Brauchte es wirklich eine Fortsetzung zum Blockbuster "Gladiator"? Aufgedrängt hat sie sich inhaltlich zumindest nicht. Am Ende von Ridley Scotts Monumentalstreifen aus dem Jahr 2000 befreit der von Russell Crowe verkörperte Protagonist Maximus im Kolosseum das römische Volk vom Despoten Commodus (Joaquin Phoenix) und fällt danach, selbst tödlich verwundet, in den Staub der Arena. Die letzte Station einer Heldenreise, die mit der Ermordung seiner Familie durch den skrupellosen Kaiser begonnen hatte.
Angesichts des Erfolgs - "Gladiator" spielte weltweit mehr als 450 Millionen Dollar ein und wurde mit fünf Oscars prämiert - stand der Gedanke an einen zweiten Teil schnell im Raum. So, wie es in Hollywood üblich ist, wenn ein Film die Kassen klingeln lässt und sich zu einem popkulturellen Phänomen entwickelt. Die Planungen kamen aber immer wieder ins Stocken. Vielleicht einfach deshalb, weil das Original eine "runde" Geschichte erzählt?
Allerdings gilt auch: Wer suchet, der findet! Fixpunkt des 24 Jahre später dann doch von Ridley Scott realisierten Nachfolgers ist die Figur des Lucius Verus, Sohn von Commodus' Schwester Lucilla (Connie Nielsen). Im "Gladiator"-Finale verspricht sie dem sterbenden Maximus, das Kind in Sicherheit zu bringen, wie es etwas schwammig heißt.
Original gibt Richtung vor
Was das konkret bedeutet, zeigt nun der zweite Film: Lucius muss Rom allein verlassen und gelangt auf Umwegen nach Numidien an der nordafrikanischen Küste. Dort heiratet er die Einheimische Arishat (Yuval Gonen). Alles scheint auf ein beschauliches Leben hinauslaufen. Doch das Schicksal und die Plot-Mechanismen des ersten Teils holen den erwachsen gewordenen Lucius (Paul Mescal) ein.
Wie sein großes Vorbild Maximus verliert er seine Ehefrau, dieses Mal im Kampf gegen das von General Acacius (Pedro Pascal) angeführte römische Eroberungsheer. Wie Maximus wird er versklavt. Und wie Maximus kommt er in eine Gladiatorenschule, kann sich irgendwann sogar im Kolosseum beweisen. Vor Augen hat er dabei ein Ziel: Rache an Acacius für Arishats Tod. Auch diesen Wunsch kennt man aus dem Original. In "Gladiator II" wird es allerdings etwas komplizierter, da ausgerechnet Lucius' Mutter Lucilla mit dem Soldaten liiert ist.
Und dann sind da noch die Zwillinge Caracalla (Fred Hechinger) und Geta (Joseph Quinn), die die Geschicke des Imperiums inzwischen lenken. Lucillas Vater Marcus Aurelius träumte einst von einem freien Rom, einer freien Republik. Unter der Herrschaft der beiden eitlen Brüder regieren jedoch bloß Dekadenz, Gewalt und Tyrannei.
Denzel Washington brilliert
Anders als der gar nicht mal so eindimensionale Schurkenkaiser im Vorgänger sind hier die Männer an der Spitze wandelnde Karikaturen. In Fred Hechingers und Joseph Quinns hemmungslos exaltierten Interpretationen wirken die Regenten wie aufgekratzte kleine Kinder. Dass sie viel zu platt gezeichnet sind, merkt man spätestens dann, wenn urplötzlich von brüderlichem Neid die Rede ist und dieser die Handlung in eine andere Richtung lenkt.
Unsauber arbeitet das von David Scarpa verfasste Drehbuch auch beim Charakterbogen des Protagonisten. In Lucius brodele eine ungeheure Wut, heißt es mehrfach. Eine Behauptung, die in solchen Momenten aber nicht immer greifbar wird. Überhaupt bleibt die emotionale Reise des Helden etwas diffus. An einer Stelle weist er seine Mutter, die ihn einst fortschickte, entschieden zurück. Kurz darauf steht jedoch Versöhnung auf dem Programm. Paul Mescal, der mit "Gladiator II" erstmals einen Blockbuster tragen muss, trifft dabei wenig Schuld. An Russell Crowes intensive Performance kommt der Ire zwar nicht heran. Ausreichend Entschlossenheit bringt er in seine Darbietung aber durchaus ein.
Das schillernde Zentrum des Films bildet indes ein anderer Schauspieler. Als reich gewordener Ex-Sklave, der eine Gladiatorenschule betreibt, überstrahlt Denzel Washington oft alles um ihn herum. In wallende Gewänder gekleidet und mit Goldschmuck behängt, schwebt er durch die Szenerie, hat sichtlich Spaß an seiner Rolle. Macrinus, so der Name des Mannes, fungiert als eine Art Mentor für Lucius, ist Spieler und Pragmatiker zugleich und versteht es, im Hintergrund die Strippen zu ziehen. Washingtons stets leicht amüsierter Gesichtsausdruck, seine etwas affektierte Gestik und der weiche Tonfall in der Originalfassung verleihen der Figur eine besondere Ausstrahlung, heben sie immer wieder aus dem Gewimmel heraus.
Zombie-Affen in der Arena
In den Dialogen und den gesponnenen Intrigen macht "Gladiator II", wie schon der Ursprungsfilm, eine politische Diskussion auf. Der autoritären Gewaltherrschaft der Brot-und-Spiele-Kaiser Caracalla und Geta stehen demokratische Bestrebungen gegenüber. Bezüge zur Gegenwart scheinen durch, fallen aber nicht groß ins Gewicht. Denn die Macher interessieren sich dann doch nur für das Spannungspotenzial und die blutigen Schocks, die sich aus dem Kräftemessen ergeben.
Warum Ridley Scott in Hollywood kontinuierlich große Budgets für historische Epen erhält, zeigt die Fortsetzung sehr deutlich. Der Regisseur von Werken wie "Königreich der Himmel" (2005) und "Napoleon" (2023) weiß genau, wie man wuchtige Bilder erschafft und Massenszenen arrangiert. Schon der Angriff auf die numidische Stadt zu Beginn hat es in sich. Auch die Kampfsequenzen in den antiken Amphitheatern bieten reichlich Action und Schauwerte. Digitale Effekte werden größtenteils gut in das Geschehen eingearbeitet. An einer Stelle übertreibt es Scott aber gewaltig. Dann nämlich, als Lucius sich in einer Provinzarena mit aggressiven, wie Zombies aussehenden Affen messen muss. Dass die grotesk anmutenden Tiere aus dem Computer stammen, ist allzu offensichtlich.
Überzeugender sind da die Momente, in denen ein berittenes Nashorn durch das Kolosseum hetzt oder eben dort eine Seeschlacht samt Haien nachgestellt wird. Einfälle wie diese und andere Extravaganzen unterstreichen übrigens, worauf es Ridley Scott wohl am meisten ankommt: "Gladiator II" will die antiken Verhältnisse nicht wahrheitsgetreu rekonstruieren, sondern das Publikum bestmöglich unterhalten. Substanzielles zu sagen hat sein Sequel sicher nicht. Als Popcornspektakel macht es trotz vieler recycelter Elemente aber eine ganz ordentliche Figur.