Leipzig. Viele Anwohner verschafften sich am Samstag beim Tag der offenen Tür in der neuen Notunterkunft für Geflüchtete in Leipzig-Stötteritz einen persönlichen Eindruck von der Anlage: Das städtische Sozialamt und der Betreiber hatte die Nachbarschaft per Hauswurf zur Vorab-Besichtigung eingeladen. Die Notunterkunft für bis zu 330 aus Kriegsgebieten geflüchte Menschen soll voraussichtlich ab April in Betrieb gehen. Das Aktionsbündnis "Leipzig nimmt Platz" war ebenfalls vor Ort.
Spartanische Einrichtung
Zwei Doppelstockbetten aus Metall, zwei Spinde, ein Tisch, dazu Plastikstühle. So spartanisch präsentieren sich die Schlafkabinen für jeweils vier Bewohner in jedem der sieben Zelte in Stötteritz an der Kommandant-Prendel-Allee 63. Betreiber der temporären Gemeinschaftsunterkunft ist die Saxonia Catering GmbH & Co. KG. Die Zeltstadt soll so lange am Platz bleiben, bis alle Betroffenen in festen Häusern untergekommen sind. Danach soll hier das geplante, neue Kolmstraßenquartier mit Wohnungen, Oberschule und Sporthalle errichtet werden. "Wir möchten den Anwohnern zeigen, wie so ein Zeltstandort aussieht", sagte Dr. Martina Münch (62), Leiterin des Leipziger Sozialdezernats, am Samstag. Es sei wichtig, dass die Nachbarschaft sich vor Ort einen Eindruck verschaffen könne, es existierten Vorurteile. So könne man zeigen, dass es dort nicht luxuriös sei, sondern sehr bescheiden. "Es ist eine Notunterkunft, die Menschen sollen hier nicht auf Dauer leben, sondern nur für einige Monate", betonte Münch in diesem Zusammenhang.
Waschmaschinen und Speisesaal
Neben besagten Wohn- und Schlafeinheiten für Familien und Einzelpersonen in den beheizten Zelten hält der Betreiber in den früheren Räumen des Vereins Columbus junior an der Kommandant-Prendel-Allee einen Speiseraum sowie einen Aufenthalts- und Schulungsraum bereit. Dreimal am Tag wird hier von einer Zentralküche Essen geliefert und als Buffet präsentiert. Wie die Besucher vor Ort erfuhren, könne in den Zelten wegen Brandschutzvorgaben nicht selbst gekocht werden und aus hygienischen Gründen auch keine Lebensmittel gelagert werden. Neben den Schlafzelten und der Kantine stehen in der temporären Zeltstadt auch Container mit Sanitäranlagen und zehn Waschmaschinen.
Integration in den Alltag erwünscht
Die Betroffenen sollen nach Angaben des Sozialamtes eigenständig in Leipzig Sprachkurse oder Sportvereine besuchen, um sich so in das Alltagsleben zu integrieren. Wer als Bürger möchte, kann sich darüber hinaus vor Ort direkt an den Betreiber wenden, um geflüchteten Menschen zu helfen. "Es ist schon dramatisch, dass wir in Leipzig in der Situation sind, Menschen in Zelten unterzubringen", betonte Juliane Nagel (44), Stadträtin für DIE LINKE. Sie meinte: "Es wäre wirklich besser, die Schutzsuchenden in befestigten Häusern zu wissen." Die Politikerin ruft Vermieter und Hauseigentümer auf, dem Sozialamt leerstehende Wohnungen zu melden.