Ein nun veröffentlichter offener Brief an Gesundheitsminister Jens Spahn bzw. Landesminister Petra Köpping (Sachsen), Petra-Grimm-Benne (Sachsen-Anhalt) und Heike Werner (Thüringen) zeigt auf, in welcher Lage sich Krankenhäuser und Beschäftigte derzeit befinden. Urheber des Briefer ist ein Netzwerk aktiver Krankenhausbeschäftigter aus verschiedensten Kliniken in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen.
Darin heißt es unter anderem:
"Nicht mehr die Bedürfnisse der Patient*innen stehen im Mittelpunkt, sondern die betriebswirtschaftlichen Aspekte jeder einzelnen Erkrankung. Aufgrund des politisch gewollten Wettbewerbs zwischen den Krankenhäusern wurde über Jahrzehnte an Personal und Material gespart. Zentrale Teile des Klinikbetriebs wurden outgesourct, von der Wäscherei über die Küche bis zur Reinigung. Die Durchökonomisierung des Gesundheitsbereichs wie etwa die Einführung von just-in-time-Belieferung zeigt sich spätestens in der aktuellen Krise als ungeeignet. Zudem werden mehr und mehr Kliniken privatisiert, was zu einer zunehmenden Profitorientierung und dem Verlust von Eingriffsmöglichkeiten durch die Öffentlichkeit führt."
Kurzfristige Maßnahmen
Die permanente Belastung, jetzt vor allem intensiviert durch die Coronakrise, zeige noch einmal, welche Bedeutung diese Beschäftigte haben. Dies sei nicht nur durch Fachwissen und Leidenschaft gewährleistet, sondern vor allem auch Aufopferung und Engagement. Die daraus abgeleiteten Forderungen als Sofortmaßnahmen lauten wir folgt:
1. Bereitstellung von ausreichendem Schutzmaterial für alle Beschäftigten im Gesundheitswesen - notfalls durch staatliche Verordnung an entsprechende Unternehmen
2. Quarantäne muss auch für infizierte Krankenhausbeschäftigte gelten - krank ist krank.
3. Staatlich voll refinanzierte Zahlung einer steuerfreien Belastungs-Zulage von 500,00 € im Monat für alle Beschäftigten im Gesundheitswesen inklusive ausgegliederter Tochtergesellschaften sowie in weiteren versorgungsrelevanten Bereichen (Einzelhandel etc.)
4. Hundertprozentige Vergütung von Arbeits- bzw. Gehaltsausfällen (z.B. wegen Quarantäne oder Kinderbetreuung)
5. Rücknahme des gelockerten Arbeitszeitgesetzes mit einer Ausweitung des Arbeitstages auf 12 Stunden und eine Verkürzung der Mindestruhe auf 9 Stunden
Politische Weichenstellungen für die Zukunft
Über diese kurzfristigen Maßnahmen hinaus fordern sie jedoch weitere "[...] politische Weichenstellung für die Zukunft, welche grundlegende Probleme des deutschen Gesundheitssystems angeht [...]" Darunter zählen:
- Abschaffung der Fallpauschalen und kostendeckende Finanzierung der Krankenhäuser
- Einführung gesetzlich verbindlicher, bedarfsgerechter Personalschlüssel und entsprechender Konsequenzen bei Unterschreitung
- Rekommunalisierung des Gesundheitssystems von und für die Gesellschaft
- Insourcing von Reinigung, Küchen und anderen ausgegliederten Servicegesellschaften, denn auch diese Mitarbeiter*innen sind unersetzliche Teile des Teams
- Deutliche Anhebung der Löhne und attraktivere Arbeitsbedingungen in Gesundheitsberufen. Nur so können wir genug qualifiziertes Personal für die Gesundheitsversorgung gewinnen und halten.
Ein konstruktiver Dialog wird zeitnah gefordert, um Lösungen angesichts der Dringlichkeit finden zu können. Wir bleiben dran!
erschienen am 15.04.2020