Das DFB-Sportgericht hat Clemens Fandrich für sieben Monate gesperrt. Ist dies gerechtfertigt oder nicht? Darüber wird seit Bekanntwerden des Urteils heftig diskutiert. Bitte nicht falsch verstehen: Sollte Fandrich tatsächlich absichtlich dem Assistenten ins Gesicht gespuckt haben, ist diese Strafe in jedem Fall gerechtfertigt. Selbst mit lila-weißer Brille sollte man das so sehen, denn dann handelt es sich um eine Tätlichkeit und nicht um eine Unsportlichkeit. Bei Tätlichkeiten gegenüber Schiedsrichtern oder deren Assistenten drohen dem Spieler in jedem Fall mindestens sechs Monate bis zu zwei Jahre Sperre. Damit wäre das DFB-Sportgericht sogar im unteren Bereich des Strafmaßes geblieben. Damit wäre auch die Aussage, dass das Sportgericht bei der Bemessung der Sperre Fandrichs untadeliges Verhalten in zwölf Jahren Profifußball berücksichtigt habe, nachvollziehbar und richtig.
War es wirklich Absicht?
Doch vielen Beobachtern stellt sich eine ganz andere Frage: War das Spucken wirklich Absicht und Vorsatz oder entstand es im Rahmen des lautstarken Protests? Laut FCE-Vorstandsmitglied und Rechtsanwalt Kay Werner hat selbst Roman Potemkin, der betroffene Linienrichter, in seiner Zeugenaussage zum Ausdruck gebracht, dass es in einem direkten Zusammenhang mit dem Sprechen und dem Reklamieren von Fandrich stand. Zudem soll es Zeugenaussagen geben, die Fanne eindeutig entlasten. Trotzdem ist das Gericht der festen Überzeugung, dass der Bewegungsablauf in besagter Szene die Darstellung des Schiedsrichter-Assistenten stützt.
Riesenaufschrei im Erzgebirge
Durchs Erzgebirge ging nach Bekanntwerden des Urteils ein riesiger Aufschrei. Denn eins steht fest, bleibt es dabei: Bedeutet diese Entscheidung für den 30-jährigen Mittelfeldspieler das vorzeitige Saisonaus. Von einem Hammer-Urteil oder auch einer Megastrafe schreiben Journalisten und die Fangemeinschaft der Lila-Weißen stellt sich fast geschlossen hinter ihren Spieler. So fordert ein Fanclub beispielsweise "Wir sind Clemens Fandrich. Gerechtigkeit für Fanne!" Dass dabei vermeintlich ähnliche Urteile zitiert werden, beispielsweise jenes gegen Borussia Mönchengladbachs Marcus Thuram (2020, sechs Spiele gesperrt) und das gegen Dynamos Aias Aosman (2015, vier Spiele gesperrt), ist emotional durchaus nachvollziehbar, aber sachlich falsch. In beiden Fällen war ein Gegenspieler Ziel der Spuck-Attacke und eben nicht der Schiedsrichter, dem im Spiel als Unparteiischer eine Sonderrolle zukommt.
Verein prüft Rechtsmittel
FC Erzgebirge Aue wird weitere Rechtsmittel prüfen. Sicherlich auch, weil er wie viele andere auch der festen Überzeugung ist, dass kein Vorsatz vorlag und damit eine Tätlichkeit auszuschließen ist. Wie vor anderen Gerichten auch, sollte der Grundsatz gelten: Im Zweifel für den Angeklagten.