Bis heute hat Donald Trump seine Wahlniederlage 2020 nicht eingestanden, proklamiert den Sieg für sich - und das ohne jegliche Beweise. Seine Beteiligung am Sturm auf das Kapitol in Washington, D.C. am 6. Januar 2021 streitet er ab: Er habe nur eine Rede gehalten. Glaubt man dem neuen Kinofilm "The Apprentice", ist Trumps Verhalten Teil einer langjährigen Strategie, die ihm einst sein Mentor und enger Vertrauter Roy Cohn an die Hand gegeben haben soll.

Im Film beleuchtet Regisseur Ali Abbasi den Werdegang Donald Trumps (Sebastian Stan), der in den 70er-Jahren aus dem Schatten seines übermächtigen Vaters heraustreten will und deshalb mit dem gewieften Rechtsberater Roy Cohn (Jeremy Strong) paktiert. Dieser zeigt ihm, "wie man Macht und grenzenlosen Reichtum durch Betrug, Erpressung und die Manipulation der öffentlichen Meinung anhäuft".

Doch was ist dran an den Geschehnissen des Biopics, das ab 17. Oktober auch hierzulande in den Kinos startet - nur wenige Wochen vor der US-Wahl? Gibt es die "drei Gewinner-Regeln" wirklich? Ist die Vergewaltigungsszene, die bereits vorab für großes Aufsehen sorgte, bloße Fiktion? Und wie steht eigentlich Donald Trump selbst zu dem Film?

Was sagt Donald Trump selbst zum Film?

Donald Trumps Wahlkampfteam kündigte bereits im Mai 2024 an, den Regisseur verklagen und somit die Veröffentlichung verhindern zu wollen. Der Film sei "Müll", "reine Fiktion" und verbreite "Lügen, die längst entlarvt sind", sagte Trumps Sprecher Steven Cheung. Doch der iranisch-dänische Filmemacher Abbasi ließ sich nicht einschüchtern.

Die Macher von "The Apprentice" stimmen erwartungsgemäß nicht überein mit Trumps Einschätzung zu den "eklatant falschen Behauptungen". Kurz nach dem Eingehen einer Unterlassungsaufforderung erklärten die Produzenten: "Der Film ist ein faires und ausgewogenes Porträt des ehemaligen Präsidenten. Wir möchten, dass ihn jeder sieht und sich dann eine Meinung bildet." Die gesamte Handlung sei "sehr faktenbasiert und faktengeprüft", erklärte Abbasi zudem im Gespräch mit dem US-Branchenmagazin "The Wrap". Es stecke "eine gründliche journalistische Arbeit dahinter".

Ali Abbasi soll Trump sogar angeboten haben, ihm den Film persönlich vorzuführen - vielleicht, mutmaßte Abbasi, würde das Biopic dem republikanischen Präsidentschaftskandidaten ja doch ganz gut gefallen.

Welche Rolle spielte Roy Cohn in Donald Trumps Leben?

Roy Cohn ist der Mann, der Trump erschaffen hat. Das zumindest behauptet Abbasis Film, der zweifelsohne auch als moderne Frankenstein-Geschichte verstanden werden kann: Cohn, der in den 50er-Jahren die rechte Hand des Kommunistenjägers McCarthy war, nimmt den knapp 20 Jahre jüngeren Donald Trump zu Beginn des Biopics unter seine Fittiche.

"Ein Typ wie Roy Cohn wird uns nicht helfen", glaubt Donalds Vater, der öffentlich unlängst in Ungnade gefallene Immobilienunternehmer Fred Trump Sr. (Martin Donovan). Sein Sohn sieht das anders: Er vertraut Cohn. "Das ist ein Land der Männer, nicht der Gesetze", erklärt der Jurist seinem Schützling. Er lügt, bedroht, erpresst - und wird dabei von einem noch etwas gehemmten Donald bestaunt und beobachtet. Schon bald wird Trump mithilfe des Anwalts zum gefeierten Baulöwen, übernimmt die fragwürdigen Methoden seines Mentors.

Tatsächlich soll auch der echte Roy Cohn immer wieder behauptet haben: "Ich habe Donald Trump erfolgreich gemacht." Auch einem Bericht der "Washington Post" zufolge sei sein Einfluss auf den heutigen Ex-Präsidenten immens gewesen: "Cohn brachte Trump bei, wie man Macht einsetzt und Furcht erzeugt, mit der Formel: Angriff, Gegenangriff, niemals entschuldigen." Trump selbst erklärte der Zeitung gegenüber, Cohn habe "viel für mich getan".

Wahr ist: In den 70er-Jahren war Fred Trump Sr. vorgeworfen worden, schwarze Mieter zu diskriminieren. Nachdem Donald Trump sich an Cohn gewandt hatte, drohte dieser damit, die Regierung auf 100 Millionen Dollar zu verklagen - ein Schachzug, der den Fall in einem Vergleich enden ließ und so die "Trump Organization" vor dem Ruin bewahren konnte. In den darauffolgenden Jahren wurden Trump und Cohn berufliche Verbündete, aber auch enge Freunde.

Im August 1986 starb Roy Cohn an den Folgen einer AIDS-Erkrankung, die er bis zu seinem Tod abgestritten hatte. Dass sich Trump zuvor von seinem einstigen Mentor distanziert hatte, weil dieser HIV-positiv war, bestätigte Cohns langjährige Sekretärin Susan Bell gegenüber "Politico". Er habe ihn - auch das wird im Film deutlich - "wie eine heiße Kartoffel fallen" lassen.

Gibt es die "drei Gewinner-Regeln" wirklich?

Donald Trump soll "The Apprentice" zufolge als eifriger Lehrling "drei Gewinner-Regeln" von seinem Mentor Roy Cohn mit auf den Weg bekommen haben. "Die erste ist die einfachste: angreifen, angreifen, angreifen", erklärt der Anwalt. "Die zweite Regel: Nie etwas zugeben, immer alles abstreiten." Regel drei sei "die wichtigste Regel von allen: Egal, was passiert, was sie sagen oder wie unterlegen du bist - behaupte immer, zu gewinnen. Gib niemals eine Niederlage zu."

Die Parallelen zur heutigen Rhetorik Trumps sind unverkennbar. So mancher Kinogänger mag sich jedoch fragen, ob der republikanische Präsidentschaftskandidat seine Methoden tatsächlich eins zu eins von Roy Cohn übernommen hat - oder ob sich die Macher des Films die künstlerische Freiheit herausgenommen haben, dem Anwalt die passenden Worte in den Mund zu legen.

Es bleibt fraglich, ob Roy Cohn seine Vorgehensweise jemals in Form goldener Regeln zuammengefasst hat. Inhaltlich dürfte Abassi den Nagel jedoch auf den Kopf getroffen haben. In einem Artikel aus dem Jahr 2016 etwa beschrieb die "Washington Post" den Einfluss Cohns auf Donald Trump als "eine einfache Formel: angreifen, kontern und sich niemals entschuldigen".

Was steckt hinter der Vergewaltigungsszene?

Schon im Mai dieses Jahres wurde bekannt, dass das Biopic eine Vergewaltigungsszene enthält. Der Täter: Donald Trump. Das Opfer: seine damalige Frau Ivana (Marija Bakalowa). Im Streit überwältigt Trump seine Frau, hält sie fest, verspottet sie, während er sie misshandelt. Dem US-amerikanischen Branchenblatt "Variety" zufolge bezeichneten Zuschauerinnen und Zuschauer die Szene nach ersten Vorführungen als "ekelhaft" und "verstörend". Er habe die Tat als "Tragödie" inszenieren wollen, sagte indes Abbasi gegenüber dem "Hollywood Reporter". "Es sollte nicht kontrovers sein, sondern herzzerreißend. Er wirft das letzte Stück seiner Menschlichkeit weg."

Frei erfunden hat der Filmemacher die Szene nicht: Bei der Scheidung des Paares 1990 gab Ivana Trump zu Protokoll, ein Jahr zuvor von ihrem Mann vergewaltigt worden zu sein. "Die Szene basiert auf Ivanas eidesstattlicher Aussage vor Gericht", stellt auch Abbasi im Interview mit der "NZZ" klar. "Diese Aussage existiert. Sie hat sie nicht zurückgenommen. Sie hat es auch erneut in ihren Memoiren geschildert. Mit Details, die sogar noch weit gewalttätiger sind, als das, was im Film zu sehen ist."

Donald Trump selbst streitet die Vorwürfe ab. 2018 sagte seine mittlerweile verstorbene Ex-Frau in einem TV-Interview, sie habe die Anschuldigungen nur erfunden. Für Abbasi steht jedoch fest: "Hier geht es um eine Person, die schon einmal verurteilt worden ist." Trump sei unter anderem "wegen sexuellen Missbrauchs von einem Zivilgericht in New York schuldig gesprochen" worden. Es sei "ein Muster" erkennbar, durch frühere Vorfälle, durch Beweise, durch die Verurteilung. Abbasi: "Kann ich zu hundert Prozent dafür bürgen, dass es so war, wie wir es darstellen? Nein. Aber kann ich für irgendeine Szene in dem Film bürgen? Es ist ein Spielfilm."