Leipzig. Ein "Equalizer" (zu deutsch Entzerrer) wird wohl den Wenigsten ein Begriff sein. Diese elektronische Komponente wird in der Tontechnik eingesetzt, um Töne zu entzerren oder künstlich nachzubearbeiten. Störende Tonfrequenzen können korrigiert werden, um somit ein angenehmes Klangbild zu erzeugen. Vor allem für DJs sind Equalizer eines der wichtigsten Werkzeuge und werden eingesetzt, um einen Track klanglich an einen anderen anzupassen. In den letzten Jahren ist aber auch das englische Verb "equalizing" (zu Deutsch: ausgleichen) unter anderem in der Politik häufig aufgetaucht. Meist wird es in Zusammenhang mit sozialer Ungleichheit, zum Beispiel im Hinblick auf geschlechtsspezifischer Diskriminierung, verwendet.

 

Männliche DJs dominieren

Auch die DJ-Szene wird von männlichen Künstlern dominiert, nur rund 28 Prozent der DJs auf Festivals waren 2021 weiblich. Auch Sexismus, sexuelle Belästigung und Gehaltsunterschiede zwischen männlichen und weiblichen DJs sind nach wie vor ein großes Problem in den Clubs, was Newcomerinnen den Einstieg in die Szene erschwert.

Die Initiative "Equalize" will mithilfe von Workshops die DJ Szene revolutionieren. Sie wollen Flinta* Personen, die Abkürzung steht für Frauen, Lesben, intergeschlechtliche, nichtbinäre, trans und agender Personen, den Eintritt in diese ermöglichen und erleichtern. Der Flinta* only Workshop, bei welchem Interessierte sich ausprobieren und erste Grundlagen des Auflegens erlernen können, wurde von mehreren Personen der Leipziger DJ Szene ins Leben gerufen und fand 2022 zum ersten Mal statt.

 

Idee entstand im ersten Corona-Jahr

Julia aka Jivee ist selbst seit vielen Jahren als DJ vor Allem in der Leipziger Drum and Bass Szene unterwegs und gibt nun bei den Workshops Ihr Wissen weiter. "Die Idee einen Workshop mit Fokus auf FLINTA*-Personen auf die Beine zu stellen entstand ungefähr im ersten Corona-Jahr. Zu diesem Zeitpunkt hat sich auch die Kerngruppe um Equalize wie sie bis jetzt besteht zusammengefunden. Wir alle kennen uns durch die Leipziger Bassmusikszene und arbeiteten teilweise bereits in anderen Projekten miteinander.", erzählt sie.

 

Einen Safespace erschaffen

Durch die eigene Aktivität in der Leipziger Bassszenelandschaft sei ihnen aufgefallen, dass FLINTA*s bis heute sowohl hinter den Decks als auch hinter der Organisation von Musikveranstaltungen unterrepräsentiert sind, wie es in vielen technisch orientierten Lebens- und Arbeitsbereichen der Fall ist. Mit dem gemeinsamen Wunsch diese Muster aktiv zu durchbrechen, sei die Idee zum Workshop erstanden, um eigene Erfahrungen und Wissen an FLINTA*s weiterzugeben und einen Safespace, in dem gelernt und sich vernetzt werden kann, zu schaffen, so Julia. "Die Workshops bestehen aus Theorie, Praxis und persönlichem Austausch. Auch im Nachhinein gibt es Möglichkeiten sich zu vernetzen und gemeinsam an das Gelernte anzuknüpfen. Damit wollen wir Einstiegshürden wie hohe Kosten durch Technikbeschaffung möglichst klein und die Motivation weiterzumachen möglichst groß halten." Durch ihre FLINTA* only (zu deutsch: nur FLINTA*) Workshops wollen Sie bewusst Sichtbarkeit für diese Personengruppe schaffen und ein möglichst sicheres und hürdenloses Lernumfeld kreieren, erklärt die DJ, denn aus eigener Erfahrung berichtet Sie, wie schwierig es sei, sich als FLINTA* im DJ-Dasein zwischen Ihren männlichen Kollegen zu behaupten, Akzeptanz zu finden und sich sicher zu fühlen.

 

Marginalisierte Gruppen sollen sichtbarer werden

Das Ziel der Initiative Equalize sei dabei immer zukünftig mehr FLINTA*s auf Club- und Festival-LineUps zu sehen und somit die Sichtbarkeit dieser marginalisierten Gruppe im allgemeinen Szenekontext zu erhöhen. Der erste Workshop fand im Mai 2022 statt und bis jetzt habe sich schon viel getan, Julia aka Jivee erzählt: "Viele ehemalige Teilnehmende legen heute regelmäßig auf und sind auf LineUps in Leipzig und außerhalb vertreten. Unsere Vernetzungsgruppe und der Austausch untereinander wächst ständig weiter. Wir sind sehr dankbar über die Entwicklungen und hätten uns einen solch hohen Anklang selbst nicht ausmalen können." Auch andere Gruppen würden die Initiative Equalize mittlerweile unterstützen oder selbst workshopähnliche Konzepte auf die Beine stellen, um ebenfalls Angebote zu schaffen und somit aktiv an der Szenekultur zu arbeiten.

 

Ende des Jahres stehen Workshops an

Im November und Dezember sind die nächsten Workshops geplant, wofür bald die Anmeldungen starten. Auch im nächsten Jahr will die Gruppe anknüpfen und sowohl weitere Tagesworkshops als auch gekürzte Festivalworkshops und möglicherweise auch weitere Projekte anbieten. "Momentan wächst unsere "Equalize" Kerngruppe, weshalb wir bald mit verstärkten Kräften auch abseits der Workshops weitere Projekte wie eigene Clubveranstaltungen planen können. Dazu aber mehr, wenn die Zeit reif ist. Wir freuen uns auf alles was kommt!", berichtet Julia.

Wer nun Interesse bekommen hat und sich selbst mal als DJ ausprobieren möchte, kann sich auf dem Instagram Kanal @equalize_leipzig über bevorstehende Workshops und Projekte informieren.