Die Erholung der Wirtschaft nach dem Abflauen der Coronapandemie war nur von kurzer Dauer. Angesichts der angespannten weltpolitischen Lage und der unsicheren Energieversorgung ist die Wirtschaft auf Rezessionskurs. Der Kammerbezirk Chemnitz bildet dabei keine Ausnahme, wie die aktuelle Konjunkturumfrage von Handwerkskammer und Industrie- und Handelskammer unter knapp 1.200 Unternehmen zeigt. Die aktuelle Lage wird auch Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt haben.
Geschäftsklima kühlt sich deutlich ab
Der Geschäftsklimaindex, der die Einschätzungen zur aktuellen Lage sowie zu den Geschäftserwartungen abbildet, sinkt dabei deutlich auf 79 Punkte ab. Im vergangenen Herbst hatte er noch bei 121 Punkten gelegen. Die meisten Branchen berichten aktuell von einer gedämpften Geschäftslage und der Ausblick auf die kommenden zwölf Monate fällt noch schlechter aus. Im Handwerk bewerten nahezu alle Gewerbegruppen ihre Geschäftslage deutlich schlechter als im Vorjahr. Dies trifft ebenso auf die Geschäftserwartungen zu. Neben gestiegenen Material- und Arbeitskosten, Fachkräfte- und Personalmangel, dem weltweiten Nachfrageeinbruch und dem Zusammenbrechen der Lieferketten sehen sich die Unternehmen vor einem unsicheren Winter, in dem die Energieversorgung keineswegs sicher und bezahlbar ist.
Industrie: Unsicherheit vor allem in Bau, Einzelhandel und Verkehr
Im Bau ist die Auslastung zwar erneut deutlich gestiegen und übertrifft das Vorkrisenniveau. Die Erwartungen hingegen sind auch dort verhalten. Die Energie-, Rohstoff- und Kraftstoffpreise stellen dabei die größten Geschäftsrisiken dar. Die Rücknahme vieler Corona-Beschränkungen in den Sommermonaten wirkten sich zwar sehr positiv auf die Geschäfte im Gastronomie- und Tourismussektor aus. Die Perspektive ist aber auch in diesen Branchen mehr als unsicher. Angesichts geringer Konsumfreude und steigender Erzeugerpreise bleibt zudem der Einzelhandel trotz anfänglicher Belebung hinter den Erwartungen zurück. Der Verkehrssektor verharrt angesichts gestiegener Kraftstoffpreise und zunehmenden Personalmangels auf dem Stimmungstief des Vorjahres und erwartet auch für die nächsten Monate keine Besserung.
Handwerk erwartet Personalkürzungen
Im Handwerk sind nahezu alle Gewerbegruppen im Vorjahresvergleich deutlich rückläufig. Erstmals seit langem kommt dies in den Gewerken der Bauhaupt- und Ausbaugewerbe an, welche während der Corona-Pandemie immer noch entgegen dem Trend die Lage positiv betrachteten. Besonders stark haben die aktuellen Entwicklungen die Betriebe des Nahrungsmittelhandwerks getroffen, die nicht nur durch höhere Einkaufspreise ihrer Rohstoffe, sondern auch noch durch die erhöhten Energiepreise betroffen sind. Vor diesem Hintergrund rechnet nur ein Bruchteil der Betriebe für das kommende Jahr mit einem Personalzuwachs. Im Gegenteil, besonders Unternehmen im Verkehrsbereich, dem Baugewerbe und dem Einzelhandel gehen zu einem erheblichen Teil von Personalkürzungen aus. Lichtblick der aktuellen Entwicklung ist die um 3,4 Prozent gestiegene Zahl geschlossener Ausbildungsverträge, die damit das Niveau vor der Corona-Krise sogar überschritten hat.
Kammerpräsidenten fordern schnelle Entlastungen
"Von einer Krise in die nächste: So könnte man das Jahr 2022 beschreiben", stellt Handwerkskammer-Präsident Frank Wagner fest. "Der furchtbare Krieg in der Ukraine mit all seinen Auswirkungen hat die durch die Corona-Pandemie entstandene Krise noch verschärft. Die Betriebe des Handwerks leiden jetzt unter den hohen Energiekosten. Hinzu kommen die Materialprobleme. Seit vielen Monaten machen wir auf diese Sorgen aufmerksam und fordern konkrete Hilfen, die bisher aber ausbleiben" Es müsse jetzt schnell und unkompliziert von staatlicher Seite für Entlastungen - vor allem bei den Energiepreisen - gesorgt werden. "Ansonsten werden für viele Betriebe des Handwerks die kommenden Monate zu einer großen Belastungsprobe." Dieter Pfortner, Präsident der IHK Chemnitz, ergänzt: "Auch die Nachfrage aus dem Ausland wird angesichts der sich abflauenden Weltkonjunktur weiter nachlassen. Bei sinkenden Umsätzen ist es umso wichtiger, die enormen Kostensteigerungen durch die Energiekrise abzufedern. Deshalb muss die Gaspreisbremse schnell greifen."
erschienen am 17.10.2022