Handwerk blickt kritisch auf Leistungen der Ampelkoalition

Wirtschaft Vollversammlung der Handwerkskammer Chemnitz verabschiedet Resolution

Fast die Hälfte der Legislaturperiode des aktuellen Deutschen Bundestages ist vorüber. Die Vollversammlung der Handwerkskammer Chemnitz zog am Samstag, 17. Juni, in Eibenstock eine verheerende Bilanz der bisher erreichten Leistungen der Ampelkoalition. Es sei der geeignete Zeitpunkt, um aus Sicht des Handwerks ein kritisches Resümee zu ziehen und aufzuzeigen, welche Grundlagen politischen Handelns für die Zeit bis zur nächsten Bundestagswahl gelten müssen, heißt es in einer am Samstag verabschiedeten Resolution. Viel zu oft werde "partei-programmatisches Denken über zielführende und pragmatische Lösungsansätze gestellt". Dies könne sich eine deutsche Volkswirtschaft nicht leisten.

"Innerhalb der Ampelkoalition gibt es viele Differenzen"

Die Liste mit den kritischen Punkten ist lang: "Das hin und her bei der Gasumlage, langwierige Abstimmungsprozesse innerhalb der Koalition, Unklarheiten und zeitliche Verzögerungen beim Zustandekommen von Hilfsprogrammen, kurzfristige Streichungen von Förderungen oder Sparen statt Investieren tragen nicht zu Vertrauen in und Akzeptanz für das Handeln der Bundesregierung bei." Handwerkskammer-Präsident Frank Wagner: "Die Diskussion über die Einführung einer Gasumlage, das neue Gebäudeenergiegesetz oder das Ende der Braunkohlenutzung in Deutschland haben uns beispielhaft deutlich gemacht: Innerhalb der Ampelkoalition gibt es viele Differenzen." Aber nicht alles sei falsch gewesen, heißt es in der Erklärung: "So konnte beispielsweise eine Gasmangellage verhindert werden. Und die Gas- und Strompreisbremsen sowie Härtefallhilfen für andere Energieträger zeigen Wirkung und helfen den Betrieben."

Energiewende fair und transparent gestalten

Die Vollversammlung fordert in der Resolution im Wesentlichen vier Punkte, die die Bundesregierung für den Rest der Legislaturperiode umsetzen sollte. So müssten die Energiewende und alle damit verbundenen Transformationsprozesse fair, transparent und realistisch umsetzbar gestaltet werden. Es seien die entscheidenden Grundlagen zu schaffen, die für die Umsetzung notwendig sind - "gemeinsam mit allen Beteiligten und nicht von oben herab".

Mittel- und langfristig mehr Fach- und Arbeitskräfte gewinnen

Dieser Transformationsprozess könne nur mit gut ausgebildeten Fach- und Arbeitskräften gelingen, an denen es immer mehr fehlt. "Statt beispielsweise eine nicht notwendige Ausbildungsplatzgarantie zu schaffen, sollten die dafür verwendeten Ressourcen stärker und gezielt in die berufliche Bildung und Berufsorientierung investiert werden. Auch wenn hier kurzfristig keine Verbesserungen zu erwarten sind, kann jetzt die Grundlage dafür geschaffen werden, um mittel- und langfristig mehr Fach- und Arbeitskräfte zu gewinnen."

"Tiefgreifende Reform der Systeme"

Zudem fordert die Vollversammlung, dass jegliches politische Handeln Gesellschaft und Wirtschaft zugutekommt. Eine Bevorzugung Einzelner dürfe es nicht geben. "Die Schaffung beispielsweise eines Industriestrompreises, der nur wenigen Industriebetrieben nützt, der Rest der deutschen Wirtschaft aber davon nicht profitiert, ist schlicht Wettbewerbsverzerrung." In einem vierten Punkt wird eine nachhaltige Reform der Sozialsysteme - vor allem unter Einhaltung der 40-Prozent-Marke bei den Sozialversicherungsbeiträgen - gefordert. "Um der Alterung der Gesellschaft, fehlenden Fach- und Arbeitskräften sowie der Digitalisierung der Arbeitsprozesse auch bei den Sozialversicherungen Rechnung zu tragen, braucht es eine tiefgreifende Reform der Systeme, die sowohl auf die Interessen der Wirtschaft als auch der Beitragszahler Rücksicht nimmt. Generationengerechtigkeit muss hier gelebt werden."

"Kommende zwei Jahre zielgenau, realistisch und nachhaltig nutzen"

Handwerkskammer-Präsident Frank Wagner appelliert: "Die Bundesregierung und die drei Koalitionsfraktionen sind gut beraten, zielgenau, realistisch und nachhaltig die kommenden zwei Jahre zu nutzen, um wichtige Weichenstellungen für unsere Gesellschaft und Wirtschaft auf den Weg zu bringen und dabei alle Beteiligten mitzunehmen und niemanden zu bevorzugen oder zu benachteiligen." Die Vollversammlung der Handwerkskammer besteht aus 39 gewählten Vertretern aus verschiedenen Gewerken und verschiedenen Regionen des Kammerbezirks. 26 Mitglieder der Vollversammlung sind Arbeitgeber, 13 sind Arbeitnehmer.



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