Ankunft auf dem Betriebsgelände der CVAG. Anmeldung im System, vielleicht noch ein kurzer Besuch in der Leitstelle, wo alles für einen reibungslosen Ablauf des Öffentlichen Nahverkehres organisiert wird. Der Bus steht schon bereit. Noch schnell über das Dienst-Tablet die Strecken für den Tag prüfen. Und es geht los. Berufskraftfahrer - oder Busfahrer, wie es umgangssprachlich heißt - sind unterwegs in der Stadt und auch auf Überlandstrecken, um jeden einzelnen Passagier sicher an sein Ziel zu befördern. Immer mit dabei: Der Gedanke an die große Verantwortung, die mit diesem Beruf einhergeht.
BLICK hat mit Rolf Kowalk gesprochen, einem der Berufskraftfahrer der Chemnitzer Verkehrs-AG, und hat erfahren, wie sich das Bild und auch die Aufgaben des Berufes im Laufe der Zeit verändert haben und warum es manchmal hilfreich sein kann, auf dem Weg zum Flughafen auch Stewardessen als Passagiere im Bus an Bord zu haben.
Wie sind Sie zu dem Beruf des Berufskraftfahrers gekommen?
Eigentlich durch Zufall. Ich habe ursprünglich KFZ-Schlosser gelernt. Bei der Jobsuche nach der Armeezeit, bin ich unter anderem auch an den VEB Nahverkehr geraten. Ich hatte die Führerscheine schon alle und sie brauchten dringend Busfahrer. Da haben sie mir das Angebot gemacht, die Personenbeförderung zu übernehmen. Das habe ich angenommen, habe die Ausbildung entsprechend gemacht und ab da durfte ich dann Bus fahren.
Was beinhaltet der Beruf hauptsächlich und wie hat sich das Berufsbild im Laufe der Zeit gewandelt?
Das Aufgabengebiet des Busfahrers war früher ganz anders als heute - jeder hatte seinen Stammbus. Diesen Bus hat man dann auch gepflegt, getankt und sauber gemacht, kleine Reparaturen haben wir auch selbst gemacht. Das war eigentlich schön, man hat da auch viel von der Technik mitbekommen. Und das Fahren selbst nach Linie gehört ja nach wie vor auch dazu - das ist ja auch irgendwie die Hauptsache. So seit der Wende, hat sich das Bild dann allerdings grundlegend gewendet, vor allem die Technik. Mit der Einführung der Niederflurbusse ist dann aber auch die Fahrzeugbindung weggefallen. Das heißt also, dass man, wenn man auf Arbeit kommt, irgendeinen Bus bekommen hat und nach der Pause hast du dann wieder einen anderen Bus bekommen. Pro Dienst fahre ich mit zwei Fahrzeugen mindestens.
Und ich muss den Bus jetzt auch nicht mehr tanken, ich rücke abends ein, bekomme am Eingang dann die Spur zum Abstellen angezeigt, stelle mich da hin, schließe den Luftschlauch und den Strom an und lasse den Bus dann stehen, trage mich aus dem Bordbuch aus. Um die Kasse muss ich mich aber nach wie vor kümmern, also dass auch zum Beispiel genügend Papier für den Fahrscheinverkauf drin ist. Ja, und insgesamt: Das Fahren nach Fahrplan ist geblieben. Mittlerweile ist vieles ja digitalisiert, zum Beispiel steht ja jetzt im Stadtgebiet auch dran, dass der Bus in zwei Minuten kommt und solche Sachen.
Wie lange gehen Sie dem Beruf nun mittlerweile nach?
Seit Frühjahr 1983 bis zum heutigen Tag.
Was hat Sie an dem Beruf so sehr begeistert, dass sie sich dann letztendlich dafür entschieden haben?
Ich bin ja, wie gesagt, doch mehr durch Zufall dazu gekommen. Aber was mich begeistert hat: Ich habe mich für Technik interessiert und habe als Jugendlicher auch viel an Motorrädern geschraubt und Autos Bauen war auch immer schon meine Leidenschaft. Und dann hat mich natürlich auch noch die Technik vom Bus extrem fasziniert.
Gibt es trotzdem etwas, dass Ihnen vielleicht weniger gefällt? Was würden Sie gern streichen, wenn Sie könnten?
Ja, da gibt es etwas. Das darf man jetzt aber auf keinen Fall verallgemeinern, denn ich will nicht alle über einen Kamm scheren. Aber der Umgang mit den Fahrgästen war früher viel problemloser als heutzutage. Früher war man als Busfahrer noch richtig anerkannt, sag ich mal, die Leute haben sich gefreut, wenn man gefahren ist. Aber heute ist das nicht mehr unbedingt so, vor allem im Stadtgebiet fällt es mir auf. Wenn man aus Chemnitz rauskommt, hat man auf einmal das Gefühl, man hat einen anderen Schlag Fahrgast. Da sagen sogar sie Schulkinder guten Morgen, wenn sie reinkommen. Das hat man in der Stadt eher selten, auch bei den Erwachsenen. Zum Beispiel bei Verspätungen steht man einfach manchmal als Prellbock da und ich kann im Endeffekt gar nichts dafür, vielleicht war irgendwo ein Unfall oder ein Stau und dann komm ich 10 Minuten zu spät.
Mir würde es auch besser gefallen, wenn ich wieder früh auf meinen Bus kommen könnte und könnte den Bus den ganzen Tag fahren. Es muss gar nicht sein, dass ich wieder einen Stammbus habe, aber dass die Fahrzeugwechsel und die vielen Linienwechsel wegfallen. Denn dadurch sind natürlich auch Fehler vorprogrammiert.
Gibt es ein tolles Erlebnis aus ihrer vergangenen Berufslaufbahn, das Ihnen besonders in Erinnerung geblieben ist?
Als die Busse mit der Niederflurtechnik in Chemnitz eingeführt wurden, gab es einen Tag, an dem die Linie 54 eine ganz besondere Route gefahren ist. Sie führte genau durch die Sachsenallee, da gab es dann auch die Haltestelle "Am Springbrunnen". Und ich war einer der Fahrer an diesem Tag, das war schon ein Ereignis, das in Erinnerung geblieben ist.
Und ein anderes Mal - das war noch in den 80er Jahren - da musste ich mit drei Kollegen nach Dresden, denn dort hatten sie Personalnot und wir sollten dann Schienenersatzverkehr fahren. Uns wurde dann eine Linie gegeben: Dresden Kaditz - Flughafen. Wir sind dann Abends im Dunkeln dort angekommen, sind die Strecke einmal angefahren und am nächsten Morgen ging es los. Ich war schon heilfroh, dass ich überhaupt die Endstelle gefunden hatte, also Kaditz, und hatte dann das Glück, dass Stewardessen eingestiegen, die zum Flughafen wollten. Die habe ich mir dann vorgewunken und sagte: "Sie sehen aus, als würden Sie bis zur Endstelle mitfahren. Das klingt jetzt vielleicht komisch, ich bin zwar der Busfahrer, aber es wäre schön, wenn sie mir ein bisschen sagen könnten, wo ich langfahren soll." Die hatten dann auch ihren Spaß und haben mich gelotst bis zum Flughafen die erste Runde.
Gibt es auch manchmal kuriose Erlebnisse mit Fahrgästen?
Wir hatten ja auch mal eine Phase mit Doppelstock-Bussen, da gab es auch so das ein oder andere kuriose Ereignis. Da wollte ich einmal losfahren - das werde ich auch nie vergessen - da kam ein mir bekanntes Ehepaar, ältere Herrschaften. Sie steigen ein und wie das so ist in den Doppelstock-Bussen, jeder will unbedingt oben und vorne sitzen. Die Frau ist ins Stolpern gekommen beim Einsteigen und lag dann quasi vorn neben mir auf dem Boden, der Mann steigt einfach über sie drüber und geht die Treppe hoch. Ich hab gedacht, ich bin im falschen Film.
Sie tragen in ihren Beruf ja sehr viel Verantwortung. Ist Ihnen dieser Aspekt während Sie fahren sehr bewusst bzw. wie gehen Sie damit um?
Also die Verantwortung ist mir schon bewusst. Das ist ja für mich auch mit die Herausforderung, mein Job - die Leute pünktlich und sicher von A nach B zu befördern und das dann natürlich auch in einem vernünftigen Fahrstil, ohne dass jemand zu Schaden kommt. Es passieren natürlich hin und wieder Sachen, bei denen ich aber auch nichts dafür kann, zum Beispiel wenn vor mir einfach jemand reinzieht, ich muss bremsen und es fällt jemand um. Das hatte ich auch schon, aber das passiert eben leider. Aber die Verantwortung ist mir dabei schon bewusst, auf jeden Fall.
Warum sollte ein Schüler, der frisch seinen Abschluss gemacht hat bzw. kurz vor dem Abschluss steht, Ihrer Meinung nach die Entscheidung treffen und sich für eine Ausbildung zum Busfahrer zu entscheiden?
Der erste Grund ist: Busfahrer werden immer gebraucht! Und sie sind immer knapp, das war zu DDR-Zeiten so und das ist heute noch schlimmer. Da gibt's auch verschiedene Gründe, warum das so ist. Stellenweise kommt nicht jeder mit den Arbeitsbedingungen klar. Als Busfahrer habe ich natürlich rollende Woche mit Sonn- und Feiertagen, ich muss teilweise früh um 3 Uhr aufstehen oder muss bis Mitternacht arbeiten.
Und man hat in dieser Ausbildung bzw. danach auch noch Möglichkeiten. Es gibt auch Entwicklungsmöglichkeiten bei uns im Unternehmen. Man kann zum Beispiel neben dem Fahrdienst auch die Meisterlehre machen zum Fahrmeister, man kann eine Ausbildung in der Leitstelle machen. Man kann sich immer weiter entwickeln. Die Auszubildenden sind auch immer in den verschiedenen Stellen des Unternehmens mit drin, sie sind zum Beispiel mal in der Leitstelle, sie bekommen beim Disponenten, wo die Dienste geplant werden, Einblicke und haben damit schon überall mal reingeschnuppert und können sich dann letztendlich auch entscheiden, ob sie lieber Fahrer bleiben möchten oder ob sie nicht nur fahren wollen - es gibt auch Leute, die machen zwei was. Das kann man auch machen. Da gibt es also viele Möglichkeiten, man muss sie nur ergreifen.
Vielen Dank für das Interview und für Ihre Zeit!
Eine Übersicht über alle Interviews des Berufe-Specials finden sich hier.