Es war eine harte und schwere Reise für Joseph Heß, die sich nun bezahlt macht. Mit dem Eintreffen an der Rhein-Mündung in die Nordsee am 5. Juli 2022 darf sich der 35-jährige Chemnitzer Wirtschaftswissenschaftler nun Rekordhalter nennen. Vom Tomasee in der Schweiz - der Quelle des Rheins - bis zur Mündung in den Niederlanden durchkraulte der Extremschwimmer innerhalb von 25 Tagen große Teile der Schweiz und Deutschlands sowie Teile Frankreichs, Österreichs und Lichtenstein. Unter anderem schwamm er an Konstanz, Basel, Karlsruhe, Mannheim, Mainz, Wiesbaden, Koblenz, Bonn, Köln, Düsseldorf, Duisburg und Rotterdam vorbei. Insgesamt legte er etwa 1.232 Kilometer zurück. Gestartet war Joseph Heß am 11. Juni 2022 gemeinsam mit seinem Team aus Freunden und Familie sowie Studierenden der Hochschule Mittweida.
Mehrfache Gefährdung des Rekords
Um die Niederlande nach 25 Tagen erreichen zu können, hatte Heß immer wieder mit Rückschlägen zu kämpfen. Bereits am dritten Tag kam es zu einem ersten Zwischenfall: An der Bodensee-Region erlitt Joseph Heß einen Magen-Darm-Infekt. Wenig später versagte bei Basel auch das wichtige Beiboot, weswegen spontan ein neues Boot gekauft werden musste. In der Summe lag Heß daher auf Höhe der Grenze zwischen Deutschland und der Schweiz bereits zwei Tage hinter dem ursprünglichen Zeitplan.
Natur war größter Freund und Widersacher
Der größte Erfolgsfaktor für eine Tagesetappe war die Natur selbst. Die Gegebenheiten des Rheins haben die Leistungen von Joseph Heß von einer Region zur nächsten stark beeinflusst. Nachdem in der Schweiz häufig mit flachem Wasser und Staudämmen gekämpft werden musste, war es ab Deutschland möglich, mehrere Hundert Kilometer mit starker Strömung frei zu kraulen. Dies half Heß dabei, den Rückstand zügig aufzuholen. Mit etwa 60 Kilometern täglich konnte er sich so einen Vorsprung erarbeiten. Zwischenzeitlich wurde sogar im Team eine Prognose aufgestellt, dass man gegebenenfalls einen Tag eher die Mündung erreichen könne. In den Niederlanden kam es hingegen wieder zu kleinen Rückschlägen. Kurz hinter der Grenze setzte das Team die Reise auf dem "Lek" - einem Arm des Rheins - fort. Auf diesem Teil des Rheins war die Nähe zum Meer erstmals zu spüren, da Ebbe und Flut weit in das Landesinnere hineinreichen. Dies hatte zur Folge, dass auf den letzten Kilometern k aum Strömung vorhanden war und im Falle einer Flut Joseph Heß sogar gegen die Strömung schwimmen musste. In den letzten Tagesetappen schaffte er daher nur ca. 30 Kilometer zu kraulen, was die zeitliche Ansetzung von 25 Tagen wieder einstellte.
Liebevolle Unterstützung auf den letzten Metern
Doch für die letzten harten Kilometer bekam Joseph Heß liebevolle Unterstützung von zu Hause. Angefeuert durch seine Mutter und Cousine, deren Männern sowie durch zwei enge Freunde aus der Heimat machte der Extremsportler seine letzten schweren Kraulbewegungen, bis er unter tobenden Applaus gegen 18 Uhr ein letztes Mal aus dem Wasser stieg. Bald wird er wieder als Leiter des Transferprojektes "TUClab" an der Technischen Universität Chemnitz seinem etwas "trockneren" Job nachgehen.
Schwimmen im Dienst der Wissenschaft und als Kulturhauptstadt-Botschafter
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der TU Chemnitz, der Universität Leipzig und der Hochschule Furtwangen haben den Chemnitzer Langstreckenschwimmer mit Studien im sport- und naturwissenschaftlichen Bereich begleitet. Dazu zählen beispielsweise wissenschaftliche Untersuchungen zu körperlichen Belastung von Joseph Heß und zur Wasserqualität des Rheins. Zudem haben Medienmanagement-Studierende aus Mittweida die ehrgeizige Aktion verfolgt und dokumentieret Unter dem Projekt-Titel "Swim4Science" haben sie in einer umfangreichen Instagram-Kampagne das Vorhaben begleitet und werden im Anschluss einen Dokumentarfilm produzieren. Heß war auch als Botschafter für Chemnitz als Europäischer Kulturhauptstadt 2025 und seiner Universität unterwegs und kam links und rechts des Rheins mit Vertreterinnen und Vertretern mehrerer Städte ins Gespräch.
Hintergrund: Die Rheinschwimmer
Der Chemnitzer Joseph Heß ist nicht der Erste, der den Rhein der Länge nach durchschwommen hat. 1969 hatte bereits der Sportler Klaus Pechstein den gesamten Fluss innerhalb von 30 Tagen kraulend bezwungen. Der Schweizer Expeditionsschwimmer Ernst Bromeis benötigte im Jahr 2014 44 Tage, einschließlich Ruhezeiten. Im selben Jahr schaffte der Chemieprofessor Andreas Fath von der Hochschule Furtwangen innerhalb von 28 Tagen diese Strecke. Weitere Informationen zu Joseph Heß und seinem Schwimmprojekt auf dem Rhein: https://www.rheinschwimmer.de
erschienen am 05.07.2022