Zschopau. Am 11. März wäre Hermann Weber, DKW-Chefkonstrukteur und Rennfahrer mit Leib und Seele, 125 Jahre alt geworden. Der Ingenieur ist der Vater des Reichsfahrtmodels, seine Einstiegarbeit 1921 bei DKW Zschopau, und der legendären RT, ein solides und robustes Motorrad, das 19 Jahre später Webers Meisterstück wurde. Die RT125 löste die RT100 ab, die ab 1934 produzierte wurde. Mit der Entwicklung des hubraumstärkeren Modells, gleichzeitig das letzte Werk Webers, hatte sich der Wahl-Zschopauer selber zu Lebzeiten ein Denkmal gesetzt.
Weber konstruierte Motorräder
Man schrieb das Jahr 1921, als es den jungen Ingenieur, der gerade sein Maschinenbaustudium in seinem Geburtsort Chemnitz erfolgreich abgeschlossen hatte, nach Zschopau zog, wo er in der Maschinenfabrik J.S. Rasmussen die Nachfolge von Oberingenieur Hugo Ruppe antrat. Letzterer hatte zwei Jahre zuvor einem Spielzeugmotor unter der Bezeichnung "Des Knaben Wunsch" und einem Fahrrad mit Hilfsmotor unter dem Namen "Das kleine Wunder" zur Serienreife verholfen. Jene drei Anfangsbuchstaben für die Verkaufsschlager wurden schon bald zum offiziellen Firmenlogo DKW. Hugo Ruppe hatte zudem einen Ladepumpenmotor entwickelt, konnte sich aber damit in beim Firmengründer Jørgen Skafte Rasmussen nicht durchsetzen, da er das Projekt für zu kostspielig befand. Im Dissens mit Rasmussen kehrte er Zschopau den Rücken, um in Berlin mit Bekamo seine eigene Firma zu gründen.
Voller Elan und Zielstrebigkeit
Der Kopf voller Ideen und mit Elan und Zielstrebigkeit trat Weber Anfang April in die Fußstapfen seines Vorgängers aus Apolda. Seine erste Aufgabe bestand darin, das sogenannte Reichfahrtmodell auf die Räder zu stellen. Namensgeber war hier die ADAC Reichsfahrt, die im Herbst jenes Jahres, als das Modell noch in den Kinderschuhen steckte, ins Leben gerufen wurde.
Weitere Arbeiten von Weber
Doch Hermann Weber konstruierte nicht nur Motoren, Fahrgestelle usw. am Reißbrett, er testete auch die Prototypen selbst. Hier fand er mit dem Zschopauer Urgestein und späteren DKW-Versuchsleiter Johannes "Hans" Sprung jemandem, der auf der gleichen Wellenlänge mit ihm lag. Beide waren nicht nur beruflich verbunden, sondern auch privat enge Freunde. Zusammen waren sie auch bei Radrennen unterwegs, gewannen erste Lorbeerkränze. Nachdem 1922 die Produktion des Reichfahrtmodells angelaufen war, waren im selben Jahr beide auch Protagonisten bei der Reichsfahrt über 5 Tage am 3. Oktober von Leipzig nach Berlin und über rund 850 Kilometer. Hermann Weber gewann mit dem modifizierten Reichsfahrtmodell mit den meisten Gutpunkten. Im Folgejahr gewann er bei der Fahrt quer durch Deutschland erneut den 1. Preis in der Motorrad-Kategorie. Nachdem der Oberingenieur bis 1925 bereits eine Reihe von 1. Preisen im Motorradrennsport im In- und Ausland abgeräumt hatte, wurde er Deutscher Meister in der 175er Klasse. Jenes Jahr war auch das Geburtsjahr der Rennabteilung im Zschopauer DKW-Werk zunächst unter der Ägide von Hermann Weber. Da er aber bereits ausgelastet war, wurde ein Jahr später August Prüssing, dazu berufen, die Leitung zu übernehmen.
Auf Drängen des Firmengründers Jørgen Skafte Rasmussen sollte der Rennfahrer Hermann Weber den Helm an den Nagel hängen, denn er war für ihn als Konstrukteur längst unentbehrlich geworden. Doch der Wahl-Zschopauer wollte sich vom Rennsport nicht gänzlich abwenden. Es wurde gemunkelt, er sei anschließend auch unter einem Pseudonym gestartet, um seine Leidenschaft auszuleben. Er soll sich auch gegen den ausdrücklichen Willen Rasmussens, der ausschließlich Zweitakter produzieren wollte, Viertaktern gewidmet haben. Nach Zeitzeugenberichten soll er dem Kölner Erich Pätzold nach dessen Sieg beim Marienberger Dreieckrennen 1925 die 600er Imperia kurzerhand vor Ort abgekauft haben, um hinter das Geheimnis des schnellen Viertakters zu kommen. Es war auch Inspiration für die weiteren Zweitakt-Modelle, die unter anderem seine Handschrift trugen. Die Marke DKW erlangte mit einer umfassenden Modellpalette Weltruhm und war Ende der 1920er Jahre größter Motorradproduzent der Welt.
Sein Meisterstück: die RT125
Den Helm aber legte Hermann Weber derweil nicht beiseite, vielmehr wurde er 1930 in der Sportwagenklasse Meister. Gut 8 Jahre nach seinem letzten Titel lieferte Hermann Weber mit der legendären RT125, die zwei Jahre später in Serie ging, sein Meisterstück ab. Doch sie lief nicht lange vom Band, denn in Ermangelung an Material während der Kriegsjahre kam die Produktion zum Erliegen. 1950 nahm der Produktionsprozess langsam wieder Fahrt auf und schon bald avancierte die RT zum meistkopierten Motorrad der Welt.
Doch Hermann Weber selbst erlebte den Siegeszug des Motorrades nicht mehr. Nur wenige Wochen nach Kriegsende wurde er mit anderen DKW-Ingenieuren von der russischen Siegermacht zum Wiederaufbau der in Zschopau demontierten Werksanlagen in die russische Stadt Ischewsk verbracht. Für die dortige Motorradindustrie leistete er Pionierarbeit. Doch er bezahlte dafür einen hohen Preis, er sollte seine Familie in der Heimat nie mehr wiedersehen. In der Fremde erlag er am 23. Februar 1948 einer schweren Krankheit. Hermann Weber hinterließ in Zschopau seine Frau Hildegard, die er 1927 geheiratet hatte, seine zwei Söhne und seine drei Töchter. Die jüngste unter ihnen war zum Zeitpunkt, als er Zschopau verließ, drei Jahre alt. Sie hatte ihren Vater nie richtig kennengelernt.
Sein Fortwirken
Im kommenden Jahr jährt sich der Start der Motoradproduktion in Zschopau zum 100. Mal. Der Konstrukteur und viele Nichtgenannte, die die Stadt Zschopau in der Welt bekannt machten, soll dann in gebührendem Rahmen gewürdigt werden. Ohne das Engagement der Mitarbeiter, das weit über die Arbeitszeit hinaus ging, hätte es die Marke DKW niemals zu Weltruhm gebracht. Ihr Vermächtnis wird noch heute unter anderem von DKW-Freunden in der ganzen Welt fortgeführt.
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