Gleich zu Beginn dieser Konzertkritik möchte der Autor den Lesenden reinen Wein einschenken: Er ist sonst viel eher auf den Fußballplätzen der Region oder im lokalen Nachrichtengeschehen daheim - oder versucht den generellen Überblick in der Redaktion zu behalten. Dennoch wagte er am Freitagabend einen Ausflug in die hohe musikalische Kunst der 1920er und 1930er Jahre: Max Raabe gastierte wie auch schon am Donnerstagabend in der ausverkauften Stadthalle in Chemnitz. Und die Leute wussten offenbar, warum sie sich ein (zugegebenermaßen nicht ganz billiges) Ticket für den Bariton-Meister besorgt hatten: Denn die insgesamt etwa zweistündige Show war jeden Cent wert: Raabe und sein zwölfköpfiges Palastorchester strahlten allesamt eine Begeisterung für die Musik und ihre Tätigkeit auf der Bühne aus, die wahrlich ansteckend wirkte. Doch der Reihe nach...
Eine Entschuldigung zu Beginn, die es gar nicht hätte geben müssen...
Kurz nach 20 Uhr begrüßte Max Raabe die Gäste und entschuldigte sich zunächst: Denn eigentlich sollte die Doppelshow bereits Ende November stattfinden, musste jedoch aufgrund von Krankheit des Sängers in den Januar verschoben werden. "Doch nun bin ich wieder auf dem Damm und wir möchten Ihnen einen schönen Abend bereiten", erklärte Raabe. Gesagt, getan. Sogleich legte man mit einigen Klassikern aus den 1920er und 1930er Jahren los. Zu hören waren viele bekannte Lieder, die in insgesamt fünf Sprachen vorgetragen wurden: Neben vielen deutschen Beiträgen gab es auch italienische, spanische, englische und französische Klänge.
Anekdoten und Witze überaus charmant verpackt
Zwischen den Liedern informierte der Künstler immer wieder beharrlich über das Jahr, aus denen die Werke stammten, und die damaligen Interpreten. Meist verpackt mit amüsanten Kurzgeschichten und kleinen Witzen. So referierte Raabe beispielsweise über Lohengrin und seine Elsa, bei denen man wirklich nicht von Speeddating sprechen konnte und überzeugte auch mit Kenntnissen der Biologie: So ist es Maulwürfen und Spitzmäusen wohl vergönnt, ihr Gehirn in den kalten Wintermonaten etwas schrumpfen zu lassen, um Energie zu sparen. Eine Fähigkeit, die Raabe auch dem ein oder anderen "sich merkwürdig verhaltenden Menschen" im Alltag nicht gänzlich absprechen wollte...
Auch Gassenhauer waren dabei - und eine ganz wichtige Botschaft
Neben Klassikern von "Der perfekte Moment wird heute verpennt" und "Wer hat hier schlechte Laune" hatte Raabe auch einen eigens komponierten Song im Gepäck, der 2022 entstand und wohl auf den Punkt bringt, was viele Menschen nach mehreren äußerst ausbaufähigen Jahren hoffen:
"Es wird wieder gut
Der Schmerz wird vergehen
Und du wirst sehen
Es wird wieder gut
Es wird wieder gut
Es ging alles schief
Ganz massiv
Es war, wenn man mal ehrlich ist - Ein Tief"
Frenetischer Jubel und drei Zugaben
Als sich Raabe und seine Musiker gegen 22 Uhr das erste Mal vom Publikum verabschiedeten, ahnten Kenner des Fachs sicher bereits, dass es das noch nicht gewesen sein kann. Und sie wurden bestätigt: Insgesamt drei Zugaben standen auf dem Programm, bei der auch der "kleine, grüne Kaktus" und als letzter Song des Abends ein "Schlaflied" nicht fehlen durften. Die Stadthallenbesucher quittierten die musikalische Leistung auf der Bühne mit stehenden Ovationen und minutenlangen Beifall. Und auch der eigentlich eher im Fußball und den Lokalnachrichten verhaftete Autor fand sich plötzlich stehend und klatschend vor seinem Platz vor...
Tipp: Und wer nun gern ebenfalls einmal Max Raabe samt Palastorchester live erleben möchte, der kann dies Ende des Jahres - am 13. und 14. Dezember 2024 - erneut in der Chemnitzer Stadthalle - oder am 7. Februar 2025 in Zwickau. Tickets dafür gibt es in den Shops von BLICK und Freie-Presse sowie an allen bekannten Vorverkaufsstellen.
erschienen am 27.01.2024