Erzgebirge. Die Bürgermeister des Erzgebirgskreises hatten heute Gelegenheit per Videokonferenz mit Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer ins Gespräch zu kommen.
Corona-Schutzverordnung in der Diskussion
Im Vorfeld hatte es einen 17-seitigen Brief der kommunalen Vertreter gegeben. Inhaltlich werden darin vordergründig die Corona-Schutzverordnung sowie die Test- und Impfstrategie angesprochen. Alexander Troll, Bürgermeister von Lößnitz und Vorsitzender des Kreisverbandes Erzgebirge des Sächsischen Städte- und Gemeindetages (SSG) erklärt dazu: "Wir merken, dass es immer schwieriger wird Dinge zu erklären und die Leute mitzunehmen. Es ist immer weniger Akzeptanz da. Wir müssen einen gemeinsamen Weg finden."
Ministerpräsident Kretschmer: "Die Inzidenz ist nicht der alleinige Maßstab"
Mit der Frage, wie die Strategie seitens der Regierung aussieht, hat Troll das Wort an Michael Kretschmer gegeben: "Es droht, das Deutschland diesen sehr wissenschaftsbasierten Weg im Umgang mit der Pandemie verlässt, weil wir spüren, dass die Bevölkerung die Kraft verliert und weil man den starken Wunsch aus der Unternehmerschaft hat, es muss endlich wieder mehr gehen. Es ist verständlich auf der einen Seite und auf der anderen Seite möglicherweise komplett falsch, weil diese Pandemie und das Virus sich nicht durch politische Beschlüsse beeinflussen lässt. Es ist eine Krankheit und mit der muss man umgehen." In Sachsen halte man 1300 Krankenhausbetten für Covid-19-Patienten bereit. "Die Inzidenz ist nicht der alleinige Maßstab. Wir müssen sie in den Kontext setzen mit der Krankenhausbelegung. Da sehen wir einen Anstieg, der uns in den kommenden zwei Wochen in die Situation bringt, dass gerade in der Region Westsachen die 500 Betten, die da zur Verfügung stehen, gefüllt werden", so Kretschmer.
Schnelltest-System ist eine Chance
Man müsse nicht in Panik verfallen und alles von heute auf morgen wieder zurückfahren. "Wir haben etwas Zeit, um Dinge vorzubereiten. Es gibt auch Wege aus einer schwierigen Situation, nichts ist alternativlos", so der Ministerpräsident: "Mit dem Instrumentenkasten, den wir bisher haben, wird es nicht vorwärts gehen. Das Beste wäre Impfen, aber das ist von den Pharmafirmen abhängig und wir können es nur begrenzt mit beeinflussen. Was wir in der Hand haben ist, dass wir weg von unsicheren Kontakten hin zu sicheren Kontakten kommen." Kretschmer setzt auf Testungen. "Wenn wir mit dem Schnelltest-System arbeiten, haben wir eine Chance, das hinzubekommen." Was offene Schulen und Kindergärten angeht, so müsse man sich die Situation genau anschauen. Am Donnerstag soll eine Entscheidung fallen. Fakt ist, getestet wird auch in diesen Einrichtungen. Für die älteren Schüler und Lehrer einmal in der Woche und vermutlich nach Ostern zweimal die Woche. Und nach Osten, so Kretschmer müsse man in Kindergärten und Grundschulen ähnlich handeln. Das ist schwierig, weil die Tests für Kinder nicht zugelassen sind, dennoch müsse man eine Lösung finden. Das ganze Thema Testen wolle man versuchen massiv auszubauen. Es müsse in jeder Gemeinde einen Ort geben, wo man sich kostenlos testen lassen kann. Das wäre dann auch eine Lösung für körpernahe Dienstleistungen, für Fitnessstudios und Ähnliches und möglicherweise auch fürs Einkaufen.
Unbeschwerter Sommer 2021?
"Wenn wir wollen, dass der Sommer 2021 genauso unbeschwert wird, wie der Sommer 2020, dann stellen wir jetzt die Weichen dafür", so der Ministerpräsident. Marco Wanderwitz, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Energie sagt: "Bei allen Schwierigkeiten rund um das Thema Impfen haben wir das helle Licht am Ende des Tunnels vor Augen. Wir gehen davon aus, dass wir im Sommer zwischen Juni und September jedem ein Impfangebot machen können. Wir werden uns in diesem Jahr aus der Problematik herausimpfen können. Das ist sichergestellt." Wie Ministerpräsident Michael Kretschmer sagt, wolle man mit dem Impfen ab April in die Arztpraxen und zu den Betriebsärzten gehen.
Oberbürgermeister Schmidt: "Insgesamt gibt die Politik aktuell kein gutes Bild ab"
Rolf Schmidt, der Oberbürgermeister von Annaberg-Buchholz sagt: "Insgesamt gibt die Politik aktuell kein gutes Bild ab. Wir führen einfach zu viele Diskussionen. Das man nach wissenschaftlichen Erkenntnissen geht ist richtig, aber es gibt nicht nur die Wissenschaftler und Virologen, es gibt auch Sozialwissenschaftler und Psychologen. Die Balance fehlt im Moment. Wir entscheiden ausschließlich nach Inzidenzen und Virusentwicklung und nach Krankenhausbelegung, was teilweise richtig ist, aber keiner fragt, was macht das Ganze mit den Kindern, Eltern und der gesamten Bürgerschaft? Dort fehlt mir die Balance zu den Maßnahmen, die wir treffen. Das ist der Grund, warum die Menschen vieles nicht mehr verstehen und wir als Bürgermeister sind diejenigen, die an der Basis übersetzen müssen." Im Gespräch sind viele Dinge angesprochen worden und dennoch sind viele Fragen noch offen. Es soll in dem Zusammenhang einen weiteren Termin für eine Videokonferenz geben.
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