Sie trafen sich zu paramilitärischen Trainings, übten Häuserkampf und bereiteten sich auf einen "Tag X" vor. Acht mutmaßliche Mitglieder einer rechtsterroristischen Vereinigung, die sich "Sächsische Separatisten" nennt, sind jetzt festgenommen worden. Die Gruppe soll allerdings noch größer sein. Was bisher bekannt ist:

Was wissen die Sicherheitsbehörden über die mutmaßlichen Terroristen?

Ein junger Mann aus der sächsischen Kleinstadt Brandis gilt als Rädelsführer. Er soll die Gruppe, auf die der Verfassungsschutz im November 2020 aufmerksam wurde, gegründet haben. Die Vereinigung besteht laut Generalbundesanwalt aus 15 bis 20 Mitgliedern, die eine rassistische, antisemitische Ideologie verfolgen, die sich am Nationalsozialismus orientiert.

Der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang, erklärt: "Bei zentralen Protagonisten dieser Gruppierung handelt es sich um teils sehr junge Rechtsextremisten, die Bezüge zu einer insbesondere im virtuellen Raum aktiven Szene aufweisen." Es geht um die sogenannte "Siege-Szene". 

Was ist die "Siege-Szene"?

"Siege" (Englisch für Belagerung) bezieht sich auf eine Sammlung von Schriften aus den 1980er Jahren des Rechtsextremisten James Nolan Mason. Darin finden sich unter anderem Gedankenspiele hinsichtlich eines rassistisch-terroristischen Guerillakrieges, der sich primär gegen Infrastruktur und politische Führungspersonen richten soll, um die Gesellschaft in einen Rassenkrieg zu stürzen. Anhänger dieser Szene glorifizierten Taten bekannter Rechtsterroristen und verfolgten das Ziel, an einem erwarteten gewaltsamen Umsturz - "Tag X" - mitzuwirken, sagt Haldenwang.

Handelt es sich um typische Neonazis?

Teilweise. Dem Verfassungsschutz sind mehrere der Beschuldigten laut Haldenwang aus dem Spektrum der sogenannten Neuen Rechten beziehungsweise rechtsextremistischen Parteien bekannt. Gemeinsames Ziel der Mitglieder der Gruppe sei es gewesen, ein System nach dem Vorbild des Nationalsozialismus zu errichten, auch unter Anwendung von Gewalt. Zu den Beschuldigten zählt nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur ein Lokalpolitiker der AfD aus Sachsen, sowie ein junger Mann, der ihn bei Sitzungen vertrat. Der Lokalpolitiker soll nach Angaben aus Sicherheitskreisen bei dem Zugriff verletzt worden sein. Demnach hielt er eine Langwaffe in der Hand. Ein Polizist soll zwei Warnschüsse abgegeben haben.

"Jetzt geht es um die Aufklärung des rechtsextremen Netzwerkes und mögliche Verbindungen zur Identitären Bewegung und der AfD", sagt der Grünen-Innenpolitiker, Marcel Emmerich. Der Bundestagsabgeordnete findet, dies seien auch relevante Fragen mit Blick auf ein mögliches AfD-Verbotsverfahren. 

Sind die Ermittlungen jetzt abgeschlossen?

Nein. Bei den Festnahmen wurden Beweismittel gesichert, die nun ausgewertet werden und womöglich noch weitere Erkenntnisse bringen. Diese könnten womöglich auch Hinweise auf weitere Beschuldigte liefern. So war es beispielsweise bei der "Reichsbürger"-Gruppe um Heinrich XIII. Prinz Reuß, wo der Kreis der Beschuldigten in den Wochen und Monaten nach dem ersten Zugriff immer größer wurde.

Gab es auch polizeiliche Maßnahmen im Ausland?

Ja. Deshalb mussten sie mit den Sicherheitsbehörden in Polen und Österreich koordiniert werden. Insgesamt waren bei den Festnahmen und Durchsuchungen in Deutschland über 450 Sicherheitskräfte und Polizeibeamte des Bundeskriminalamts (BKA), Spezialkräfte der Bundespolizei und des Landeskriminalamts Sachsen im Einsatz. Die Festnahmen der jungen Männer erfolgten bis auf eine Ausnahme alle in Sachsen, genauer gesagt im Raum Leipzig, in Dresden und im Landkreis Meißen. Der mutmaßliche Rädelsführer hielt sich zum Zeitpunkt des Zugriffs zwar in Polen auf. Doch auch er stammt aus Sachsen. In Österreich - in Wien und im Bezirk Krems-Land - durchsuchte die Polizei zwar zwei Objekte. Festgenommen wurde dort aber niemand.

Was wird den Festgenommenen genau vorgeworfen?

Sie sind laut Mitteilung des Generalbundesanwalts dringend verdächtig, Mitglieder einer terroristischen Vereinigung zu sein. Ihnen wird unter anderem vorgeworfen, geplant zu haben an einem zeitlich noch unbestimmten "Tag X" in Sachsen und gegebenenfalls auch in anderen ostdeutschen Bundesländern ein am Nationalsozialismus ausgerichtetes Gemeinwesen zu etablieren und "unerwünschte Menschengruppen" notfalls "durch ethnische Säuberungen" aus diesem Gebiet zu entfernen. In der Mitteilung der Bundesanwaltschaft heißt es, die Beschuldigten hätten mit einem Zusammenbruch von Staat und Gesellschaft gerechnet und bei dieser Gelegenheit mit Waffengewalt Gebiete in Sachsen und gegebenenfalls auch in anderen ostdeutschen Ländern "erobern" wollen.