Zwar steht die Berufswelt aufgrund der Covid-19-Pandemie weiterhin Kopf, doch dank des Voranschreitens der bundesweiten Impfkampagne ist Licht am Ende des Tunnels zu sehen. Bereits jetzt freuen sich Genesene und Geimpfte im privaten Bereich über teils zurückgewonnene Rechte. Doch wie sieht es auf beruflicher Ebene aus? Wann können Mitarbeiter aus ihrem Homeoffice zurückkehren? Und drohen Angestellten, die sich nicht impfen lassen möchten, Konsequenzen? Markus Mingers, Fachanwalt für Verbraucher-, Arbeits-, und Wirtschaftsrecht, gibt Antworten auf die wichtigsten Fragen rund um die Impfung im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis.
Darf der Arbeitgeber eine Impfung anordnen?
In Deutschland besteht keine Corona-Impfpflicht. Nach Angaben von Gesundheitsminister Jens Spahn ist ein solches Vorhaben auch nicht geplant. Für Unternehmen heißt das: Sie dürfen von ihren Angestellten das Wahrnehmen von Impfangeboten nicht einfordern - mögliche Klauseln in Arbeitsverträgen sind daher ungültig. Stattdessen können sich Mitarbeiter auf ihr Persönlichkeitsrecht berufen. Einen Sonderfall könnte jedoch das Gesundheitswesen darstellen. Am 1. März 2020 trat beispielsweise das Masernschutzgesetz in Kraft, nach dem alle Arbeitnehmer von Kindertagesstätten, Schulen und medizinischen Einrichtungen, die nach 1970 geboren sind, eine Masernimpfung beziehungsweise ihre Immunität vorweisen müssen.
Droht eine Kündigung beim Ablehnen der Impfung?
Wenn sich Angestellte gegen ein Corona-Vakzin aussprechen, kann dies aus arbeitsrechtlicher Sicht aktuell nicht beanstandet werden. Ob Unternehmen bei einem Verzicht von ihrem Hausrecht Gebrauch machen können und Nicht-Geimpften den Zutritt zu den Räumlichkeiten verweigern, ist eine andere Thematik. Potenzielle Konflikte lassen sich schon im Vorfeld umgehen, wenn Arbeitnehmer ihrer Tätigkeit weiterhin im Homeoffice nachgehen dürfen. Falls sich keine einvernehmliche Lösung findet und Angestellte ihre Leistung nicht ordnungsgemäß erbringen, kann der Anspruch auf Vergütung nach § 297 Bundesgesetzbuch, kurz BGB, in der Theorie verloren gehen. Kommen weitere Voraussetzungen hinzu, kann im schlimmsten Fall sogar die Kündigung drohen. Dem gegenüber steht jedoch die Auffassung, dass Beschäftigte aufgrund ihrer persönlichen Entscheidung im Kontext der Impfung nicht benachteiligt werden dürfen. Und so sehen Gewerkschaften eine mögliche Zutrittsverweigerung als ebensolche Benachteiligung an. Dieser Argumentation folgend, müssten Arbeitgeber demnach eine Vergütung ohne Arbeitsleistung weiterhin an die Beschäftigten zahlen. Da die Komplexität der gesamten Thematik enorm ist, müssen aller Voraussicht nach Gerichte abschließend über den entsprechenden Sachbestand entscheiden.
Wie sieht es mit der Impfung während der Arbeitszeit aus?
Private Termine gilt es generell außerhalb der eigenen Arbeitszeiten zu legen. Dazu zählen auch Arztbesuche sowie Impftermine, die keinen akuten Hintergrund vorweisen. Aufgrund der Tatsache, dass Angestellte in vielen Fällen aktuell kaum einen Einfluss auf den Zeitpunkt haben und durchaus Termine zugewiesen bekommen, die innerhalb ihrer Bürozeit liegen, können Angestellte laut § 616 BGB auf eine bezahlte Freistellung bestehen. Jedoch gilt es im Einzelfall zu klären, ob sich Uhrzeit und Datum nicht variabel koordinieren lassen. Grundsätzlich empfiehlt es sich, mit dem Arbeitgeber ein klärendes Gespräch zu suchen und auf dessen Wohlwollen zu hoffen, schließlich bedeutet ein Beschäftigter mit Schutzimpfung ein geringeres Risiko für alle Beteiligten.
Darf der Arbeitgeber ohne Impfung weiterhin Homeoffice anordnen?
Mit dem sogenannten Direktionsrecht dürfen Vorgesetzte ihren Angestellten auf Grundlage des Arbeitsvertrages Anweisungen geben - dies endet jedoch an der Haustür des jeweiligen Erwerbstätigen. Sofern Mitarbeiter zu Hause nicht tätig sein möchten, kann der Betrieb keine Anordnung für das Homeoffice geben.
erschienen am 20.05.2021