Preisexplosion: Warum sind Lebensmittel seit 2020 um ein Drittel teurer geworden?

Lebensmittel Hersteller und Händler schieben sich die Schuld zu

Verbraucher spüren eine immer stärkere Belastung beim Einkaufen, da der Einkaufskorb mittlerweile deutlich teurer ist. Das Statistische Bundesamt verzeichnet für das Jahr 2023 einen Anstieg der Preise für Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke um 12,4 Prozent, ein Anstieg, der über der allgemeinen Inflationsrate liegt.

Preise um ein Drittel angestiegen

Schaut man auf die aktuelle Preise der Lebensmittel, dann liegen diese um ein Drittel höher als noch im Jahr 2020. Im Handel herrscht ein anhaltender Konflikt zwischen Herstellern und Händlern, wobei beide Seiten sich gegenseitig vorwerfen, Preiserhöhungen voranzutreiben zu ihren eigenen Gunsten. Das Handelsblatt Research Institut liefert jedoch einen tieferen Einblick, basierend auf der Auswertung von Bilanzen von 70 mittelständischen und großen Markenherstellern sowie führenden europäischen Handelskonzernen. Das Ergebnis der Analyse deutet darauf hin, dass beide Gruppen in etwa gleichermaßen von den Preiserhöhungen profitieren.

Kleine Produzenten müssen ums Überleben kämpfen

Während Großkonzerne und Handelsriesen ihre Gewinne steigern, kämpfen kleinere Produzenten ums Überleben. Im aktuellen Konkurrenzkampf im europäischen Markt konnten die 20 betrachteten Einzelhändler - zu denen namhafte Unternehmen wie Rewe, Metro, Tesco und Carrefour gehören - ihre Gewinne vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen um 3,8% steigern. Diese Entwicklung ist auch bei großen Markenherstellern wie Nestlé, Unilever oder AB Inbev zu sehen, die weltweit eine 3%ige Gewinnsteigerung verzeichnen. Die Inflationsrate allerdings wurde von beiden Bereichen nicht erreicht.

 

Demgegenüber stehen mittelständische Produzenten unter Druck. Mit weniger als einer Milliarde Euro Umsatz hatten Unternehmen wie Frosta und Weleda zu kämpfen und ihre Gewinne sanken insgesamt um 10,1%. Auch im Vorjahr verzeichneten sie bereits Verluste gegenüber den florierenden Großunternehmen und Händlern. Das zeigt, dass nicht alle gleichermaßen von der wirtschaftlichen Lage profitieren.

 

Mittelstand besonders betroffen

Besonders verschärft werden die Diskrepanzen in der Lebensmittelbranche durch die Unterschiede in den Machtpositionen. Während Aldi, Lidl, Edeka und Rewe ihre starke Position in Verhandlungen nutzen können, sehen sich viele mittelständische Unternehmen in einer Abhängigkeit, die durch ihren Fokus auf den deutschen Markt noch verstärkt wird. Demnach zeigen mittelständische Unternehmen eher eine Verhandlungsschwäche auf. Besonders betroffen sind dabei Unternehmen, die den Großteil ihrer Erlöse im Inland generieren und somit wenig Verhandlungsspielraum besitzen.

Kostenvorteil trotz europaweiter Preisdebatten

Die Macht der Discounter bringt jedoch den Vorteil mit sich, dass die Lebensmittel in Deutland im Vergleich zum europäischen Ausland noch günstig sind. Denn in den vergangenen Jahren wurde häufig versucht, die Unterschiede auszugleichen, indem die Preise erhöht werden. Die starken Discounter setzten sich jedoch durch. Ihr Mittel im Preiskrieg: Die Androhung oder tatsächliche Auslistung von Markenprodukten sowie die Einstellung von Lieferungen. Diese Taktiken führten dazu, dass Verbraucher über Monate hinweg auf bevorzugte Marken verzichten mussten. Im Fokus stand somit weniger die Preispolitik, sondern vielmehr Machtdemonstrationen und Verhandlungstaktiken der Handelsketten.

 

 

Preissprünge treiben Umsätze in die Höhe

 

Im Jahr 2022 waren Hersteller und Händler angesichts der globalen Wirtschaftsherausforderungen dazu veranlasst, ihre Preise zu erhöhen. Diese Preiserhöhungen trieben die Umsätze deutlich in den zweistelligen Prozentbereich. Obwohl die Phase der drastischen Preissteigerungen im Jahr 2023 scheinbar nachgelassen hat, verzeichnen Unternehmen weiterhin ein Umsatzwachstum im mittleren einstelligen Prozentbereich.

Die Händler zögerten damit, die Preisaufschläge vollständig an die Endkunden weiterzugeben, getrieben von der Sorge, Kunden könnten abspringen oder zur Konkurrenz überlaufen. Dies führte zu einem freiwilligen Verzicht auf mögliche Gewinne seitens der Händler. In einer Wendung der Ereignisse blockierten die Händler im darauffolgenden Jahr größtenteils die Preiserhöhungsversuche seitens der Hersteller, nahmen aber gleichzeitig Anpassungen der Regalpreise vor.

Blick in die Zukunft: Keine Preissenkungen zu erwarten

Im Zuge der am Anfang genannten Analyse des Handelsblatt Research Instituts zeigt sich, dass sich die Händler und Hersteller dennoch nicht an den Preiserhöhungen bereichern konnten. Der Druck auf den Mittelstand wird dennoch weiterhin hoch bleiben, laut Experten. Demzufolge lässt sich wohl auch von niedrigen Preisen eher träumen.



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