Sachsen. Sachsen rudert zurück: Noch vergangene Woche kündigte die Landesregierung an, die Impfstruktur im Freistaat zum 1. Juli anzupassen. Konkret war geplant, die meisten Impfzentren ab diesem Datum zu schließen (Ausnahmen: Chemnitz, Dresden, Leipzig). Grund: die zunehmende flächendeckende Einbindung von Haus-, Fach- und Betriebsärzten sowie den Medizinischen Versorgungszentren an den Krankenhäusern. Laut aktuellem Kabinettsbeschluss sollen die Impfzentren nun doch weiter betrieben werden.
Viele Orte zum Impfen, weniger Wartezeiten
Sachsens Gesundheitsministerin Petra Köpping schlug bereits vergangene Woche vor, die Impfzentren möglichst lange offen zu halten. Dazu erklärt sie: "Ich freue mich, dass die Impfzentren nach der heutigen Kabinettsbefassung bis mindestens Ende Juli in Betrieb bleiben. Inzwischen haben sich viele Voraussetzungen positiv entwickelt. Auch deswegen war der heutige Beschluss nötig. Wenn demnächst größere Impfstofflieferungen kommen, eventuell Kinder ab 12 Jahren impfberechtigt sind und die Impfpriorisierung aufgehoben wird, müssen wir viele Orte haben, an denen geimpft wird." Damit soll gewährleistet werden, dass die jetzt noch langen Wartezeiten in den Impfzentren und Arztpraxen abgebaut werden. Köpping: "Ich danke für die Verständigung mit DRK, Landräten und dem Landtag. Wir brauchen die Impfzentren als starke Säule neben den Hausärzten.
Schwelle bei Hausärzten niedriger
Der Vorstandschef der Apotheker-Genossenschaft Noweda, Michael Kuck, fordert dagegen die sofortige Schließung: "Impfzentren sind überflüssig", sagte Kuck, der mehr als 9000 Apotheker vertritt. Er will die "Impfstoffe auf die Hausärzte umleiten". Dort sei die Schwelle, sich impfen zu lassen, niedriger und das Vertrauen höher. Kuck ist überzeugt, dass es die "teure zusätzliche Infrastruktur" der Impfzentren gar nicht gebraucht hätte, "wenn man uns denn gefragt hätte". Die Apotheken seien erst Ende Februar, Anfang März in die Impfkampagne eingebunden worden. Noweda beliefert Apotheken, die Arztpraxen vor Ort mit Impfstoffen versorgen.
"Länder sitzen auf dem Zubehör"
Scharfe Kritik übte Kuck daran, dass Impfzubehör wie etwa Spritzen in den Zentren gehortet werde, "während wir uns das Material auf dem freien Markt beschaffen müssen". "Die Länder sitzen auf dem Zubehör und wir kommen nicht dran", rügte Kuck. "Da stimmt die Priorisierung nicht." Aktuell komme es darauf an, möglichst viele möglichst schnell zu impfen", so der Noweda-Chef. Dazu seien Arztpraxen besser geeignet, sagte er unter Verweis auf die Zahl der Impfungen, die sich mit dem Einstieg der Hausärzte in die Impfkampagne verdoppelt hätten. Dort sei die Impfung zudem günstiger als in einem Zentrum. Experten gehen davon aus, dass die Kosten im Impfzentrum deutlich höher liegen als in einer Arztpraxis. Damit die Impfkampagne weiter Fahrt aufnimmt, plädiert Kuck dafür, dass auch Apotheker impfen sollten. Deutschlandweit hätten sie rund drei Millionen Kundenkontakte am Tag.
Corona-Krise in Indien: Auswirkungen auf Pharmaprodukte
"Ganz große Sorge" bereitet Kuck die Situation in Indien. Das von einer schweren Corona-Welle getroffene Land gilt als "Apotheke der Welt", ein großer Teil der Wirkstoffe für in Deutschland verwendete Medikamente wird dort produziert. "Wir fahren sicherheitshalber die Vorräte hoch", so Kuck. Er warnte: Sollte Indien zum Beispiel Exportbeschränkungen erlassen, um zunächst die eigene Bevölkerung zu versorgen, "kommen Deutschland und Europa in ganz erhebliche Probleme". Bei Pharmaprodukten sei die Abhängigkeit von ausländischen Herstellern lange bekannt, "aber die Pandemie bringt die Lage an den Tag", sagte Kuck.
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