In der Dresdner Innenstadt kam es am 10. Dezember 2022 zu einem Großeinsatz der Polizei. Hintergrund war eine Geiselnahme im Einkaufszentrum Altmarkt-Galerie. Das Einkaufszentrum und angrenzende Bereiche wurden evakuiert. Auch der Striezelmarkt blieb zunächst geschlossen. Der Mann soll zuvor seine Mutter in einem Mehrfamilienhaus in Dresden-Prohlis getötet haben und im Anschluss zu einem Bürogebäude gegangen sein, in dem auch der Sender "Radio Dresden" seinen Sitz hat. Dort sollen am Samstagvormittag vor der Geiselnahme in der Altmarktgalerie Schüsse gefallen sein.
Sperrung des Katastrophenbereiches
Rückblick: Die Altmarkt-Galerie wurde komplett abgeriegelt. Aufgrund des Polizeieinsatzes kam es auch zu Verkehrseinschränkungen. Das teilte die Polizei am 10. Dezember 2022 bei Twitter mit. Auch der Öffentliche Personennahverkehr der Dresdner Verkehrsbetriebe war betroffen. Dort gab es auch nach Ende der Geiselnahme weiter erhebliche Beeinträchtigungen. Mit teils großen Verspätungen war noch im gesamten Liniennetz zu rechnen, teilten die Dresdner Verkehrsbetriebe mit.
Der Striezelmarkt, welcher unmittelbar neben dem Einkaufszentrum stattfand, wurde wieder geöffnet und auch die Sperrungen in der Innenstadt seien aufgehoben worden, sagte ein Sprecher der Polizei. Am frühen Nachmittag des 10. Dezembers spazierten wieder zahlreiche Besucher über den historischen Weihnachtsmarkt.
Leiche in Mehrfamilienhaus gefunden
Am Morgen des 10. Dezembers hatte der 40-Jährige nach Erkenntnissen der Polizei zunächst in einem Mehrfamilienhaus im Dresdner Stadtteil Prohlis seine 62-jährige Mutter getötet. Gegen 7.20 Uhr fand die Polizei die leblose Frau. Ein hinzugerufener Notarzt habe nur noch deren Tod feststellen können.
Angriff auf Radiosender - Schüsse durch die Tür
Im Anschluss daran soll der Mann zu einem Bürogebäude gegangen sein, in dem auch der Sender "Radio Dresden" seinen Sitz hat. Der Mann habe versucht, eine Tür zu zerstören und einzudringen, sagte der Geschäftsführer des Senders, Tino Utassy, der Deutschen Presse-Agentur. Nachdem es ihm nicht gelungen sei, in die Räume zu gelangen, habe er durch ein Loch in der Tür geschossen. "Die Mitarbeiter waren glücklicherweise so geistesgegenwärtig und sind dann durch einen zweiten Ausgang ausgerissen und geflohen", sagte Utassy. Alle blieben nach Angaben des Senders unverletzt. Der Täter habe das Gebäude nach den Schüssen verlassen.
Betroffen gewesen seien die Teams der Morningshows für Hitradio RTL und Radio Dresden. Der Mann habe am Samstagmorgen gegen 8.30 Uhr versucht, in die Studios einzudringen. Es sei schwerlich zu beschreiben, wie es den Mitarbeitern gehe. "Sie sagen, es gehe ihnen gut, aber genau wissen wir es natürlich auch nicht. Wir werden natürlich alles machen, damit sie da die entsprechende Hilfe bekommen", sagte Utassy.
Zwei Geiseln in dem Einkaufscenter
Dritter Tatort war dann die Dresdner Altmarkt-Galerie. Dort nahm der Mann nach Angaben der Polizei eine Angestellte und ein Kind als Geiseln. Die Polizei evakuierte das Einkaufszentrum und angrenzende Bereiche. Mehrere Menschen kamen in einem Bus der Dresdner Verkehrsbetriebe unter und wurden dort betreut. Zum Motiv des mutmaßlichen Täters erklärte ein Polizeisprecher, dass der Mann in seinem psychischen Verhalten sehr auffällig gewesen sei. "Wir gehen am ehesten von einer psychischen Erkrankung aus." Der Polizei sei ansonsten nichts offenkundig bekannt.
Geiselnahme durch Zugriff des SEK beendet
Die Geiselnahme in Dresden wurde durch einen Zugriff des Spezialeinsatzkommandos (SEK) beendet, zuvor stand die Polizei in telefonischem Kontakt mit dem Täter. Bei Zugriff durch das SEK sei der Täter "mindestens schwer verletzt", sagte ein Sprecher der Polizei am Samstag. Die Umstände, die zur Verletzung führten, waren zu dem Zeitpunkt noch für die Öffentlichkeit unklar, hieß es. Die beiden Geiseln eine Frau und ein Kind, seien am Mittag des 10. Dezembers äußerlich unverletzt in Obhut genommen worden.
Tatverdächtiger tot
Der Tatverdächtige ist verstorben, wie die Polizei mitteilte. Im Rahmen des Zugriffs und der Befreiung der Geiseln erlitt der 40-Jährige tödliche Verletzungen.
OB Hilbert und Ministerpräsident Kretschmer äußern sich
Es äußerten sich auch Dresdens Oberbürgermeister Dirk Hilbert und Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer zu dem Vorfall. Hilbert hatte sich betroffen über die Geiselnahme in der Landeshauptstadt gezeigt und den Einsatzkräften gedankt. Kretschmer hatte nach der Geiselnahme und dem Tötungsdelikt den Opfern sein Mitgefühl ausgesprochen. Beide äußerten sich auf Twitter zum Geschehen in Dresden. Auch Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU) bedankte sich bei den Einsatzkräften.
Update 22. Dezember: Staatsanwalt hat den Fall übernommen
Die Staatsanwaltschaft Dresden und die Polizeidirektion Dresden konnten durch ihre Ermittlungen weitere Abläufe des Tattages rekonstruieren. So ist davon auszugehen, dass der 40-jährige (zwischenzeitlich Verstorbene) Beschuldigte bereits im Foyer des Ammonhofs einen 46-jährigen Mann mit einer Schusswaffe bedrohte. Der Geschädigte, der im Objekt arbeitete, musste den Beschuldigten unter Vorhalt der Schusswaffe zu den Räumen von Radio Dresden führen. Als der Beschuldigte dort mehrfach gegen die Tür des Senders schoss, gelang dem Geschädigten die Flucht. Er blieb unverletzt. Die Staatsanwaltschaft Dresden bewertete das Handeln des Beschuldigten im Ammonhof als versuchte Geiselnahme.
Als der 40-Jährige nicht in die Räume des Senders gelangte, ließ er schließlich von seinem Vorhaben ab. Im Bereich der Uhlandstraße soll er neben einer 50-jährigen Fußgängerin mit dem von ihm geführten PKW angehalten, diese mit einer Schusswaffe bedroht und die Herausgabe eines Handys gefordert haben. Als die Geschädigte laut um Hilfe rief, flüchtete der Beschuldigte mit seinem Fahrzeug. Die Staatsanwaltschaft Dresden bewertet diesen Sachverhalt als versuchten schweren Raub. Kriminaltechniker des Landeskriminalamtes haben zwischenzeitlich die Tatwaffe untersucht. Die weiteren Ermittlungen, u. a. zur Herkunft der Waffe, dauern an und werden noch einige Zeit in Anspruch nehmen.
Update der Polizei vom 28. April 2023
Die Staatsanwaltschaft Dresden und die Polizeidirektion Dresden haben die Ermittlungen gegen den 40-jährigen verstorbenen Beschuldigten unter anderem wegen des Verdachts des Totschlags und der Geiselnahme in Dresden vom 10. Dezember 2022 abgeschlossen. Die Ermittlungen gegen den Beschuldigten wurden aus rechtlichen Gründen eingestellt, da der Beschuldigte verstorben ist und somit ein Verfahrenshindernis vorliegt. Im Ergebnis der Ermittlungen ist davon auszugehen, dass der verstorbene Beschuldigte psychisch krank war. Die Ermittlungen haben keine Hinweise auf die Beteiligung weiterer Personen ergeben.
Der Beschuldigte ist bei dem Einsatz des SEK Sachsen in der Altmarktgalerie am 10. Dezember 2022 um 12.23 Uhr durch den Schuss eines SEK-Beamten ums Leben gekommen. Die diesbezüglich gegen einen SEK-Beamten wegen des Verdachts des Totschlags geführten Ermittlungen hat die Staatsanwaltschaft Dresden ebenfalls eingestellt. Die Ermittlungen haben ergeben, dass der den Schuss abgebende SEK-Beamte erwiesenermaßen unschuldig ist. Es ist davon auszugehen, dass sich der verstorbene Geiselnehmer mit einer 38-jährigen Mitarbeiterin eines sich im Untergeschoss der Altmarktgalerie befindlichen Drogeriemarktes und einem ihn begleitenden Kind als Geiseln im Mitarbeiterbüro des Drogeriemarktes eingeschlossen hatte.
Nach einer Schussabgabe im Mitarbeiterbüro erfolgte der sofortige Notzugriff, in dessen Rahmen der SEK-Beamte aufgrund der erkennbaren unmittelbaren Lebensgefahr für die Geiseln den Geiselnehmer mit einem gezielten Schuss sofort handlungsunfähig machte, um das Leben der Geiseln zu retten. Dabei nahm er tödliche Verletzungen des Geiselnehmers in Kauf. Diese Tat war durch Notwehr in Form der Nothilfe gemäß § 32 Strafgesetzbuch gerechtfertigt. Die Ermittlungen zur Herkunft der vom Geiselnehmer verwendeten Waffe und der Munition dauern an und werden noch einige Zeit in Anspruch nehmen.
erschienen am 28.04.2023