Am heutigen Mittwochmittag hat die Regierung eine Bundespressekonferenz zur aktuellen Lage des Corona-Virus in Berlin einberufen. Bundeskanzlerin Angela Merkel, Gesundheitsminister Jens Spahn und der Präsident des Robert-Koch-Instituts, Lothar Wieler, haben über die aktuelle Situation aufgeklärt. Dabei sind sich alle drei Sprechenden einig, dass das oberste Ziel Europas ist, das Virus einzudämmen und zu verlangsamen.
Am gestrigen Dienstag haben sich alle Staats- und Regierungschefs zu einer Videokonferenz getroffen und über die aktuelle Situation gesprochen. Dabei kam heraus, dass alle Länder Europas bereits vom Corona-Virus betroffen sind. Italien ist das schwerste betroffene europäische Land. Merkel erklärte, dass am Donnerstag eine Konferenz aller Ministerpräsidenten einberufen werde.
Werden 60 bis 70 Prozent der Bevölkerung infiziert?
Wie Merkel und Wieler erläuterten, können 60 bis 70 Prozent der Bevölkerung von diesem Virus infiziert werden. Zur sogenannten vulnerablen Bevölkerungsgruppe - bei denen die Krankheit schwer verlaufen wird - zählen chronisch Kranke, alte und sehr alte Menschen. Spahn betonte, dass Deutschland ein gutes Gesundheitssystem mit 28.000 Intensivbetten, davon 25.000 mit Beatmungsgeräten habe. Eine Priorität liege außerdem darin, so Merkel, dass staatliche Ebenen arbeiten können müssen, wie die Politik, Bundeswehr, Polizei, Medizin mit Kranken- und Pflegestationen. Die Kanzlerin nutzt klare Worte: "Es ist nicht das harte Problem, wenn ich das so sagen darf, ob ein Fußballspiel mit oder ohne Publikum stattfindet."
Prof. Dr. Lothar Wieler vom Robert-Koch-Institut fasste die aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse zusammen. Das Institut analysiere bereits seit dem 6. Januar die Situation zum Virus. "Wir wissen, dass es sich um ein pandemisches Virus handelt, also dass sich wohl 60 bis 70 Prozent der Menschen infizieren werden. Was wir nicht wissen, wie schnell sich dieser Virus ausbreiten wird. Der Virus verbreitet sich nicht wie eine Welle in Europa, sondern schneller in bestimmten Regionen." Er ist sich sicher, dass es "viele schwere Krankheitsverkäufe" in Deutschland geben werde. Das Robert-Koch-Institut tauscht sich aktuell mit Instituten anderer Länder aus, um immer auf dem neuesten Erkenntnisstand zu sein.
Aktuelle Maßnahmen
Derzeit arbeiten die Forschenden intensiv an Impfstoffen und Therapiemaßnahmen. "Es ist nicht egal, was wir tun und es ist nicht vergeblich, was wir tun", erklärt Merkel. Virologen säßen täglich im Expertenkreis zu einem einheitlichen Vorgehen in Europa zusammen. Ziel ist es nicht, die Länder voneinander abzuschotten, sondern das Gesundheitssystem nicht zu überfordern. Grenzschließungen sieht die Regierung als keine adäquate Maßnahme als Schutz vor dem Virus. Deutschland wird nicht aufhören Gesundheitsgüter zu exportieren, aber es wird genau geschaut, an welche Stellen exportiert werde. Der Bundestag fördert die Forschung an Impfstoffen derzeit mit 140 Millionen Euro. Vor allem die internationale Allianz CEPI hat sich die Entwicklung eines Impfstoffs zum Ziel gesetzt. Das kann aber noch bis 2021 dauern. "Wir sind in einer Situation, in der wir vieles noch nicht wissen und das was wir wissen müssen wir berücksichtigen", offenbart Merkel.
Auf ein Stück Alltag verzichten, um andere zu schützen
"Garantien gibt es keiner", so Spahn. "Es geht darum, dass wir alle auf ein Stück Alltag verzichten, um andere zu schützen." Gesundheitsminister Spahn berief sich nochmals auf die Großveranstaltungen, die mit über 1.000 Besuchern abgesagt werden sollten. Er betonte, dass das nicht bedeutet, dass alles, was unter 1.000 Teilnehmern ist, auch stattfindet sollte. Es gebe aber auch einen Unterschied zwischen einer Semesterprüfung, bei denen Menschen mehrere Meter auseinander sitzen und einer Tanzveranstaltung, bei der man sich näher kommt.
Wirtschaftliche Folgen
Spahn ist sich sicher: "Gesundheit geht vor ökonomischen Fragen, obgleich auch die Ökonomie nicht aus den Augen gelassen werden darf."'Die international gegründete Corona Response Investment Initiative hat 25 Milliarden Euro zur Verfügung um Gesundheitssystem, Arbeiter und die Ökonomie zu unterstützen. Die Bundesregierung brachte vor wenigen Tagen das ausgedehnte Kurzarbeitergeld als Überbrückung für die Zeit, in der die Firmen nicht normal weiterarbeiten können, auf den Weg. Es soll verhindern, dass wegen Auftragsflauten Mitarbeiter entlassen werden müssen.
In Deutschland leben derzeit etwa 83 Millionen Menschen, die es vor den Folgen der Epidemie zu schützen gilt. Merkel bedankte sich bei allen Ärzten, Pflegekräften und Forschern für ihr starkes Engagement.
erschienen am 11.03.2020