Handyverbot an Schulen: Zwiespalt in Deutschland

Expertenstreit Gesundheit vs. Realität

Deutschland. 

Die Meinungen zur Einführung eines Handyverbots an Schulen in Deutschland sind gespalten, obwohl 66% der Befragten dafür sind. Während einige europäische Länder bereits Maßnahmen ergriffen haben, fehlt es in Deutschland an einer einheitlichen Regelung.

Schulautonomie: Uneinheitliche Regeln

Schulen sind in Deutschland Ländersache. Ein allgemeines Verbot von privaten Smartphones in Schulen existiert nach Angaben der Kultusministerkonferenz nicht - und eine entsprechende Empfehlung dazu sei nicht geplant, teilt ein Sprecher mit. Schulen könnten deren Nutzung im Schulalltag aber beschränken. Doch ob und wie, das sieht an jeder Schule anders aus.

Kinderärzte warnen vor Smartphone-Folgen

71% der deutschen Kinder und Jugendlichen besitzen ein Smartphone und verbringen durchschnittlich fast zwei Stunden täglich damit. Laut Experten wie David Martin von der Universität Witten/Herdecke führt dies zu Haltungsproblemen, Übergewicht, ADHS und anderen Problemen. Die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin befürwortet daher Handyverbote an Schulen, besonders in den Pausen.

Schülervertreter gegen Handyverbote

Florian Fabricius von der Bundesschülerkonferenz lehnt Handyverbote ab. Er argumentiert, dass diese die Schulen rückwärtsgewandt und realitätsfern machen würden. Verbote lehnt die Bundesschülerkonferenz, die nach eigenen Angaben acht Millionen Schülerinnen und Schüler vertritt, deshalb ab.

Gesundheitsrisiken vs. Realitätsnähe

"Gesundheitsrisiken wie Haltungsprobleme und Konzentrationsschwäche durch exzessive Smartphone-Nutzung stehen im Konflikt mit der Befürchtung, dass Verbote die Beziehung zwischen Lehrern und Schülern beeinträchtigen und Schulen realitätsfern machen könnten", betont David Martin von der Universität Witten/Herdecke.

Medienbildung statt Verbote

Benjamin Thull von der Landesanstalt für Kommunikation Baden-Württemberg lehnt Verbote ab. Er betont, dass das Smartphone als zentrales Medium nicht aus der Schule verbannt werden sollte. Stattdessen plädiert er für eine stärkere Medienbildung in Schulen unter der Bedingung, dass Handys den Unterricht nicht stören und nicht für private Zwecke genutzt werden.

Alternative Ansätze

"Während einige Experten Verbote befürworten, fordern andere eine stärkere Medienbildung in Schulen", erklärt Florian Fabricius von der Bundesschülerkonferenz. "Doch unabhängig von der Position wird betont, dass Schulen die Ablenkungspotenziale von Smartphones nicht ignorieren sollten."

Kinderhilfswerk: Frühzeitige Medienbildung

Präsident Thomas Krüger vom Deutschen Kinderhilfswerk befürwortet eine frühe Auseinandersetzung mit Handy-Nutzung in Schulen. Regeln sollten idealerweise gemeinsam mit den Schülern vereinbart werden. Bei Verstößen sei die Wegnahme von Smartphones legitim, doch oft fehlen Lehrkräften die Ressourcen für alternative pädagogische Ansätze.

Lehrer: Kampf gegen Windmühlen

Handyverbote sind zwar praktikabel, aber deren Durchsetzung im Schulalltag ist mühsam. Lehrer berichten, dass es einem "Kampf gegen Windmühlen" gleicht, da Schüler stets Wege finden, Regeln zu umgehen. Doch das Überwachen führt oft zu Konflikten und schadet der Beziehung zwischen Lehrern und Schülern. Fabricius betont die Notwendigkeit der Kooperation für effektives Lernen.

Stefan Düll, Präsident des Deutschen Lehrerverbands, betont, dass Schulen die Ablenkungspotenziale von Smartphones nicht ignorieren dürfen. Obwohl Deutschland in der Digitalisierung hinter Ländern wie Dänemark liegt, sieht er die Chance, aus deren Fehlern zu lernen.

Umgang in anderen Ländern

In Dänemark ist die private Marieskolen in Tønder zum Beispiel wieder zurückgerudert: Die Kinder und Jugendlichen müssen dort nun morgens ihre Smartphones und Laptops abgeben, wie mehrere Medien berichteten. Seitdem bemerke man einen deutlichen Unterschied bei den Schülerinnen und Schülern, berichtet Schulleiterin Sarah Røll auf Anfrage. Diese spielten wieder gemeinsam und liefen nicht nur mit den Handys in der Hand plus Kopfhörern in den Ohren herum.

Italien hat jüngst reagiert und angekündigt, Smartphones und Tablets an Grund- und Mittelschulen grundsätzlich verbieten zu wollen. 

Auch die britische Regierung veröffentlichte kürzlich einen Leitfaden, wie Schulen die Smartphone-Nutzung unterbinden oder einschränken können.

ine ähnliche Richtlinie gilt seit Anfang des Jahres in den Niederlanden. Danach können die Schulen selbst entscheiden, wie sie diese umsetzen.



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