An den Brutplätzen für Weißstörche in Wittgensdorf und Grüna haben Ornithologen mehrere verendete Jungstörche entdeckt. Laut Umweltamt waren bereits zwei Jungstörche am Horst in Grüna an Nahrungsmangel gestorben oder wurden aus dem Nest geworfen. Ende Juni sind dann kurz hintereinander die beiden verbliebenen Jungstörche in Grüna und ein Jungstorch in Wittgensdorf gestorben. Ein Ornithologe untersuchte die Jungen und musste feststellen, dass die Mägen riesige Ballen an Haushaltsgummis enthielten.
In den vergangenen Jahren haben sich Wittgensdorf und Grüna zu traditionellen Brutplätzen für den Weißstorch entwickelt. Erfolgreich wurden in den Vorjahren zwei bis drei Jungstörche pro Horst großgezogen.
Auch in diesem Jahr waren in Wittgensdorf drei und in Grüna vier Jungstörche geschlüpft
Doch anders als in den Vorjahren finden die Störche kaum Nahrung. Oft müssen sie sich ungewöhnlich weit vom Horst entfernen und lange Flüge in Kauf nehmen, um Futter für ihre Jungen zu finden. Durch die anhaltend trockene Witterung haben sich Regenwürmer in tiefe Bodenschichten zurückgezogen und sind für die Weißstörche nicht erreichbar. Andere Nahrungsquellen wie Amphibien und Insekten sind ebenfalls sehr rar.
Gefährlich für Weißstörche sind zudem Haushaltsgummis. Für die Störche sehen die Gummibänder wie Würmer aus, auch die Beschaffenheit kommt dem sehr nahe. Die Ähnlichkeit zu Regenwürmern wird den Tieren zum Verhängnis: Die Gummis werden gern gefressen und an die Jungen verfüttert. Hat ein Weißstorch eine größere Menge dieser Bänder geschluckt, ballen sie sich als unverdauliche Masse im Magen zusammen.
Außerdem gibt es in diesem Jahr weit weniger Mäuse als in den Vorjahren
Die Elterntiere sind meist in der Lage die Gummis als Gewölle (oder Speiballen) wieder auszuwerfen oder auszuwürgen. Die Jungstörche können das noch nicht. Ist der Magen mit Gummis überfüllt, nehmen sie keine Nahrung mehr an, werden apathisch und verhungern mit vollem Magen.
Es ist zu vermuten, dass die Haushaltsgummis von Gemüseabfällen stammen, die auf Kompostieranlagen entsorgt werden. Oft landet unverkäufliches oder verdorbenes Marktgemüse auf den Kompostieranlangen oder wird zusammen mit den Gummis in der Biotonne entsorgt. Hier ist jeder einzelne gefragt, seinen Müll sorgfältig zu trennen und Plastikmüll und Haushaltsgummis getrennt vom Biomüll zu entsorgen.
Wenn die Weißstörche dauerhaft eine Heimat in Chemnitz haben sollen, ist die Verbesserung der Nahrungsgrundlagen unerlässlich. Ein wichtiger Beitrag ist die Erhaltung und Entwicklung von artenreichem Feuchtgrünland in der Nähe der Horste. Hierfür ist eine gute Zusammenarbeit mit Flächeneigentümern und Landnutzern unerlässlich. Für Dezember 2022 plant die Untere Naturschutzbehörde eine Artenschutztagung "Weißstorch", um die Belange des Weißstorch-Schutzes in den Fokus zu rücken.