Obwohl die Opposition die geplanten nationalen Corona-Maßnahmen weiterhin kritisiert, ist der bekannte Verfassungsanwalt Ulrich Battis der Ansicht, dass der Plan der Bundesregierung keine rechtlichen Hindernisse aufweist. Der Berliner Rechtswissenschaftler sagte: "Die Bundesregierung hat das Recht, diese Fragen im Infektionsschutzgesetz zu klären, das völlig legal ist." Er betonte: "Alles was hier angeordnet wird, wird gerechtfertigt mit der konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes, nach Artikel 74 Nummer 19 im Grundgesetz". Obwohl die Bundesländer über Bildungssouveränität verfügen, legt die Bundesregierung auch die Anforderungen der Bundesregierung an den Präsenzunterricht an Schulen fest.
"Zwar ist die Schule grundsätzlich Ländersache, doch hier überschneiden sich organisatorische Fragen wie die Bedingungen für den Präsenzunterricht mit der Pandemiebekämpfung", sagt Battis. Der Bund greife nicht inhaltlich in Lehrpläne oder die allgemeine Bildungspolitik ein, sondern regele, wie man mit möglichen Infektionsquellen umgeht. "Das ist durch Artikel 74 im Grundgesetz gedeckt", sagt Battis. "Hier ist entscheidend, dass wir eine Pandemielage von nationaler Bedeutung haben. Deshalb sehe ich hier keine verfassungsrechtlichen Probleme."
Entwurf zu möglicher Notbremse existiert bereits
Das Kanzleramt verschickte bereits einen entsprechenden Entwurf für Änderungen des Infektionsschutzgesetzes an die Bundestagsfraktionen von Union und SPD. Der Kern des Papiers: Ab einer Sieben-Tage-Inzidenz von 100 Corona-Neuninfektionen pro 100.000 Einwohnern greift künftig eine "verbindliche Notbremse" - und zwar eine, für die der Bund zuständig ist. Dieser bekomme dann "dieselben Handlungsmöglichkeiten wie die Länder". Länder, Kreise und Städte müssen diese dann quasi ohne Wenn und Aber umsetzen. Vorgesehen seien laut der Tagesschau dann unter anderem strikte Kontaktbeschränkungen und Ausgangssperren: Geschäfte - bis auf die des täglichen Bedarfs - müssen schließen. Angehörige eines Haushalts dürfen sich nur noch mit einer weiteren Person treffen. Und: Zwischen 21 Uhr und 5 Uhr soll in den betroffenen Kreisen und kreisfreien Städten eine Ausgangssperre greifen.
Scharfe Kritik der Opposition
Andererseits hat die Opposition die geplante nationale Ausgangssperre besonders kritisiert: "Die Bundesregierung will sich nun größere Befugnisse geben, Grundrechte einzuschränken, das ist inakzeptabel", sagte Linken-Fraktionschefin Amira Mohamed Ali. Die Politikerin (Die Linke) betont, "dass jetzt die Verhängung von Ausgangssperren bundesweit möglich werden soll, lehnen wir ab", so die Politikerin. "Eine solche Maßnahme kann nur dann grundrechtskonform sein, wenn die Wirksamkeit für den Infektionsschutz nachgewiesen ist und alle milderen Mittel ausgeschöpft sind. Beides ist nicht der Fall." Auch von Seiten der FDP sieht man den Entwurf für eine bundesgesetzliche Corona-Notbremse "äußerst kritisch". Die Regierungsfraktionen sollten die Idee verwerfen, dass die Bundesregierung mit "Rechtsverordnungen ohne Beteiligung des Parlaments" zukünftig Grundrechte einschränken dürfen, forderte der Vorsitzende Christian Lindner nach parteiinternen Beratungen.