Chemnitz / Oberlungwitz. Ein spannender Kriminalfall um mehr als 500 Jahre alte Kirchenfiguren steht im Mittelpunkt der neuen Sonderausstellung im Schlossbergmuseum in Chemnitz. Unter dem Titel "Die geraubten Heiligen - Gotische Kunst mit bewegter Geschichte" wird sie bis 4. Juni gezeigt.
Alte Geschichte
Ein Teil der Exponate hat deutlich mehr erlebt, als vergleichbare Figuren aus der Zeit der Spätgotik. Um 1517 in Zwickau bei Leonhardt Herrgott gefertigt, gehörten sie für fast 300 Jahre zu einem Flügelalter in der St. Martins-Kirche in Oberlungwitz. Nach deren Umbau im Jahr 1804 standen sie im Turm des Gotteshauses, das im Oktober 1990 Opfer eines spektakulären Kunstraubes wurde. Diebe stiegen in die Kirche ein und stahlen acht Figuren von unschätzbarem Wert. Spuren der Täter gab es nicht. Die Chance, dass die Figuren jemals wiederkommen, schien gering. "Oberlungwitz war nicht das einzige Opfer", weiß Stefan Thiele, Kurator der Ausstellung im Schlossbergmuseum. Denn auch anderswo wurde in der Wendezeit Kunst aus Kirchen geraubt.
Heiße Spur
Wie spätere Ermittlungen ergaben, blieb das Diebesgut aber wahrscheinlich in der Region. Im Jahr 2003 wurde eine der Figuren im Internet zu Kauf angeboten und das Landeskriminalamt Sachsen fand alsbald eine heiße Spur. Insgesamt sieben Figuren konnten die Kriminalisten sicherstellen. Nur die Heilige Katharina ist bis heute verschwunden. Deshalb ist in der Ausstellung nur ein Bild von ihr zusehen, umgeben von den Originalfiguren, genau wie einst im Altar der St. Martins-Kirche. Bei der Anordnung gab eine Zeichnung aus einer rund 250 Jahre alten Chronik aus Oberlungwitz wichtige Hinweise, die ergänzend zu den kunstvollen Schnitzereien ebenfalls in der Ausstellung zu sehen ist. "Sie sind hier in bester Gesellschaft", sagt Thiele über die Figuren, zu denen auch Werke gehören, die viele Jahre in Oberlungwitz und später in einem Depot der Landeskirche versteckt waren.
Wertvolle Neuzugänge
Zur Sonderausstellung gehören außerdem wertvolle Neuzugänge in der Sammlung des Schlossbergmuseums: Ein Flügelaltar aus Technitz (um 1507) sowie ein großes Schnitzrelief, das die Himmelfahrt und die Krönung der Maria zeigt und um 1500 für die Kirche in Leuben bei Meißen gefertigt wurde. Geöffnet ist das Museum von Donnerstag bis Sonntag sowie dienstags von 11 bis 18 Uhr und mittwochs von 14 bis 20 Uhr.
erschienen am 26.03.2023