Was können Verbraucher eigentlich noch glauben? Dass Klima- und Umweltschutz komplexe Themen sind, ist unbestritten. Doch auch Experten scheinen sich nicht mehr einig zu sein, was der Umwelt hilft oder schadet. Jüngstes Beispiel: Die Posse um sogenannte Pelletheizungen, die sich vor allem bei umweltbewussten Menschen immer größere Beliebtheit erfreuen. Pellets sind gepresste, naturbelassene Säge- und Hobelspäne, die meist in automatisch arbeitenden Pelletöfen verbrannt werden und so Wärme liefern. Und obwohl der kürzlich veröffentlichte Bericht zu den Luftqualitätsgrenzwerten in Deutschland 2021 keine Überschreitungen der Feinstaubgrenzwerte erkennen ließ, zeigt sich Dirk Messner, Präsident des Umweltbundesamtes, unzufrieden: Die 20 Jahre alten Grenzwerte seien zu hoch und müssten überarbeitet werden, denn in den Städten würden zehntausende Menschen an den Folgen von Feinstaub sterben. Aus Klimaschutz-, Luftreinhalte- und ökologischen Gründen spricht sich das Bundesumweltamt deshalb gegen die Installation von Holzheizungen aus. Darunter fallen auch Pelletheizungen. Das Kuriose: Das Bundeswirtschaftsministerium unterstützt die Anschaffungen solcher Heizungen mit entsprechenden Förderungen.
Vom Staat geförderte Feinstaubbelastung?
Zur Erklärung: Pelletheizungen heizen klimaneutral, da sie einen Rohstoff nutzen, der bei seiner Verbrennung genau so viel CO₂ abgibt, wie er im Verlauf seines Wachstums aus der Atmosphäre absorbiert hat. Daher wird die Pelletheizung vom Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) als Träger der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) mit bis zu 33.000 Euro besonders hoch gefördert - vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) sowie der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW). Auch auf der Internetseite der Energieberatung der Verbraucherzentrale ist es nach wie vor zu lesen: "Das Heizen mit Pelletheizungen ist in Deutschland eine umweltfreundliche und wirtschaftlich sinnvolle Alternative zu Erdöl oder Erdgas." Als Nachteile werden vergleichsweise hohe Anschaffungs-, Wartungs- und Stromkosten sowie der hohe Platzbedarf aufgezählt. Kein Wort von zu hoher Feinstaubkonzentration.
Verband übt Kritik
Der Vorstoß des Umweltbundesamtes sei "nicht nur mit Blick auf die Klimaschutzbemühungen des Bundes kontraproduktiv", sondern werde "dem Entwicklungsfortschritt moderner Pelletfeuerungen nicht gerecht", sagt Beate Schmidt-Menig, Vorsitzende des Deutschen Energieholz- und Pellet-Verbands (DEPV). "Pelletheizungen und Pelletkaminöfen beteiligen sich heute laut DEPV gerade einmal mit 0,3 Prozent an der bundesweiten Feinstaubbelastung." Das Umweltbundesamt selbst habe auf die rückläufigen Mengen bei Feinstaub aus Holzfeuerungen in den letzten zehn Jahren hingewiesen. Diese Entwicklung werde sich aufgrund von Stilllegungsfristen für Kaminöfen weiter fortsetzen. Zur Erinnerung: Die Verordnung über kleine und mittlere Feuerungsanlagen regelt diese Außerbetriebnahmen von alten Anlagen bereits.
Pelletheizungen immer beliebter
Aus Sicht des DEPV spielt die Holzenergie bei der Energiewende eine entscheidende Rolle. So würden in Deutschland rund zwei Drittel der eingesparten CO₂-Emissionen bei der Wärmeerzeugung durch moderne, automatisch betriebene, mit Holz und Pellets befeuerte Zentralheizungssysteme erbracht. "Ohne moderne Holzenergie ist die von der Bundesregierung bis zum Jahr 2030 geplante Reduzierung der Treibhausgase aus Gebäuden keinesfalls möglich", bekräftigte Schmidt-Menig. Mit 86.500 neuen Anlagen wurden 2021 knapp 40 Prozent mehr als im Vorjahr installiert. Damit waren in Deutschland Ende 2021 rund 570.000 Pelletfeuerungen in Betrieb. Für 2022 rechnen Experten mit einem steigenden Zubau von insgesamt 91.000 Pelletfeuerungen. Die dadurch eingesparte CO₂-Menge wird vom DEPV mit über 4 Millionen Tonnen beziffert.
erschienen am 23.02.2022