Mit Tagesanbruch wird langsam das Ausmaß der Zerstörung deutlich, das Hurrikan "Milton" hinterlassen hat. Der Sturm zog in der Nacht auf Donnerstag (Ortszeit) von der Golfküste Floridas über den US-Bundesstaat hinweg auf den Atlantik hinaus. In seiner Schneise: Tote, Überschwemmungen, heruntergerissene Stromleitungen, zerstörte Existenzen.
"Es sah aus, als hätte jemand ein Gewicht vom Himmel fallen lassen und eine Reihe von Häusern plattgemacht", berichtet Doug Anderson der Lokalzeitung "Treasure Coast Newspapers". Anderson lebt in St. Lucie County, wo mindestens vier Menschen - darunter Bewohner einer Senioren-Wohnwagensiedlung - durch einen Tornado ums Leben kamen.
Hurrikans bringen durch die verschiedenen Windgeschwindigkeiten am Boden und weit oben in der Luft häufig auf Tornados hervor. US-Heimatschutzminister Alejandro Mayorkas bestätigte mindestens 27 Tornados - und, dass es Berichte über mindestens zehn Todesopfer in Verbindung mit Hurrikan "Milton" im Bundesstaat Florida gebe.
Die Region um Tampa war vor der Ankunft von "Milton" als Hochrisikogebiet eingestuft worden. Der Sturm traf dann am späten Mittwochabend (Ortszeit) etwa 100 Kilometer südlich, in Siesta Key, auf Land – als Hurrikan der Stufe 3 mit anhaltenden Windgeschwindigkeiten bis zu 193 Kilometern pro Stunde. In der Nacht schwächte sich "Milton" auf Stufe 1 ab und zog aufs Meer, wo er sich weiter abschwächen und in nordöstliche Richtung bewegen soll.
Millionen Menschen waren im Vorfeld zur Evakuierung aufgerufen worden. Es gab Berichte über lange Staus und Treibstoffmangel. Über 80.000 Menschen suchten in Notunterkünften Schutz, während andere beschlossen, in ihren Häusern zu bleiben. Als die Behörden sichere Evakuierungen nicht mehr gewährleisten konnten, ordneten sie an, sich vor Ort zu verbarrikadieren.
DeSantis: "Zum Glück nicht das schlimmste Szenario."
Trotz der langsam sichtbar werdenden Schäden betonte Floridas Gouverneur Ron DeSantis, dass die schlimmsten Befürchtungen nicht eingetreten seien. "Dieser Sturm war beträchtlich. Aber zum Glück war dies nicht das schlimmste Szenario", sagte er bei einer ersten Pressekonferenz. Die Sturmflut sei nicht so gravierend gewesen wie bei Hurrikan "Helene" vor etwa zwei Wochen, der in der Region schwere Schäden angerichtet hatte. Viele Menschen hatten sich von diesen Verwüstungen noch nicht erholt, als "Milton" einschlug.
In etlichen betroffenen Gebieten herrschte am Donnerstagmorgen (Ortszeit) noch Unklarheit über mögliche Todesopfer. Rettungskräfte arbeiteten unter Hochdruck daran, sich einen Überblick zu verschaffen und Hilfsmaßnahmen einzuleiten, hieß es. Der Sheriff von Hillsborough County, Chad Chronister, appellierte an die Bewohner, Geduld zu haben. "Es sind so viele Bäume und Strommasten umgestürzt, dass wir uns buchstäblich einen Weg zu den Betroffenen bahnen müssen", sagte er im Gespräch mit dem Sender CNN und warnte davor, eigenständig zu handeln: "Es ist zu gefährlich."
Warnung vor Stromleitungen und Bakterien im Wasser
Auch US-Präsident Joe Biden sprach eine Warnung aus. "Ich bitte Sie dringend, drinnenzubleiben und die Straßen zu meiden", schrieb Biden auf X. Auf dem Boden liegende Stromleitungen, Trümmer und beschädigte Straßen sorgten für gefährliche Verhältnisse. Die Menschen sollten an sicheren Orten bleiben, bis die örtlichen Behörden Entwarnung geben und Hilfe eintrifft.
Auch die Bürgermeisterin von Tampa, Jane Castor, mahnte während einer Presskonferenz eindringlich: "Es ist noch nicht vorbei" – in Folge der Regenfälle könnten Flüsse über ihre Ufer treten und weitere Überschwemmungen verursachen. DeSantis warnte in diesem Kontext vor Gefahren bei der Begutachtung der Schäden: In stehendem Wasser könnten sich abgerissene Stromleitungen verbergen. Bakterien im Wasser könnten zu tödlichen Infektionen führen.
Obwohl die schlimmsten Befürchtungen offenbar nicht eintraten, sind die Folgen des Hurrikans verheerend: Rund drei Millionen Haushalte waren zunächst ohne Strom. In der Stadt St. Petersburg wurde das Trinkwasser aufgrund eines Wasserrohrbruchs abgestellt. Die Reparaturen sollten beginnen, sobald die Arbeiter sicher an die Leitungen gelangen können. Das US-Justizministerium warnte zudem, dass Wetterkatastrophen wie "Milton" häufig von skrupellosen Geschäftemachern ausgenutzt würden, um Wucherpreise zu verlangen.
Biden verspricht Unterstützung
Biden sagte umfassende Hilfsmaßnahmen zu und verschob eine geplante Reise nach Deutschland und Angola, um sich auf die Krise zu konzentrieren. Während eines Treffens mit Vertretern wichtiger Behörden sprach er von einem "Jahrhundertsturm". Auch Vizepräsidentin Kamala Harris nahm an den Krisengesprächen teil.
Beide nutzten die Gelegenheit auch, um vor Desinformationen zu warnen, die allen voran vom republikanischen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump verbreitet würden. Trump hatte etwa behauptet, die Katastrophenschutzbehörde Fema leite Mittel an Migranten um, damit diese illegal für die demokratische Kontrahentin Harris abstimmen könnten. Biden wies dies als "unamerikanisch" zurück und warnte, dass solche Lügen das Vertrauen in staatliche Institutionen weiter untergraben und die ohnehin angespannte Lage verschärfen könnten.
Am Donnerstagmittag (Ortszeit) meldete sich Trump in einem auf der Plattform X veröffentlichten Video noch einmal selbst zu Wort. "Wir wissen, dass Gott bei Euch ist", sagte er darin, sprach von der Stärke der Menschen in Florida, lobte seinen Parteikollegen DeSantis und deutete an, dass im Falle seines Wahlsiegs "Hilfe wie nie zuvor" kommen werde. "Hoffentlich wird am 20. Januar jemand im Amt sein, der wirklich helfen wird", sagte Trump mit Blick auf den Ausgang der Präsidentschaftswahl am 5. November. Die Amtseinführung findet am 20. Januar statt.