Gespaltene Akzeptanz der Sachsen für Corona-Maßnahmen und Impfungen

Studie MIDEM veröffentlicht Studie zu sozialräumlichen und politisch-kulturellen Rahmenbedingungen des Pandemiegeschehens

Bisher konnte nur gemutmaßt oder an den Inzidenzwerten abgelesen werden, wie die Corona-Maßnahmen angenommen werden und welche Haltung es zum Impfen gibt. Eine Studie liefert darüber jetzt erste regionale und sozialwissenschaftliche Erkenntnisse.

Lager der Corona-Kritiker stark ausgeprägt

"COVID-19 in Sachsen. Sozialräumliche und politisch-kulturelle Rahmenbedingungen des Pandemiegeschehens": Unter diesem Titel veröffentlichte das Mercator Forum für Migration und Demokratie (MIDEM) jetzt eine Studie, die unter anderem die Akzeptanz der Corona-Maßnahmen und Impfungen näher beleuchtete. Danach unterscheiden sich die Einstellungen der Sachsen zur Corona-Politik nicht grundlegend von denen in Gesamtdeutschland. Allerdings ist gerade im Freistaat das Lager der Corona-Kritiker stark ausgeprägt. Laut Studie ist knapp die Hälfte der Bevölkerung mit dem staatlichen Corona-Management unzufrieden. 30 Prozent bewerten die seit Anfang 2020 ergriffenen Maßnahmen zur Eindämmung des Virus als "nicht sinnvoll". 42 Prozent zeigen Verständnis für die Corona-Proteste, 20 Prozent wollen sich "eher nicht" oder "auf keinen Fall" gegen COVID-19 impfen lassen, 22 Prozent neigen zu einem Corona-bezogenem Verschwörungsdenken.

Gespaltenes Sachsen

Die Ergebnisse zeichnen ein gespaltenes Bild, erklärt der Studienleiter Hans Vorländer: "Auf der einen Seite zeigt sich eine knappe Mehrheit mit dem Corona-Management von Bundesregierung und sächsischer Landesregierung zufrieden. Rund die Hälfte der Sächsinnen und Sachsen bedauert es gar, dass die Politik bei der Bekämpfung der Pandemie 'nicht härter durchgegriffen' hat. Eine überwältigende Mehrheit von 74 Prozent der Befragten findet es außerdem gut, wenn 'die Politik in der Krise vorrangig dem Rat etablierter Wissenschaftler und Experten folgt'." Auf der anderen Seite sei ein großer Teil der Bevölkerung kritisch. "Die Hälfte der Sachsen glaubt etwa, dass die Gefahr, die vom COVID-19-Virus ausgeht, in den Medien übertrieben wird. 44 Prozent vermuten, dass die Regierung 'aus Rücksicht auf die Pharmalobby [...] mögliche Nebenwirkungen und Langzeitschäden der Corona-Impfstoffe' verschweigt. 35 Prozent sind der Meinung, die Regierung nutze die Pandemie als Vorwand, 'um die Überwachung der Bürger voranzutreiben'."

 

Meinungen in Landkreisen höchst unterschiedlich

Bemerkenswert sei, dass die Urteile über Corona-Maßnahmen, Impfung und Regierungshandeln je nach Region, sozialer Gruppe und politischer Orientierung höchst unterschiedlich ausfallen. Insbesondere Ost- und Südwestsachsen zeigen hier deutliche Auffälligkeiten: "In allen Bereichen der Ablehnung oder Kritik der Corona-Maßnahmen wiesen die Befragten insbesondere in den Landkreisen Görlitz, Bautzen und Erzgebirge besonders hohe, in den Landkreisen Leipzig, Nordsachsen und Vogtland besonders niedrige Werte auf."

"Gesundheit aller benötigt Akzeptanz politischer Maßnahmen"

"Mit der Studie haben wir eine repräsentative Faktenbasis für unser zukünftiges Handeln. Wir wissen nun, in welchen Regionen und bei welchen Bevölkerungsgruppen wir mit welchen Fakten stärker informieren müssen und werden dies auch tun", sagte Gesundheitsministerin Petra Kipping zu den Ergebnissen der Studie. Alle hätten während dieser Pandemie sehr hautnah erlebt, wie die Gesundheit aller von der Akzeptanz politischer Maßnahmen abhänge, so Köpping. "Ich freue mich, dass die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger Sachsens die Corona-Maßnahmen versteht und mitträgt. Und ich freue mich, dass die Mehrheit der Menschen in Sachsen sich gegen Covid19 impfen lassen möchte. Dies sind gute Grundlagen, damit wir die Pandemie bewältigen und uns auch für die Zukunft schützen." Köpping weiter: "Mir ist die Feststellung wichtig, dass Sachsen nicht das Land der Querdenker und Impfskeptiker ist. Befürworter und Kritiker der Maßnahmen sind in ähnlichem Verhältnis vertreten, wie anderswo auch."

Unterstellungen "absurd und bösartig"

Erschreckend findet die Gesundheitsministerin die Meinung eines nicht kleinen Teils der Bevölkerung, wonach die Staatsregierung mögliche Nebenwirkungen der Impfstoffe aus Rücksicht auf die Pharmalobby verschweigen und die Pandemie als Vorwand zur Überwachung der Bürgerinnen und Bürger nehmen würde. "Ich weise dies ausdrücklich zurück. Diese Unterstellungen sind absurd und bösartig. Unser ganzes Streben gilt einem effizienten Gesundheitsschutz der Bevölkerung. Wir kommunizieren jede Nebenwirkung der Impfungen und treffen die dafür nötigen Entscheidungen." Für die Erhebung hat das Mercator Forum Migration und Demokratie MIDEM in Zusammenarbeit mit dem Meinungsforschungsinstitut dimap insgesamt 1.008 Personen über 18 Jahre im Zeitraum vom 10. bis 15. Mai 2021 befragt. Die Ergebnisse wurden repräsentativ für Sachsen sowie vier Regionen Sachsens erhoben (Nordsachsen, Ostsachsen, Südwestsachen sowie die sächsischen Großstadtregionen) und nach Alter, Geschlecht, Bildung und Population gewichtet.

 

 



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