Gut drei Monate vor der vorgezogenen Bundestagswahl wollen sich die Grünen bei einem Bundesparteitag neu aufstellen. Am Sonntag soll bei dem Treffen in Wiesbaden Robert Habeck als Kanzlerkandidat für die Wahl am 23. Februar nominiert werden. Oder in den Worten des entsprechenden Antrags: "als Kandidat für die Menschen in Deutschland". 

Nicht ausdrücklich Kanzlerkandidat, aber am Ende doch

Schon in seinem Bewerbungsvideo von vergangener Woche hatte Habeck das Wort "Kanzlerkandidat" vermieden. Auch in dem Antrag des Bundesvorstands taucht es nicht auf. Was gemeint ist, wird aber deutlich: "Robert Habeck hat das Zeug zu einem guten Bundeskanzler", heißt es. Den Weg dorthin soll er aber "im Spitzenduo mit Annalena Baerbock" zurücklegen. Bei Umfragewerten von gerade einmal 11 bis 12 Prozent will man es wohl nicht eindeutiger formulieren. 

Heute sollen zunächst Omid Nouripour als Parteichef verabschiedet werden sowie Emily Büning als Politische Bundesgeschäftsführerin. Co-Parteichefin Ricarda Lang wird am Samstag verabschiedet. Dann soll auch der neue Bundesvorstand gewählt werden. Als neue Parteivorsitzende treten Franziska Brantner und Felix Banaszak an, die keine ernsthafte Konkurrenz haben. 

Heute Abend steht eine Debatte zur aktuellen Lage an, bei der es auch um das Platzen der Ampel-Koalition mit SPD und FDP in der vergangenen Woche gehen wird. Kontroverse Debatten werden insbesondere zum Thema Migration erwartet: Hier will die Grüne Jugend eine Ablehnung weiterer Verschärfungen erreichen.

Fridays for Future mahnt die Grünen

Die Bewegung Fridays for Future verlangt von den Delegierten ein klares Bekenntnis zum Klimaschutz. "Auf der Bundesdelegiertenkonferenz muss die Partei sich eindeutig entscheiden – Klimaschutz macht keine Kompromisse. Echten Klimaschutz gibt es nur mit einem Stopp aller neuen Gasinfrastruktur, einem Klimageld, ohne neue Autobahnen!", sagte Carla Reemtsma von der Organisation der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. 

In den vergangenen drei Jahren Regierungsverantwortung hätten die Grünen sich "wieder gegen die Zukunft junger Menschen entschieden", so etwa beim Bau von Flüssiggas-Terminals, dem Bau neuer Autobahnen und "der Zerstörung des Dorfes Lützerath für dreckige Braunkohle". 

Erwartet werden 829 Delegierte sowie Ersatzdelegierte. Es gibt nach Angaben der Partei mehr als 3.700 Anmeldungen von Gästen aus Politik, Wirtschaft, Gewerkschaften, Zivilgesellschaft und Diplomatie. Es ist die 50. ordentliche Bundesdelegiertenkonferenz der Grünen seit der Vereinigung mit Bündnis 90 im Jahr 1993. Kleine Parteitage oder Länderräte, wie sie bei den Grünen heißen, sind nicht mitgezählt.