Vom MotoGP-Fan zum Helfer: Einblick in die Arbeit auf dem Sachsenring

Selinas Einblick Vom 5. bis 7. Juli findet wieder der Grand Prix auf dem Sachsenring statt

Selinas Einblick
Hohenstein-Ernstthal. 

"Sachsenring, Heimat der Leidenschaft. Heimat der MotoGP. Heimat der Fans", so präsentiert ein Imagevideo von "So geht Sächsisch" die kleine Rennstrecke im Herzen von Hohenstein-Ernstthal, die auch im Jahr 2024 wieder Teil der MotoGP-Rennserie sein darf. Vom 5. bis 7. Juli pilgern wieder über 200.000 Fans auf den Ring, um den Motorsport hautnah miterleben zu dürfen und mittendrin bin ich.

Fan von klein auf

Ich war vier oder fünf Jahre alt, als ich mein erstes MotoGP-Rennen im Fernsehen gesehen habe. Damals waren mir die schnellen Motorräder, die Runde um Runde über den Bildschirm flimmerten, ziemlich egal. Hauptsache, ich hatte eine Ablenkung und musste keinen Mittagsschlaf halten. Mit steigendem Alter wuchs meine Begeisterung für den Sport und ich wurde hauptsächlich Fan von der Nummer 46, aber auch von vielen anderen Fahrern. Ich verfolgte Rennen, recherchierte die Ergebnisse, sah Dokumentationen und las Bücher, um den Sport so nah wie möglich zu sein.

Das erste Mal: MotoGP auf dem Ring

Meine kleine Passion führte mich auch zu verschiedenen Events auf den Ring, unter anderem zu den Sachsenring Classics. Aber mein Traum, das erste Mal richtig bei der MotoGP dabei zu sein, erfüllte sich erst 2022. Es war Zufall, dass ich im Mai 2022 einen Flyer sah, auf dem die Organisatoren vom Sachsenring nach Helfern suchten. Für mich stand sofort fest, dass ich mich anmelden würde. Was mir in diesem Moment noch nicht klar gewesen war: Das große Event fand schon in zwei Wochen statt! "Die Chancen, noch eine Antwort zu erhalten, stehen schlecht", dachte ich und bekam überraschenderweise, bereits am selben Nachmittag eine Nachricht zurück, dass ich von Freitag bis Sonntag als Tribünenhelferin eingesetzt werden könnte.

Tagesablauf

Wie ich als Tribünenhelferin zu arbeiten, bedeutet, von Freitag bis Sonntag je 12 Stunden auf den Beinen zu sein. Mein Tag beginnt 7 Uhr auf der Tribüne, die mir im Vorfeld zugewiesen worden ist. Dort ist es meine Aufgabe, die Tickets der Besucher zu überprüfen, als Ansprechpartner zu dienen und bei Fragen entsprechend Hilfe zu leisten. In der Regel ist meine Schicht vorbei, wenn sich keine Personen mehr auf der Tribüne befinden. Meistens werden wir nach Ermessen unserer Vorgesetzten entlassen und müssen nicht auf den letzten Besucher warten. In den Morgenstunden, bevor die ersten Fans kommen, bin ich damit beschäftigt, die Tribüne auf Sauberkeit zu überprüfen. Kleine Schäden reparieren wir selbst. Größere müssen gemeldet werden. Die Zeit, bevor das große Treiben losgeht, ist für mich das Highlight. Ich genieße die Stille, beobachte den Sonnenaufgang über dem Ankerberg und freue mich auf den Tag.

Vom Fan zum Helfer

Um so ein großes Event wie den German GP auf dem Sachsenring stemmen zu können, braucht es jedes Jahr 800 freiwillige Helfer, die Leidenschaft für den Sport empfinden und ein ganzes Wochenende, manchmal sogar ein paar Tage mehr, opfern, um den Ring zu unterstützen und den Grand Prix wahrzumachen. Bereits in meinem ersten Jahr habe ich gemerkt, dass wir gnadenlos unterbesetzt sind. Es gab gerade genug Tribünenhelfer, um jeden Aufgang zu besetzen und letztes Jahr mussten wir sogar einen absperren, weil wir nicht genug Leute waren. Trotzdem oder vielleicht gerade deshalb ist das Team um mich herum wirklich stark und eng miteinanderverknüpft. 2022 lernte ich viele tolle Menschen kennen, manche ebenso neu wie ich, andere schon alt eingesessen. Zu vielen der Helfer habe ich nach zwei Jahren immer noch Kontakt und wir werden uns auch dieses Jahr wieder treffen und zusammen ein unvergleichliches Wochenende erleben.

Doch was macht die drei Tage auf dem Sachsenring eigentlich so unbeschreiblich?

Zum einen die Menschen. Ausnahmslos alle Helfer, die ich getroffen habe, waren freundlich, hilfsbereit und voller Leidenschaft für den Sport. Obwohl die meisten bereits in den frühen Morgenstunden aufstehen und wir 12-Stunden-Schichten pro Tag schieben, sind wir voller kribbelnder Energie und warten gespannt auf die Rennen, die Stimmung und die Fans.

Heimat der Fans

Da kommen wir schon zum zweiten Punkt: Die Fans. Zugegeben, das erste Jahr hatte ich Angst davor, wie es sein würde, so vielen Menschen zu begegnen, mit ihnen teilweise andere Sprachen zu sprechen, als Ansprechpartner Fragen zu klären und Hilfe zu leisten. Ich dachte an meine Tage als Aushilfe im Supermarkt zurück und wie unfreundlich sich Menschen im Alltag benahmen und bekam ein wenig Panik. Zum Glück habe ich keinen Besucher getroffen, der sich mir gegenüber unhöflich verhielt. Die meisten bringen Spaß, gute Laune und eine große Portion Humor mit.

Hilfsbereitschaft ist ein großes Thema

2022 waren auf dem Ring über 30 Grad Celsius im Schatten. Man sah nur rote Haut, Schweißflecken und enormen Bierkonsum. Als ich nicht mehr wusste, wohin mit mir in dieser Hitze, brachten mir Fans kalte Getränke und nasse Handtücher, um mich ein wenig zu kühlen. Auch letztes Jahr wurde mir eine Limonade und sogar eine kleine Mahlzeit ausgegeben. Hilfsbereitschaft wird auf dem Ring großgeschrieben. Dabei ist es vollkommen egal, ob man eine Frau, ein Mann oder ein Fan von einem gegnerischen Fahrer ist. Wird Hilfe gebraucht, ist Hilfe da. Das erleben zu dürfen hat mich wieder gelehrt, an das Gute im Menschen zu glauben.

Unvergleichliche Stimmung

Das führt uns zu Punkt drei: Die Stimmung. Die 3,7 Kilometer lange Strecke erlebte im vergangenen Jahr mit 233.196 Besuchern einen absoluten Rekord. Für alle, die noch nicht während des Grand Prix auf dem Ring gewesen sind, ist die Atmosphäre unvorstellbar. Tausende Menschen teilen untereinander Geschichten aus alten Zeiten, Erlebnisse auf dem Sachsenring und Erfahrungen mit dem Sport. Wenn es auch manchmal zu Unstimmigkeiten, zwecks der Teams und Fahrer kommen kann, sind am Ende doch alle friedlich, wenn die Motoren starten und das Rennen beginnt. Diese Stimmung vermischt sich zu einem Hochgefühl aus Spannung, Vorfreude und (zugegeben) dem Geschmack von Bier und lässt mich mit Gänsehaut und einem Lächeln im Gesicht zurück.

Wetterkapriolen

Die Tickets sind gekauft, die Route festgelegt, die Taschen gepackt und eine Unterkunft gemietet, doch was sich nicht planen lässt, ist das Wetter. Während 2022 alle reihenweise verbrannt sind, war ich letztes Jahr damit beschäftigt, mich abwechselnd vor Regenschauern und Sonnenstrahlen zu schützen. Hilfreich ist es, eine Ausrüstung parat zu haben, die im schlimmsten Fall vor allen Wetterextremen schützt. Meine Tipps hierzu wären: Sonnencreme, Basecap, ausreichend Wasserflaschen, Regenschirme oder -jacken und im Zweifelsfall der Zwiebelschalen-Look. Auch eine Plastiktüte für den Rucksack hat sich bewährt.

Negative Erfahrungen

Natürlich ist nicht immer alles Friede, Freude, Eierkuchen. Und nicht nur das Wetter kann einem ganz schön den Tag vermiesen, sondern auch einzelne Personen können unangenehm sein. Aufgrund der enormen Hitze im Jahr 2022 und dem unaufhörlichen Konsum von Bier, kam es zu kleineren Zwischenfällen, die natürlich für Stress und Ärger sorgten. Ziehe ich meine Bilanz aus den letzten Jahren, kann ich aber sagen, dass die unvergesslichen Erinnerungen und Erfahrungen, die ich sammeln durfte, überwiegen. Deshalb bin ich sehr gespannt, was der Ring dieses Jahr Tolles für mich bereit hält.

Bis bald

Ich freue mich auf meinen dritten Grand Prix als Teil der Sachsenring-Familie, auf das Wiedersehen mit den anderen Helfern und auf den Blick von meiner Tribüne auf die Strecke, die Rennen und auf über 200.000 Fans, die den Sachsenring zu meinem persönlichen Highlight machen. Vielleicht sehen wir uns da. Bis bald, auf dem Sachsenring.



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