Chemnitz. Mit einem umfangreichen Programm wird am Donnerstag, 9. November, in Chemnitz an die Opfer der Reichspogromnacht vor genau 85 Jahren und an die während der faschistischen Gewaltherrschaft ermordeten sechs Millionen jüdischen Menschen erinnert. Am Stephanplatz, dem früheren Standort der Chemnitzer Synagoge, wird an diesem Tag eine neue Informationsstele auf dem Stephanplatz eingeweiht. Diese informiert über die Geschichte der früheren Synagoge und deren Zerstörung in der Pogromnacht. Zur Kranzniederlegung durch Oberbürgermeister Sven Schulze haben zahlreiche Klassen von weiterführenden Schulen ihr Kommen zugesagt. Der Chor der Jüdischen Gemeinde Chemnitz gestaltet die Gedenkveranstaltung musikalisch.
Straßensperrung am Donnerstagvormittag
Aufgrund des Gedenkens an der Stele am Stephanplatz wird die Reichsstraße am Donnerstag von 9.30 bis zirka 12 Uhr zwischen Zwickauer Straße und Weststraße komplett gesperrt. Eine Umfahrung ist über die Weststraße - Barbarossastraße bzw. Zwickauer Straße - Barbarossastraße oder alternativ über die Leipziger Straße - Hartmannstraße - Theaterstraße - Falkeplatz - Zwickauer Straße möglich. Die Polizei sichert die Veranstaltung zusätzlich operativ ab.
Podiumsgespräch über "Perspektiven Jüdischen Lebens in Chemnitz"
Um 18 Uhr werden anlässlich des 85. Jahrestages der Pogromnacht die "Perspektiven Jüdischen Lebens in Chemnitz" in einem öffentlichen Podiumsgespräch in den Kunstsammlungen am Theaterplatz thematisiert. Auf dem Podium sprechen Renate Aris, die letzte Holocaust-Überlebende in Sachsen, die Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde, Ruth Röcher, Daniel Dost von den Buntmacher*innen und Oberbürgermeister Sven Schulze. Das Gespräch ist Teil des Rahmenprogramms zur Ausstellung "Aus Chemnitz. Ein Klavier". Zudem präsentieren die Buntmacher*innen ab 19 Uhr an den Kunstsammlungen am Theaterplatz die Ergebnisse eines Kunst- und Erinnerungsprojektes. In dem Projekt wurden hölzerne Duplikate von Stolpersteinen erstellt, die ab 2024 didaktisch zum Einsatz kommen sollen.
Lichterwege und Lichtpunkte
Am späten Nachmittag, ab 16.30 Uhr, werden die Chemnitzer Stolpersteine an diesem Gedenktag gereinigt und bedacht. Seit vielen Jahren machen sie auf die Schicksale der Opfer des Nationalsozialismus aufmerksam. Alle 307 Stolpersteine, die in Chemnitz an den letzten Wirkungs- oder Wohnstätten der Opfer verlegt worden sind, werden in der von den Buntmacher*innen initiierten Aktion "Lichterwege" geputzt. Ein großes Netzwerk aus Vereinen, Initiativen, Kirchgemeinden und Schulen setzt das Vorhaben um. An verschiedenen Stolpersteinen werden sich Akteurinnen und Akteure darüber hinaus an sogenannten "Lichtpunkten wider das Vergessen" versammeln und gemeinsam an die Opfer der Pogromnacht erinnern. Initiiert vom Bündnis Chemnitz für Menschlichkeit soll an zahlreichen Orten in der Stadt Gelegenheit zum aktiven Erinnern, Mahnen und Begegnen sein.
Ungewöhnliche Tatort-Begehung
Auch die Universitätsbibliothek, Straße der Nationen 33, beteiligt sich am 9. November mit einer Vorführung des Films "Die Ecke" an der Aktion "Lichtpunkte wider das Vergessen". Der Film startet um 19.30 Uhr und lädt die Zuschauerinnen und Zuschauer auf eine ungewöhnliche Tatort-Begehung ein: Im Dorf Oberdorla in Thüringen starb kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs ein junger amerikanischer Soldat an einer Straßenecke. Das Foto des toten Soldaten ging um die Welt - und es bewegt bis heute das Dorf. Die Ecke sieht heute noch fast genauso aus wie damals. Es wirkt, als gäbe es eine unsichtbare Verbindung zwischen den Zeiten. Die Autorin und Regisseurin Christa Pfafferott berührte dies so sehr, dass sie der Geschichte des Bilds nachging und dabei Spuren bis ins Heute entdeckte. Nach der Vorführung des Films, der in deutscher Sprache mit englischen Untertiteln gezeigt wird, können die Zuschauerinnen und Zuschauer noch mit der Regisseurin und den Produzenten des Films ins Gespräch kommen.
erschienen am 04.11.2023