Cybermobbing - die Schikane in der digitalen Welt - ist leider ein fester Bestandteil unserer Gesellschaft geworden. Die gezielte Ausgrenzung und Demütigung von Personen oder Personengruppen über einen längeren Zeitraum führt in vielen Fällen zu schwerwiegenden gesundheitlichen Problemen der Betroffenen und einer erheblichen Einschränkung ihrer Lebensqualität. Doch wie und wo genau wird gemobbt? Und wo können sich Betroffene Hilfe holen? Ein Überblick:
Besonders Jugendliche betroffen
Ob als Täter, Opfer oder "nur" als Beobachter: 51 Prozent der Jugendlichen zwischen 14 und 17 Jahren in Deutschland haben Erfahrungen mit Cybermobbing. Das zeigen Ergebnisse der im Auftrag der Barmer entstandenen Sinus-Jugendstudie 2021. Darin berichten 14 Prozent der rund 2.000 Befragten, direkt von Cybermobbing betroffen gewesen zu sein. Immerhin fünf Prozent gestanden ein, selbst gemobbt zu haben. Am häufigsten bejahten die Jugendlichen, bei anderen Mobbingattacken beobachtet zu haben (43 Prozent).
Wie und wo wird digital gemobbt?
Cybermobbing gibt es laut der Sinus-Jugendstudie auf allen gängigen Social-Media-Kanälen. Am häufigsten erlebt wird es demnach auf WhatsApp (59 Prozent), gefolgt von Instagram (41 Prozent) und TikTok (26 Prozent, Mehrfachnennungen möglich). Am häufigsten gemobbt wird durch Beleidigungen (72 Prozent) oder indem Gerüchte in die Welt gesetzt werden (56 Prozent). Mit 31 bis 29 Prozent häufig sind der Ausschluss aus Gruppen bei WhatsApp und Co., Belästigungen oder das Posten peinlicher Videos. "Cybermobbing ist im Leben der Jugendlichen nach wie vor inakzeptabel weit verbreitet. Die Prävention muss intensiviert werden. Betroffene brauchen leichten Zugang zu Hilfe und vor allem Anlaufstellen, denen sie vertrauen können. Denn allein sind Mobbingattacken nur schwer zu bestehen", sagt Christoph Straub, Vorstandsvorsitzender der Barmer.
Eltern und Freunde als erste Anlaufstelle
Wem Cybermobbing begegnet, der braucht laut Sinus-Jugendstudie leicht erreichbare Anlaufstellen. Erste Ansprechpersonen für Jugendliche sind demnach zumeist Eltern und der Freundeskreis (67 bzw. 44 Prozent). Straub: "Mütter und Väter, die besten Freundinnen und Freunde genießen in der schwierigen Lage, in die Betroffene durch das Mobbing geraten, das größte Vertrauen. Prinzipiell gibt es aber viele andere Anlaufstellen, die helfen können." So könnten vertraute Lehrerinnen und Lehrer, Schulleitungen, Selbsthilfegruppen oder die Polizei helfen. Noch mehr Anlaufstellen finden Sie weiter unten.
Kleinere Hemmschwelle, auch bei Erwachsenen
Doch nicht nur in den Schulen ist Cybermobbing ein großes Thema. Sei es im Beruf, im privaten Umfeld oder in der Nachbarschaft - auch erschreckend viele Erwachsene haben bereits Erfahrungen mit Mobbing im Netz gemacht. Rund 60 Prozent der befragten Erwachsenen waren schon einmal in Mobbing- oder Cybermobbingsituationen involviert. Die Barrieren im Netz sind niedriger und Hemmschwellen damit so gut wie nicht vorhanden. Die Anonymität im Netz verstärkt die Problematik. Kurze Nachrichten, Videos und Bilder sind mit einem Klick versendet und das Netz vergisst nicht!
Folgen bis hin zum Suizid
Laut einer Studie des Bündnis gegen Cybermobbing gehören Depressionen, Persönlichkeitsveränderungen und Probleme mit dem Selbstvertrauen zu den häufigsten Folgen von Mobbing- und Cybermobbingattacken. Die Attacken lösen aber auch körperliche Beschwerden aus, die sich insbesondere in Magen-Darm-Beschwerden und körperlichen Schmerzen manifestieren. Mobbing und Cybermobbing erhöht auch die Suchtgefahr signifikant: Zwischen zwischen 15 und 20 Prozent der Opfer haben deswegen zu Alkohol, Medikamenten oder Drogen gegriffen. Rund 15 Prozent der Betroffenen stufen sich sogar selbst als suizidgefährdet ein.
Bei den Erwachsenen wiegen außerdem die Folgen für Arbeitgeber schwer: So ist die Kündigungsbereitschaft bei Mobbing im Arbeitsumfeld 40 Prozent höher als bei Arbeitskollegen, die nicht gemobbt werden. Opfer von Mobbing und Cybermobbing weisen zudem jährlich fast doppelt so viele Krankheitstage auf als nicht betroffene Beschäftigte.
Hilfe per Internet, Telefon und unter vier Augen
Kriesenchat.de
Der krisenchat.de ist ein bundesweites, ehrenamtliches und kostenloses Hilfsangebot für Kinder und junge Erwachsene in Not. Das Angebot bietet Kindern und Jugendlichen professionelle Hilfe - jeden Tag, 24 Stunden, per WhatsApp. Krisenchat.de verspricht, kurzfristig, professionell und empathisch auf eine Krisen-Nachricht zu antworten. Der Chatkanal wird von ehrenamtlichen qualifizierten Krisenberatern und -beraterinnen betrieben.
Cybermobbing-Hilfe e.V.
Der Verein unterstützt Betroffene und betreibt Präventionsarbeit. Der Verein arbeitet daran, dass Cybermobbing in der Gesellschaft angemessen berücksichtigt und bekämpft wird.
exclamo
Über exclamo können Schülerinnen und Schüler auch anonym, Nachrichten an von der Schule festgelegte Ansprechpersonen, wie alle Lehrkräfte und Schulsozialarbeiter schicken, und sich Hilfe holen. So verbinden wir erstmals eine niedrige Hemmschwelle mit der hohen Effektivität des Kontaktes in der Schule. Aufgrund der aktuellen Situation bieten wir exclamo jeder Schule für sechs Monate kostenlos an!
Cyberhelp
Neben wichtigen Informationen rund um Cybermobbing bietet die Webseite unter anderem Unterrichtsmaterialien für Lehrer und Pädagogen sowie Trainingsmodule für die Jugendsozialarbeit außerhalb des schulischen Alltags. Sehr empfehlenswert auch für weiterführende Links für Eltern, Lehrer und Sozialarbeiter.
Bündnis gegen Cybermobbing e.V.
Übersichtlich strukturiert finden sich hier Anlaufstellen und gute Tipps für Opfer von Cybermobbing, deren Eltern und Lehrer. Zudem gibt es Empfehlungen und Angebote speziell für Schulen.
www.buendnis-gegen-cybermobbing.de
Weisser Ring
Der Weisse Ring setzt sich seit 1976 für Opfer von Kriminalität ein - inzwischen auch von Mobbing und Cybermobbing. Für sie bietet der Verein Beratung online oder vor Ort sowie ein Opfer-Telefon unter der Nummer 116 006 an.
Nummer gegen Kummer
Die Nummer gegen Kummer ist eine kostenfreie Anlaufstelle bei psychischen Problemen - auch bei Cybermobbing, das psychisch schwer belastend sein kann. Kinder und Jugendliche wählen 0800 / 1110333, Eltern und Pädagogen 0800 / 1110550.
erschienen am 27.01.2022