"Du musst im Grunde dein Leben opfern", sagt die Stimme aus dem Off. Es ist fürwahr ein harter Weg, um einer der besten Gamer der Welt zu sein. Die ARD-Dokumentation "Spiel um Millionen - The International" (Regie: Tim Schreder), die am 21. August um 23.05 Uhr gezeigt wird und in der Mediathek abrufbar ist, begleitet zwei deutsche "Dota 2"-Profis auf dem Weg bis zum größten E-Sports-Turnier der Welt, wo den Sieger-Teams Preisgelder in Millionenhöhe winken.
Bei "Dota 2" treten - vereinfacht ausgedrückt - Teams aus fünf Charakteren mit individuellen Spezialfähigkeiten gegeneinander an, um die gegnerische Basis zu zerstören. Unterwegs gilt es, Monster aus dem Weg zu räumen und eigene Skills auszubauen. Das Kürzel des Echtzeit-Online-Strategiespiels steht übrigens für "Defense of the Ancients" und war ursprünglich eine "Warcraft 3"-Mod, die Steam-Betreiber Valve professionalisierte.
In den vergangenen Jahren ist "The International" marketingträchtig um die Welt gereist und machte 2023 wieder Station am Ausgangspunkt in Seattle, der Heimat des Erfinders. Zigtausende waren in Seattle selbst, Millionen weltweit per Streaming-Diensten dabei.
Die Doku konzentriert sich vor allem auf die Persönlichkeiten zweier Spieler - Daniel aus München und Leon aus Wiesbaden. Leon Kirilin, aka "Nine" vom Team Tundra, hat es 2022 schon mal geschafft, er gewann als zweiter Deutscher überhaupt erst mit seinem Team beim "International" rund 18 Millionen Dollar Preisgeld. Dennoch ist er skeptisch gegenüber seinem Werdegang und der Welt der Progamer geblieben. Es sei "einfacher gewesen, als ich gedacht hab'", so berichtet er. Nur die plötzliche große Zahl auf seinem Konto habe ihm ein wenig Angst gemacht, ansonsten habe sich sein Leben nicht verändert.
Wir waren zu gierig!
Ohnehin sei es gefährlich, sich nur am großen Ziel zu orientieren, behauptet der nachdenkliche Leon. Wichtiger seien der Weg, das Abenteuer, vor allem aber die Disziplin, die das Strategiespiel mit täglich 16- bis 18-stündigem Training am Computer verlangt. Allerdings habe ihm das Spiel auch aus Depressionen herausgeholfen.
Weniger nachdenklich zeigt sich der Münchner Daniel, der "Dota 2" und sein Weltturnier als "das Größte, was es gibt" feiert, sich aber beim Endspiel in Seattle die Rügen seines Mannschaftskapitäns gefallen lassen muss. "Wir waren zu gierig. Wir haben nicht als Team gespielt!", heißt es in der auf ihn bezogenen Manöverkritik.
Da gelingt es dem Film, der sich ansonsten häufig wie eine Werbe-Doku ausnimmt, einmal ganz nahe an den Spielern dran zu sein. Der Wettkampf selbst ist meist nur in oberflächlichen Video-Screenshots eingeblendet. Eindrucksvoll sind hingegen die Strapazen und Fährnisse, die Leon und Daniel seit der Schulzeit auf sich nahmen. Der Entschluss, Profi-Gamer zu werden, fiel beiden nicht leicht. Es galt, die Schule zu verlassen, die Familien zu überzeugen. Schließlich ist ein Straucheln geradezu vorprogrammiert. Die Niederlage bedeutet im Zweifelsfall auch den Verlust der eigenen Lebenswirklichkeit.
Leon spiele "Dota 2" nur noch als Hobby, heißt es im Abspann des Films, der im Vorfeld von "The International 2024" (4. bis 15. September) gezeigt wird. Angebote von neuen Teams lehne er ab. Er sei nun auf der Suche nach neuen Zielen. Daniel, offensichtlich sonnigeren Gemüts, zieht nach den Turnierstrapazen ein positiveres Fazit. Die Reisen um die Welt, eine neue Freundin aus dem "Dota"-Stab sieht er positiv. Auch er hat sich von seinem Team getrennt. Er ist aber nun auf der Suche nach einem neuen.