Bei immer weitere steigenden Strompreisen ist der Entschluss zur Selbstversorgung über Solarstrom schnell gefasst. Doch nicht jeder kann sich eine große Solaranlage (Photovoltaikanlage) aufs Dach setzen. Sogenannte Stecker-Solargeräte bieten eine echte Alternative zu der Stromversorgung übers Dach. Sie sind leicht, flexibel, verhältnismäßig günstig und können mit sehr geringem Aufwand bereits einen guten Teil des Strombedarfs decken. Ab Ende August werden Balkonkraftwerke im Rahmen der Förderrichtlinie Erneuerbare Energien und Speicher sogar bezuschusst. Balkonkraftwerke von Privatpersonen sollen dann mit 300 Euro gefördert werden. Doch lohnt sich solch eine Anschaffung wirklich? Und was ist dabei zu beachten?
Was ist ein Stecker-Solarmodul?
Die Bezeichnung von Stecker-Solargeräten ist vielfältig: Balkonmodule, Mini-Solaranlage, Plug-&-Play-Solaranlage oder Balkonkraftwerk. Allen gemein ist, dass sie im technischen Sinn Strom erzeugende Haushaltsgeräte für den Eigenbedarf sind und aktuell maximal 600 Watt elektrische Leistung erzeugen. In einem neuen Gesetzentwurf zu den Regeln für Balkonkraftwerke ist aber bereits von 800 Watt Maximalleistung ab 2024 die Rede. Im Gegensatz zu PV-Anlagen, die mehrere Kilowatt Leistung mitbringen, sind die wesentlich kleineren Stecker-Solargeräte dafür gedacht, dass Privatpersonen sie selbst anbringen, anschließen und direkt nutzen können. Balkonbrüstungen, Außenwände, Dächer, Terrassen und Gärten kommen zum Aufbau oder Anbringen in Frage.
So arbeitet das Balkonkraftwerk
Die Geräte setzen sich aus Standard-Solarmodulen und einem Wechselrichter zusammen, der den Gleichstrom der Solaranlage in 230-Volt-Wechselstrom für Haushaltsgeräte umwandelt. So fließt der selbsterzeugte Strom zur Eigenversorgung beispielsweise in die Steckdose am Balkon und versorgt von dort aus die elektrischen Geräte im Haushalt. Wichtig ist, dass alle Stromkreise über einen gemeinsamen Zähler abgerechnet werden. Wird Strom vom Balkonmodul eingespeist, dreht sich der Stromzähler langsamer. Reicht der Strom vom Balkon nicht für den Betrieb der Haushaltsgeräte aus, fließt einfach Strom vom Versorger aus dem Netz dazu. Von Batteriespeichern für Stecker-Solargeräte rät die Verbraucherzentrale übrigens ab: "Einzelne Herstellerbetriebe haben immer wieder mal kleine Batteriespeicher im Programm. Bisher gibt es aber noch keine Produkte, die finanziell attraktiv sind."
Lohnt sich die Anschaffung solcher Solarmodule?
Ein Standardsolarmodul mit 380 Watt Leistung, das frei von Schatten an einem Südbalkon montiert wurde, liefert etwa 280 Kilowattstunden Strom pro Jahr. Der Strombezug aus dem öffentlichen Netz reduziert sich dadurch etwa um die gleiche Menge, wenn der Strom im Haushalt direkt verbraucht werden kann. Die Strommenge entspricht etwa dem jährlichen Verbrauch eines Kühlschranks und einer Waschmaschine in einem Haushalt mit zwei Personen. Bei einem durchschnittlichen Strompreis von 30 Cent (Stand Juni 2023) bringt das eine jährliche Ersparnis von rund 84 Euro. Derzeit variieren die Preise für solche Anlagen aufgrund der teils schwierigen Material- und Liefersituation. Für ein Standardsolarmodul mit 380 Watt Leistung zahlt man derzeit zwischen 350 und 600 Euro. Die Anschaffung würde sich bei gleichbleibendem Strompreis also in frühestens vier Jahren amortisieren.
Ersparnis hilft auch der Umwelt
Wie hoch die Ersparnis abhängig vom Aufstellort tatsächlich ausfällt, lässt sich mit speziellen Ertragsrechnern im Internet ausrechnen. Zum Beispiel mit dem Stecker-Solar-Simulator, einem Online-Rechner, den die Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) Berlin zusammen mit dem Stecker-Solar-Anbieter Indielux entwickelt hat. Hier geht's zum Rechner: www.solar.htw-berlin.de/rechner/stecker-solar-simulator/
Nutzer solcher Solarmodule reduzieren aber nicht nur ihre Stromrechnung, sondern tun auch der Umwelt etwas Gutes: Etwa 2,5 Tonnen CO2-Ausstoß spart das Mini-Solarsystem in 20 Jahren.
Ab 2024 vereinfachte Anmeldung?
Die EU hat in ihrer Niederspannungsrichtlinie kleine Erzeuger bis 800 Watt als "nicht regelungsbedürftig" eingestuft, weil sie "nicht systemrelevant" seien. Trotzdem wollen die deutschen Netzbetreiber, dass alle Erzeugungsanlagen, egal ob PV-Anlage oder kleines Solarmodul, unabhängig von ihrer Leistung, bei ihnen gemeldet werden. Immerhin muss nicht zwingend eine Elektrofachkraft dieses Formular ausfüllen, das können Nutzer von Stecker-Solargeräten auch selbst tun. Viele Netzbetreiber stellen die vereinfachten Formulare auf ihrer Internetseite zur Verfügung, manche versenden sie auf Anfrage. Und obwohl strittig ist, ob es sich bei Stecker-Solargeräten überhaupt um "Anlagen" handelt, fordert auch die Bundesnetzagentur eine Anmeldung im sogenannten Marktstammdatenregister. Laut dem neuen Gesetzesentwurf könnte es ab 2024 jedoch ausreichen, die Steckersolargeräte nur noch einmalig bei der Bundesnetzagentur im Marktstammdatenregister anzumelden.
Übergangslösung für Ferraris-Zähler
Eine weitere wichtige Gesetzesänderung betrifft Stromzähler mit mechanischen Drehscheiben, sogenannte Ferraris-Zähler. Da diese Zähler nicht mit einer Rücklaufsperre ausgestattet sind, mussten diese bisher vor Inbetriebnahme eines Balkonkraftwerks ausgetauscht werden - zum Beispiel durch einen digitalen Zähler der neuen Generation ("Moderne Messeinrichtung"). Ab dem kommenden Jahr will die Bundesregierung übergangsweise den Betrieb von Balkonkraftwerken an elektromechanischen Ferraris-Zählern zulassen. Konkret bedeutet dies: Nach der Anmeldung bei der Bundesnetzagentur werden die Netzbetreiber aufgefordert, die eingetragenen Daten zu prüfen. Dann hat der Messstellenbetreiber vier Monate Zeit, die Messstellen "mit einer modernen Messeinrichtung als Zweirichtungszähler oder einem intelligenten Messsystem auszustatten, ohne dass es einer gesonderten Beauftragung durch den Anschlussnehmer oder Anschlussnutzer bedarf".
Sachsen startet Förderprogramm für Balkonkraftwerke
Sachsens Energie- und Klimaschutzminister Günther hat Ende Juni die Förderrichtlinie Erneuerbare Energien und Speicher unterzeichnet. Damit werden Balkonkraftwerke von Privatpersonen mit 300 Euro gefördert. Der Antragsstart ist für Ende August geplant, Bewilligungsstelle ist die Sächsische Aufbaubank - Förderbank - (SAB). Vorgesehen ist ein "schlankes, ausschließlich digitales Verfahren" über das SAB-Förderportal. Energie- und Klimaschutzminister Günther: "Balkonkraftwerke rechnen sich und sind in der Summe ein echter Beitrag zur Energiewende. In jedem Fall sind sie ein Beitrag zum Klimaschutz. Viele Menschen sammeln durch die Balkonkraftwerke zum ersten Mal eigene Erfahrungen mit Photovoltaik, sehen die Chancen und wollen im nächsten Schritt eine große Anlage auf ihrem Dach."
erschienen am 30.06.2023