Großschirma/Freiberg. Die Bürgermeisterwahl in Großschirma ist zu beanstanden und aufzuheben. Zu diesem Ergebnis ist die Kommunalaufsicht des Landkreises Mittelsachsen nach eingehender Prüfung der von der Stadt vorgelegten Wahlunterlagen gekommen. Der AfD-Politiker Dr. Rolf Weigand hatte die Wahl am 3. März klar mit 59,43 Prozent, vor seinen beiden Mitbewerbern Gunther Zschommler (CDU) und André Erler (Unabhängige Bürgervereinigung) gewonnen. Die Wahlbeteiligung lag bei 73,92 Prozent.
Stadt wird zu unverzüglichen Neuwahlen aufgefordert
"Der Stadt Großschirma ist der Wahlprüfungsbescheid heute zugestellt worden. Wegen der Beanstandung und Unwirksamkeitserklärung wird die Stadt Großschirma in dem Prüfungsbescheid aufgefordert, unverzüglich eine Neuwahl anzuberaumen. Die vom Wahlprüfungsbescheid Betroffenen haben die Möglichkeit, gegen die Wahlprüfungsentscheidung unmittelbar Klage beim Verwaltungsgericht Chemnitz zu erheben", heißt es in der Mitteilung des Landratsamtes.
Drei Verstöße gegen wesentliche Wahlvorschriften festgestellt
Laut Mitteilung des Landratsamtes hat die Wahlprüfung insbesondere folgende Verstöße gegen wesentliche Wahlvorschriften festgestellt:
- Auf der Titelseite des Bürgerblatts der Stadt Großschirma, Amtsblatt und Heimatzeitung für die Stadt Großschirma vom 07.02.2024, hat der Wahlbewerber Dr. Weigand als "2. stellvertretender Bürgermeister" mitunterzeichnet, obwohl der Vertretungsfall nicht gegeben war. Dadurch wurde dem Wahlbewerber Weigand die Möglichkeit eingeräumt, in seiner Funktion als stellvertretender Bürgermeister eine Möglichkeit für die Ansprache der Bürger im Kontext der Wahl auf der amtlichen Plattform des Amtsblatts zu nutzen, die anderen Wahlbewerbern nicht eingeräumt wurde.
- Die vom Gesetz vorgeschriebene ordentliche und fristgerechte Bekanntmachung über das Recht auf Einsicht in das Wählerverzeichnis und die Erteilung von Wahlscheinen für die Wahl zum Bürgermeister wurde von der Gemeinde unterlassen. Die Notbekanntmachung vom 29.02.2024, die kurz vor der Wahl erfolgte, nachdem das Versäumnis bemerkt worden war, konnte den Wahlrechtsverstoß nicht mehr heilen.
- Auf dem Wahlvorschlag des Bewerbers Dr. Weigand fehlt die vom Gesetz ausdrücklich vorgeschriebene "eigenhändige Unterschrift" des Bewerbers.
Zwei Verstöße sind unerheblich
Im Wahlprüfungsverfahren wurden die festgestellten Wahlfehler zusätzlich anhand des Maßstabs der Ergebniserheblichkeit überprüft. Dadurch wird verhindert, dass ergebnisunerhebliche Verstöße, selbst wenn damit gegen wesentliche Wahlvorschriften verstoßen wurde, zu einer Aufhebung der Wahl führen. Nach sorgfältiger Abwägung der unterschiedlichen Aspekte konnten die Wahlrechtsverstöße a) und b) anhand des notwendigen Wahrscheinlichkeitsmaßstabs am Ende als ergebnisunerheblich eingestuft werden.
Fehlende Unterschrift Grund für Aufhebung
Die fehlende "eigenhändige Unterschrift" unter dem Wahlvorschlag "Weigand" musste aber von der Wahlprüfungsbehörde als ergebniserheblich eingestuft werden, weil der Gemeindewahlausschuss den Wahlvorschlag ohne die "eigenhändige Unterschrift" nicht zur Wahl hätte zulassen dürfen. Das ist ein vermeidbarer, rein formaler Fehler gewesen. Ohne eine entsprechende Autorisierung durch "eigenhändige Unterschrift" gibt es aber keinen (wirksamen) Wahlvorschlag eines Einzelbewerbers gegenüber dem Gemeindewahlausschuss.
Kommunalaufsicht: Gemeindewahlausschuss hat falsch entschieden
Diese Unterschrift war dem Gesetzgeber des kommunalen Wahlrechts so wichtig, dass er 2022 im Rahmen der letzten Gesetzesänderung zu der Formalie der "eigenhändigen Unterschrift" folgende Bestimmung in das Gesetz ausdrücklich neu aufgenommen hat: "Der Wahlvorschlag eines Einzelbewerbers ist von diesem eigenhändig zu unterzeichnen." Die Zulassungsentscheidung des Gemeindewahlausschusses für den Wahlvorschlag "Weigand" war daher wegen der fehlenden Unterschrift des Bewerbers falsch. Hätte der Wahlausschuss korrekt nach Maßgabe des Gesetzes entschieden, wären die Stimmen, die auf den Wahlvorschlag "Weigand" entfallen sind, gar nicht oder für eine der beiden anderen Bewerber abgegeben worden. Das verdeutlicht die Ergebnisrelevanz des fehlerhaften Wahlvorschlags und die deswegen als falsch zu qualifizierende Zulassungsentscheidung des Gemeindewahlausschusses.
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