Die Tempolimit-Debatte auf dem Chemnitzer Südring ist keinesfalls eine neue. Bereits seit Jahren wird diskutiert, inwieweit eine Begrenzung der Geschwindigkeit besonders in Hinblick auf Lärmschutz den Anwohnern entgegenkommen kann. Im August letzten Jahres rief die Wohnungsgenossenschaft Chemnitz-Helbersdorf (WCH) zusammen mit der Bürgerinitiative "Lärmschutz B 174 e.V." eine Petition ins Leben, um aktive Lärmschutzmaßnahmen am Südring umsetzen zu können. Obwohl sich der Chemnitzer Stadtrat lange Zeit gegen ein Tempolimit von 50 km/h entgegen der mehrheitlich geltenden 70km/h ausgesprochen hatte, wurde die Begrenzung für Teile des Südrings Anfang Februar beschlossen.
Während einige Anwohner erleichtert aufatmen und auf mehr Lärmschutz hoffen, sehen andere das Tempolimit von 50km/h sehr kritisch. "Durch die Begrenzung müssen die LKWs nun noch mehr bremsen, was nicht wirklich zu einer Verringerung des Lärms beiträgt", heißt es von einem Anwohner in Helbersdorf. Auch der zur Rush Hour entstehende Stau wachse dadurch nur noch mehr an und führe zu Verärgerung, lautem Hupen und potentiellen Auffahrunfällen.
Nun entfacht die Diskussion um die Geschwindigkeit auf dem Südring wieder neu, da Teile das Chemnitzer Stadtrats nun eine Begrenzung auf 50km/h für den gesamten Südring fordern.
Das sagen die Chemnitzer Ratsfraktionen dazu
SPD: "Es handelt sich dabei um ein schwieriges und vieldiskutiertes Thema. Auch in der Fraktion gibt es unterschiedliche Ansichten", so Detlef Müller, Fraktionsvorsitzender der SPD-Fraktion im Chemnitzer Stadtrat. Der Großteil sei aber der Meinung, da es sich beim Südring um eine Bundesstraße und einen Autobahnzubringer handelt, es solle nur bei besonders von Lärm betroffenen Streckenabschnitten und Unfallschwerpunkten eine Begrenzung auf 50 km/h geben. "Ansonsten halte ich die 70 km/h bei einer Bundesstraße für weiterhin in Ordnung, auch im Sinne eines guten und zügigen Verkehrsflusses."
CDU: Aus Sicht der CDU-Fraktion sollte die entlastende Wirkung des Südrings mit jedem neuen 50 km/h Abschnitt für andere Straßen und Routen durch die Stadt weiter infrage gestellt werden. "Der Südring sollte seine Funktion weitgehend behalten und kann mit Lärm mindernden Maßnahmen ausgestattet werden, beispielsweise durch Flüsterasphalt", so ein Sprecher der Fraktion.
Wenn durchgängig 50 km/h bestehen, gäbe es laut der CDU keine Voraussetzung mehr, den Südring teurer auszustatten als andere Straßen.
Die Linke/Die Partei: Die Auffassung der Fraktionsgemeinschaft aus Die Linke und die Partei ist, auch aus Gründen des Lärmschutzes, Tempo 50 von der Annaberger Straße bis zur Neefestraße einzusetzen. "Wenn durch Tempo 50 der Verkehrsfluss verbessert werden kann, sollte eine Ausdehnung auf den gesamten innerstädtischen Teil des Südrings in Betracht gezogen werden", sagte der Sprecher für Mobilität, Heiko Schinkitz.
An jeder Kreuzung neue Geschwindigkeiten festzulegen mache allerdings wenig Sinn, da ein kontinuierliches Tempo zusammen mit einer intelligenten Ampelschaltung am wirtschaftlichsten sei. Weiterhin solle beim Lärmschutz der Schwerpunkt auf einem Nachfahrverbot für LKWs liegen, während kombinierte Maßnahmen eingesetzt werden.
Bündnis 90/Die Grünen: Auch die Grünen legen trotz Starkmachen für die 50 km/h-Regel Wert auf die Erhaltung des fließenden Verkehrs. "Der Südverbund ist für Geschwindigkeiten bis 70 km/h gebaut. Eine Geschwindigkeitsbegrenzung kann nicht pauschal für den gesamten Südverbund festgelegt werden." Es gäbe einzelne Abschnitte, die Lärmschutz für unmittelbar betroffene Anwohner erfordern. Das könne dann Schallschutz, Fahrbahnbelag, Tempolimit oder eine Kombination sein. "Wir setzen uns dafür ein, dass untersucht und begründet wird, welche Lärmschmutzmaßnahme im jeweiligen Bereich möglich und geeignet ist."
AfD: Die AfD-Fraktion spricht sich deutlich gegen eine gesamte Geschwindigskeitsbegrenzung aus. "Auf einem Stadtring die Geschwindigkeit herabzusetzen, ist absolut weltfremd", sagt AfD-Stadtrat Steffen Wegert. Schon jetzt gäbe es erste Beschwerden, dass der Lärm mittlerweile sogar noch höher sei als vor der Reduzierung auf 50 km/h. "Eine grüne Minderheit provoziert hier das Ende des motorisierten Individualverkehrs. Diese Ideen gefährden Transportwege und verdrängen den Verkehr wieder in die Wohngebiete und in die Innenstadt."
FDP: "Die Forderung der Grünen nach Tempo 50 lehne ich entschieden ab. Der Südring muss auch weiterhin eine schnelle Verbindung innerhalb der Stadt bleiben und keine Strecke zum Schleichen", erklärt das FDP-Fraktionsmitglied Frank-Müller Rosentritt. "Um den Lärm des Südrings zu reduzieren, müssen andere Optionen genutzt werden." Bevor ein dauerhaftes Tempolimit kommt, solle zunächst die Möglichkeit des Flüsterasphalts geprüft und bestenfalls umgesetzt werden. "Das wäre zum Wohle sowohl der Anwohner als auch des Verkehrsflusses."