Die "Impfschnecke" Deutschland will endlich den Turbo einlegen! Im April soll mehr Impfstoff geliefert werden als im gesamten ersten Quartal dieses Jahres. Das ist die gute Nachricht mitten in der dritten Corona-Welle. Die schlechte: Vielleicht stehen wir uns am Ende selbst im Weg. Denn für die sogenannte Herdenimmunität müssen Schätzungen zufolge 60 bis 80 Prozent der Bevölkerung geimpft werden. Doch gibt es überhaupt so viele Menschen, die sich die Anti-Corona-Spritze abholen möchten? Die Skepsis ist groß, aber vollkommen unbegründet, wie eine aktuelle Zwischenbilanz des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) zeigt. Der Bericht informiert über die Häufigkeit von Nebenwirkungen und Impfkomplikationen im zeitlichen Zusammenhang einer Impfung mit den drei bisher zugelassenen Impfstoffen von BioNTech/Pfizer, Moderna und AstraZeneca. Das Fazit vorweg: schwerwiegende Impfreaktionen sind die absolute Ausnahme.
Nebenwirkungen bei zwei von tausend Impfungen
Rund 8,8 Millionen Impfungen wurden seit dem Start der Impfkampagne bis zum 12. März erfasst. Für diesen Zeitraum berichtet das Paul-Ehrlich-Institut über 19.194 aus Deutschland gemeldete Verdachtsfälle für Nebenwirkungen oder Impfkomplikationen - nicht zu verwechseln mit normalen Impfreaktionen. Das entspricht 2,2 Meldungen pro 1.000 Impfdosen. Insgesamt 2.287 dieser Fälle gingen mit schwerwiegenden unerwünschten Reaktionen einher (0,3 pro 1.000 Impfdosen). Als schwerwiegende Reaktionen gelten solche, bei denen die Personen im Krankenhaus behandelt werden oder Reaktionen, die als medizinisch bedeutsam eingeordnet wurden.
Die Meldungen für alle Impfstoffe im Detail
BioNTech: 7.093.082 Impfungen, 10.498 Verdachtsfälle (0,15 Prozent bzw. 1,5 Fälle pro 1.000 Impfungen), davon 1.728 Meldungen als schwerwiegend klassifiziert (0,024 Prozent bzw. 0,2 Fälle pro 1.000 Impfungen)
Moderna: 298.788 Impfungen, 736 Verdachtsfälle (0,25 Prozent bzw. 2,5 Fälle pro 1.000 Impfungen), davon 113 Fälle schwerwiegend (0,038 Prozent bzw. 0,4 Fälle pro 1.000 Impfungen)
AstraZeneca: 1.471.400 Impfungen, 7.663 Verdachtsfälle (0,52 Prozent bzw. 5,2 Fälle pro 1.000 Impfungen), davon 352 Fälle schwerwiegend (0,024 Prozent bzw. 0,2 Fälle pro 1.000 Impfungen)
In 297 Fällen wurde der COVID-19-Impfstoff nicht spezifiziert. Aufgrund der immer noch vergleichsweise geringen Anzahl von Impfungen mit dem COVID-19-Impfstoff Moderna sei die Berichtsrate als vorläufiger Wert zu betrachten.
Häufigere Meldungen bei Frauen
Im Mittel waren die geimpften Personen, bei denen unerwünschte Reaktionen gemeldet wurden, 45 Jahre alt. Drei Viertel der Meldungen betreffen dabei Frauen. Diese Verteilung ist nach Daten des Robert Koch-Instituts vermutlich durch eine höhere Rate an Impfungen bei Frauen bedingt. Der Anteil der Frauen an den geimpften Personen lag Mitte März insgesamt bei 64 Prozent und bei den Personen, die jünger als 60 Jahre alt sind, bei 68 Prozent. Der Anteil der Personen unter 60 Jahren, die mit dem Impfstoff von BioNTech geimpft wurden, lag bei 23 Prozent, für den COVID-19-Impfstoff Moderna bei 38 Prozent. Der Anteil der Personen unter 60 Jahren, die mit dem COVID-19-Impfstoff AstraZeneca geimpft wurden, lag demgegenüber bei 86 Prozent.
Unterschiedlicher Ausgang der Reaktionen
Fast die Hälfte der unerwünschten Reaktionen waren zum Zeitpunkt der Meldung wieder vollständig abgeklungen, ein Viertel hatten sich gebessert. 22,9 Prozent wurden als noch nicht abgeklungen angegeben und der Ausgang von 10,4 Prozent der unerwünschten Reaktionen war zum Zeitpunkt der Meldung noch nicht bekannt. In 1,8 Prozent der Einzelfallmeldungen wurde ein tödlicher Ausgang berichtet. Insgesamt waren das 351 Todesfälle bei Geimpften im Alter von 24 bis 102 Jahren. Das mittlere Alter lag bei 74 Jahren. 286 Todesfälle betrafen Personen, die mit dem Impfstoff von BioNTech/Pfizer geimpft worden waren, jeweils vier Moderna und AstraZeneca. Bei 57 weiteren gemeldeten Todesfällen war der COVID-19- Impfstoff nicht angegeben.
Verstorbene oftmals mit multiplen Vorerkrankungen
Bei der überwiegenden Mehrzahl der verstorbenen Personen bestanden zum Teil multiple Vorerkrankungen, wie zum Beispiel Karzinome, Niereninsuffizienz, Herzerkrankungen und arteriosklerotische Veränderungen, die vermutlich todesursächlich waren. Der zeitliche Zusammenhang zwischen Impfung und dem tödlichen Ereignis variierte zwischen einer Stunde und 40 Tagen nach Impfung. Zwei Patientinnen verstarben - in zeitlicher Nähe zu Impfungen mit dem Covid-19-Impfstoff Astra-Zeneca - in der Folge einer sehr seltenen Hirnvenenthrombose in Verbindung mit einem Mangel an Blutplättchen. Ein Patient verstarb bei einer Hirnblutung, ebenfalls in Verbindung mit einem Mangel an Blutplättchen. Bei einer weiteren Person wurde ein Herzinfarkt einen Tag nach Impfung gemeldet. In diesem Fall liegen keine weiteren Informationen vor.
Häufig gemeldete Reaktionen
Nach der Verabreichung des BioNTech/Pfizer-Impfstoffs wurde am häufigsten von Schmerzen an der Injektionsstelle, Kopfschmerzen und Ermüdung berichtet. In Verbindung mit der Impfung des COVID-19-Impfstoffs AstraZeneca wurden vor allem grippeähnliche Erkrankung, Schüttelfrost und Fieber gemeldet. Ein Hautausschlag als unerwünschte Reaktion fiel bei dem COVID-19-Impfstoff Moderna auf. Allerdings sind diese Impfreaktionen vollkommen normal und zeigen an, dass das Immunsystem anfängt zu arbeiten, um sich gegen die Corona-Viren zu wappnen. Im Bericht des PEI heißt es abschließend: "Impfungen mit wirksamen und verträglichen COVID-19-Impfstoffen sind eine effektive Maßnahme, die Corona-Pandemie einzudämmen und sich selbst vor COVID-19 zu schützen."