Am 1. Juni trat endlich ein langersehntes Entlastungspaket der Bundesregierung in Kraft: das 9-Euro-Ticket, welches der Bevölkerung ermöglicht, für insgesamt 27 Euro die nächsten drei Monate den öffentlichen Nahverkehr nutzen zu können.
Im Hinblick auf das lange Pfingstwochenende haben sich viele Bürgerinnen und Bürger daher auf ein paar ruhige Urlaubstage gefreut, warum nicht also gleich das Ticket benutzen und für einen Moment dem ganzen Alltagsstress entfliehen? Klingt doch nach einem guten Plan, oder?
Dem Touristenansturm nicht gewachsen
An Ruhe und Entspannung dachte sicherlich auch der ÖPNV, doch Fehlanzeige. Die Bahnhöfe platzen aus allen Nähten, überall Menschen, die am Gleis auf ihren Koffern sitzen und sehnsuchtsvoll auf ihren Zug warten. Doch da diese teilweise so überfüllt sind, heißt es hier oftmals, dass die Kapazitäten erreicht sind und man bitte auf den nächsten Zug warten müsse. Eine absolute Katastrophe für viele Urlauber, denn der nächste Zug ist auch meist schon komplett überfüllt und verspätet sich dazu oftmals noch. Wer hier aussteigen, umsteigen oder einfach nur einsteigen möchte, hat keine Chance. Tausende Menschen blockieren Bahnsteige und Aufgänge. Ein Durchkommen ist nicht möglich.
Immer wieder hört man zwischen den genervten Reisenden Kritik am System des deutschen Bahnnetzes und es stellt sich überall die Frage: warum hat man nicht vorher Maßnahmen ergriffen, um mit der Flut an Menschen umzugehen? Wieso fahren nicht mehr Züge? Hat die Regierung etwas theoretisch beschlossen, was praktisch nicht umsetzbar ist?
Unzufriedenheit mit dieser Lösung zeigt sich auch bei den Ländern. Diese beschweren sich bei der Regierung, auf den Kosten sitzen zu bleiben, da durch das günstige Ticket die Umsätze für den normalen Ticketverkauf einbrechen. Dazu kommen die hohen Preise für den Treibstoff, den Züge, Busse und Bahnen benötigen. Woher das Geld also nehmen?
Hohe Kosten für Treibstoff, Personalmangel, Unzufriedenheit und ein in den ländlichen Regionen schlecht ausgebautes Bahnnetz sind damit die perfekten Zutaten für ein Nahverkehr-Chaos.
Chaos auf Sylt
Wer es dann doch in den Zug geschafft hat und voller Vorfreude die Ankunft erwartet, wird mit weiteren Menschenmengen und Problemen konfrontiert. Besonders schlimm betroffen ist die Urlaubsinsel Sylt. Schon vor dem Inkrafttreten des 9-Euro-Tickets wurde eine Flutwelle an Menschen befürchtet, die das deutsche Traumurlaubsziel ins Chaos stürzen könnte. Doch mit einem solchen Ausmaß hat niemand gerechnet.
Sogenannte "Billigtouristen" stürmen die Insel und bringen die dort vorherrschende Ordnung durcheinander. Da, wo Alkohol eigentlich verboten ist und die Urlauberinnen und Urlauber einen ruhigen Platz zum Entspannen finden sollten, werden Mannschaften für das Trinkspiel "Flunky Ball" gebildet und nicht nur das: an den Sandstränden befindet sich plötzlich ein Lager aus Schlafsäcken und Bierkästen.
Ein Großteil der Urlauber scheint über die spontane Reiselust ihrer Mitmenschen nicht sonderlich erfreut zu sein, doch gegen alle Befürchtungen verlaufen die Nächte ruhig. Die örtliche Polizei spricht davon, dass es bis auf wenige Ruhestörungen keine Beschwerden oder Probleme gegeben hat.
Schuld sind nicht die Urlauber
Aber mal ganz ehrlich: Die Ursache für das Chaos ist ganz bestimmt nicht die plötzliche Reiselust der Bevölkerung, sondern Deutschlands Fehler, unvorbereitet auf den Touristenansturm zu sein. Also seid bitte nicht auf eure Mitmenschen sauer, die genauso Urlaub und Entspannung verdient haben wie ihr, sondern hinterfragt mal die Methoden der Deutschen Bahn. Da ist nämlich einiges ausbaufähig und ich meine hier nicht nur das ländliche Verkehrsnetz.