Erzgebirge. Viele, doch vor allem auch die Stadtoberhäupter, machen sich zurzeit Gedanken um den gesellschaftlichen Zusammenhalt im Erzgebirge. Zu dieser Problematik haben sich die Bürgermeister und Bürgermeisterin Wolfram Liebing aus Wolkenstein, Silke Franzl aus Ehrenfriedersdorf und Harald Wendler aus Geyer zusammengeschlossen und ein gemeinsames Schreiben verfasst. Als Impuls ohne Ausgrenzung und als Reaktion auf die Spaltung wollen sie die Bürger und Bürgerinnen des Erzgebirges erreichen. Dazu erklärt Wolfram Liebing: "Es geht einfach um Toleranz auf allen Seiten. Der soziale Frieden hängt immer schiefer und wir müssen bedenken, dass wir ja auch nach Corona noch hier zusammen leben wollen. Es hat sich so viel aufgestaut und viele sind unzufrieden. Wir möchten allen sagen: Holt mal Luft. Unsere Intension ist, dass wir unser Zusammenleben nicht aufs Spiel setzen dürfen."
Ein Schreiben mit Ansage
"Wir drei Bürgermeister des Erzgebirges sind für Sie alle in den Rathäusern tätig, wie alle unsere Amtskolleginnen und Amtskollegen im Erzgebirge. Viele Entscheidungen der letzten zwei Jahre haben wir, wie Sie, aus den Medien erfahren. Dies ist eine Tatsache. Eine andere Tatsache liegt jedoch in der Neuheit vieler Ereignisse. Das Meckern geht schnell. Wenn eine Person Verantwortung trägt, liegt eine andere Last auf ihr. Einige scheinbar Unfehlbare, die jetzt hier zu Experten geworden sind, sollten in aller Ruhe mit ihrem Spiegelbild in einen Dialog treten. Wer sich jetzt leichtfertig Diktaturen wünscht, scheint im Geschichtsunterricht viel gefehlt zu haben. Wir alle waren auf die neuen Medien ungenügend vorbereitet. Plötzlich können wir behaupten, im Erzgebirge gibt es nachts kleine Saurier. Es wird ganz schnell Menschen geben, die sie gesehen haben werden. Über das Internet ist diese Meldung in einer Stunde um die Welt. Wenn so eine Falschmeldung gut aufbereitet ist, dürften an Australiens Stammtischen über Saurier im Erzgebirge diskutiert werden. Wir drei Bürgermeister möchten an dieser Stelle, mit Unterstützung unserer Amtskolleginnen und Amtskollegen, allen gegenüber unser Mitgefühl ausdrücken, die Angehörige durch Covid 19 verloren haben. Allen, die an Spätfolgen leiden, wünschen wir gute Besserung. Wir entschuldigen uns bei unseren Kindern und Jugendlichen, denen wir als Gesellschaft ein Stück Kindheit und Jugend geraubt haben. Wir bedanken uns bei allen, die beruflich mit der Mehrbelastung leben müssen, die die Gesellschaft auf sie gelegt hat. Theatralische Balkonklatschveranstaltungen lehnen wir als geschmacklos ab."
Wir sind für Sie alle da
"Alle Bürgermeisterinnen und Bürgermeister sind für Sie Alle da: die Geimpften, die Kranken, die Genesenen und die nicht Geimpften. Wir möchten jedoch auch gemeinsam nach der Pandemie mit vielen an Abenden zusammensitzen und einfach uns unseres Lebens in den kleineren Gemeinschaften erfreuen. Wir möchten zusammen mit Ihnen/Euch ein Glas Saft, Wein, Bier trinken und solche Abende genießen. Wir alle haben verschiedenen Ansichten zur Musik, zu Büchern, zur Kleidung, zur Frisur, zu ganz vielen Kleinigkeiten des täglichen Lebens und trotzdem haben wir zusammen gefeiert, sind zusammen geklettert, Rad gefahren, sind gereist, haben zusammen getanzt und wollen dies bald wieder leben. Wir bitten alle, lassen wir uns nicht von außen spalten. Unsere Häuser stehen in den Orten. Wir leben in ihnen. Wir leben hier.
Für eine gemeinsame Zukunft weiterhin in der Heimat!"
Wolfram Liebing, Silke Franzl, Harald Wendler
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