilien sollen aber eben auch eine weitere Absage verhindern angesichts der Wettervorhersagen. Zweimal erst musste ein Grand Prix vor Ort gecancelt werden, 1985 Belgien wegen schwere Schäden am Asphalt, danach 2020 in Melbourne wegen der Corona-Pandemie.
Alle Versuche bringen nichts
Mit Kehrautos, Schaufeln und Besen versuchten sie, das Wasser von Strecke im Autódromo José Carlos Pace zu bekommen. Der Regen ließ zwar nach, hörte aber zunächst nicht auf. Selbst die Fahrer fotografierten unterm großen Regenschirm die teils überflutete Strecke. Auf den Tribünen feierten die Fans trotzdem und leuchteten mit ihren Handy-Taschenlampen.
Binnen kürzester Zeit floss das Wasser in Strömen über die Strecke, der Himmel über der brasilianischen Metropole war dunkelgrau. An Rennfahren war zunächst nicht zu denken. 22 Minuten, bevor es losgehen sollte, teilte die Rennleitung mit: Der Start des Qualifyings verspätet sich. Wann es losgehen konnte, blieb anfangs offen. Zumindest wurden die Niederschläge schwächer, die Rennleitung setzte den neuen Beginn der K.o.-Ausscheidung mehrmals neu an.
Es wurde eine Geduldsprobe. Klar war aber auch, dass die Verantwortlichen die K.o.-Ausscheidung nicht immer weiter nach hinten verschieben, um 18.06 Uhr Ortszeit sollte Sonnenuntergang sein.
Der Rennleiter inspizierte die Strecke, aber es stand immer noch zu viel Wasser drauf. Bernd Mayländer drehte Runde um Runde mit dem Safety Car, ehe er dieses wieder in der Box abstellte. Damit deutet sich die Absage bereits an.
Verstappen startet auch noch mit Handicap
Drei Rennwochenenden stehen insgesamt nach Brasilien noch an. Im Klassement führt Titelverteidiger Max Verstappen im Red Bull mit 44 Punkten vor Lando Norris im McLaren. Der Brite hatte seinen Rückstand um drei Punkte verkürzt durch einen Sieg im Sprintrennen von São Paulo vor der geplanten Qualifikation - da war es noch trocken gewesen.
McLaren-Teamkollege Oscar Piastri hatte Norris - wie angekündigt - den Sieg überlassen. Der Australier war von der Pole gestartet und hatte bis kurz vor Schluss auch die Führung inne, ehe er Norris überholen ließ. Dritter wurde Charles Leclerc.
Der Ferrari-Pilot rückte nachträglich auf Rang drei vor, nachdem WM-Spitzenreiter Verstappen im Red Bull eine Strafe von fünf Sekunden wegen eines Regelverstoßes am Ende einer virtuellen Safety-Car-Phase bekommen hatte. Er fiel von Rang drei auf Platz vier zurück und geht mit der Hypothek einer Strafe von fünf Startplätzen wegen eines nicht erlauben neuen Motors in den Sonntag, der diesem WM-Kampf noch mal eine besondere brasilianische Note gibt.