Mittweida. Die Hochschule Mittweida geht bei der Unterstützung der Menschen aus der Ukraine einen besonderen Weg. Und das mit Erfolg.
"Krieg und Terror dürfen niemals die Oberhand gewinnen", sagt Professor Volker Tolkmitt mit Blick auf Russlands Angriffskrieg. "Mehr als 250 Menschen haben hier in Mittweida eine vorübergehende Heimat gefunden. Auch dank des Engagements unserer Studierenden, Partner und Förderer, können wir unsere Hilfe jetzt nochmal ausbauen." Seit Beginn des russischen Angriffs am 24. Februar 2022 hat die HSMW eine Vielzahl kleiner und großer Maßnahmen durchgeführt. Aus anfänglichen Hilfstransporten wurde schnell die Integration von Ukrainerinnen und Ukrainern in das Mittweidaer Campusleben. Sie erreicht durch die Förderung zweier Stiftungen aktuell ein neues Level.
Volkswagenstiftung und Stiftung Hochschullehre fördern Initiativen der HSMW
Die Volkswagenstiftung und die Stiftung Hochschullehre unterstützen die HSMW aktiv. Geflohenen Ukrainerinnen und Ukrainern ermöglichen sie, ihre Arbeit in Mittweida fortzusetzen. Sie fördern je ein Projekt, das dazu dient, das wissenschaftliche Wirken für die Ukraine trotz Kriegs in der Heimat in der erzwungenen Diaspora fortzusetzen.
Die Volkswagenstiftung hat drei Stipendien an Wissenschaftlerinnen vergeben, die aktuell in Mittweida arbeiten. Es sind zwei Professorinnen und eine Promovendin. Parallel unterstützt die Stiftung Hochschullehre die "digitale Kompetenzentwicklung durch Integration ukrainischer Lehrender in Lehre und Studium". Zwei wissenschaftliche Mitarbeiterinnen entwickeln innovative, digitale Inhalte für Ukrainerinnen und Ukrainer im Studienangebot der HSMW und setzen diese um. Die allermeisten Vorlesungen an den ukrainischen Universitäten müssen aktuell über das Internet erfolgen. Gleichzeitig profitieren die beiden Mitarbeiterinnen auch persönlich: Sie sammeln Lehrerfahrungen, die sie nach ihrer Rückkehr in die Ukraine nutzen können, um die nächste Generation von Akademiker:innen auszubilden.
Mittweida: Sachsenweiter Spitzenplatz bei Anzahl aufgenommener Studierender
Es sind jedoch nicht nur Wissenschaftlerinnen nach Mittweida gekommen. Zählt man die aufgenommenen Studierenden, ist die HSMW unter den sächsischen Hochschulen ganz vorne dabei. "Unser geringer 'Betreuungsschlüssel' hat uns dabei durchaus vor Herausforderungen gestellt und tut es weiterhin", gibt Saskia Langhammer, Leiterin des International Office, zu. "Als Hochschule haben wir viele Hürden gemeinsam überwunden. Insbesondere der Studierendenrat ist hier mit außergewöhnlichem Engagement vorangegangen, indem er Wohnungen eingerichtet hat."
Aktuell sind über 50 Studierende mit ukrainischer Staatsbürgerschaft offiziell an der Hochschule Mittweida eingeschrieben, viele streben schon im Jahr 2024 ihren Studienabschluss an. Zudem absolvieren über 50 Studierende offiziell einen Auslandsaufenthalt in Mittweida. Die Mehrheit durchläuft parallel Intensiv-Sprachkurse. Das sind aber nicht alle, die den Weg nach Mittweida gefunden haben: 194 Ukrainerinnen und Ukrainer bereiten sich aktuell am Studienkolleg der Hochschule Mittweida aufs Studium in deutscher Sprache vor.
Studienkolleg schafft Voraussetzungen für erfolgreiches Studium in Deutschland
Die Kurse am Studienkolleg sind nötig, um das Abitur oder die sogenannte DSH-Prüfung abzulegen. Die Abkürzung steht für "Deutsche Sprachprüfung für den Hochschulzugang" und wird von Studierenden aus aller Welt abgelegt, um ein Studium in Deutschland aufzunehmen. Mit ihr werden die Sprachkenntnisse nachgewiesen, die fürs Studium in Deutschland erforderlich sind. Schließlich geht es auch für die ukrainischen Studierenden darum, den Stoff in Vorlesungen und Seminaren zu verstehen, aufzunehmen und zu verarbeiten.
Die Ukrainerinnen und Ukrainer integrieren sich in Sachsen. "Einige von ihnen absolvieren aktuell Praktika in Mittweida und Umgebung. Andere Studierende arbeiten bereits als studentische Hilfskraft oder Werkstudent:in", so Emelie Jusek, die im International Office die ukrainischen Geflüchteten betreut.
Die positiven Erfahrungen sprechen sich herum. Für das Wintersemester 2023/2024 haben sich schon mehr als 30 ukrainische Staatsbürgerinnen und Staatsbürger in Mittweida beworben. 14 wechseln vom Studienkolleg ins Studium an der Hochschule. Um diesen Studierenden zu helfen, erhält die HSMW auch Unterstützung aus der Ukraine. Oleksii Dzhusov hat neben seiner Professur an der Oles Honchar Dnipro National University vor kurzem in Mittweida die Honorarprofessur für internationale Finanzierung und Investitionen angenommen und unterstützt insbesondere die Fakultät Wirtschaftsingenieurwesen im englischsprachigen Master-Angebot Innovation and Business Expansion.
Über die Hochschule Mittweida
Die Hochschule Mittweida kennt keine Grenzen. Hier experimentieren rund 6500 Studierende schon während des Studiums an realen Projekten, die sie in ihrem Arbeitsleben erwarten. In den Dekaden nach der Wiedervereinigung hat die HSMW die Weltoffenheit wieder zu einem ihrer Wesensmerkmale gemacht, wie es schon in den Gründungsjahren im 19. Jahrhundert der Fall war. Von Deutschland aus erstrecken sich enge Verbindungen in Forschung und Studium nach Europa (Hochschulallianz Eureca-Pro), Afrika (Klimakompetenzzentren Wascal und Sasscal) bis nach Nord- und Südamerika sowie Asien.
Eng verbunden ist die HSMW der Ukraine seit Jahrzehnten. Tolkmitts Vorgänger im Amt des Rektors, Professor Ludwig Hilmer, hatte schon am 24. Februar 2022 einen Krisenstab für die unmittelbare Ukraine-Hilfe der HSMW ins Leben gerufen. Gemeinsam mit den Betreiberinnen und Betreibern ihres mobilen Studienprogramms und ihren Studierenden hatte die HSMW anschließend einen Sattelzug voll Hilfsgütern mit Ziel Dnipro auf den Weg gebracht. Wenige Tage später folgte eine Hilfslieferung nach Odessa, die der Leiter des Studienkollegs, Peter Maring, persönlich in die Ukraine brachte. Zudem sammelte das Facility Management der Hochschule Mittweida fortwährend Möbel wie Tische und Stühle, die in mehreren Transporten in die Ukraine gebracht wurden und nun in Schulen genutzt werden.
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