Am Freitag wurde vom Bürgerverein Für Chemnitz e. V., in Zusammenarbeit mit der Migrationsbeauftragten der Stadt Chemnitz, Etelka Kobuß, im Stadtverordnetensaal des Chemnitzer Rathauses zum 20. Mal der Chemnitzer Friedenspreis feierlich verliehen.
Was ist der Chemnitzer Friedenspreis?
Der Chemnitzer Friedenspreis ist ein zivilgesellschaftlicher Preis, von Bürgern für Bürger. Mit dem Preis werden Personen, Organisationen, Projekte und Initiativen aus Chemnitz ausgezeichnet, die für Grundwerte wie Toleranz und Demokratie eintreten, die Integration verschiedener Kulturen als wesentlichen Bestandteil unseres Zusammenlebens betrachten, gegen jede Form von Ausgrenzung, Fremdenfeindlichkeit und Rassismus Position beziehen, aktive Friedensarbeit leisten und ein gewaltfreies Miteinander fördern und unterstützen. In diesem Jahr konnte die Verleihung wieder kurz vor dem 5. März, dem Chemnitzer Friedenstag stattfinden. Am Jahrestag der Bombardierung von Chemnitz 1945 geht es darum, Frieden generationenübergreifend weiter zu denken.
Wer sind die Preisträgerinnen und Preisträger?
Aus zahlreichen vorgeschlagenen Projekten, Personen und Initiativen wurden nach Projektbesuchen und persönlichen Gesprächen mit den Nominierten folgende Preisträger durch eine vielfältig zusammengesetzte Jury ausgewählt:
Der 1. Preis
Mit dem ersten Preis wurde in diesem Jahr Seniorpartner in School / Regionalgruppe Chemnitz ausgezeichnet. "Wenn Kinder befähigt werden, einen Konflikt zu lösen und nicht den anderen zu besiegen, ist die Basis für Frieden gelegt." Mit dieser Intention engagieren sich Chemnitzer Senior:innen ehrenamtlich, um Grundschüler:innen bei einer gewaltfreien Konfliktlösung zu unterstützen. Dabei geht es darum, im Fall eines Konflikts zu vermitteln. Den Kindern wird geholfen, das Thema des Konflikts und ihre eigene Sicht darauf zu benennen. Sie lernen auch, die Sicht des anderen zu verstehen und zu respektieren. Das Ziel ist es, eigenständig und gemeinsam eine Lösung zu finden. Auf diese Weise vermitteln die lebenserfahrenen Ehrenamtler:innen an noch ganz junge Menschen die Grundlagen für ein friedliches und demokratisches Miteinander.
Für dieses Engagement wurden die 23 Aktiven der Chemnitzer Regionalgruppe der Seniorpartner in School mit dem ersten Preis des Chemnitzer Friedenspreises 2023 ausgezeichnet, verbunden mit einem Preisgeld von 500 Euro sowie der Friedenspreis-Skulptur des Bildhauers Erik Neukirchner.
Der 2. Preis ging an:
Ella und Vladimir Shvemmer - Das Ehepaar kam 2004 aus dem Ural nach Deutschland und lebt seit 2017 in Chemnitz. Ella Shvemmer war Schulleiterin, ihr Mann Vladimir Shvemmer promovierte 1979 in Didaktik der Fotografie. Er war Dekan und Prorektor an der Staatlichen Pädagogischen Universität in Tscheljabinsk. Die Förderung derer, die hier auch als Fremde leben, haben sie sich zur Lebensaufgabe gemacht. Sie wissen genau, was Flüchtlinge brauchen, wenn sie in einem anderen Land angekommen sind: Vernetzung in die Gesellschaft; Unterstützung bei alltäglichen Dingen, Perspektiven für die Zukunft; Möglichkeiten, die eigene Kultur und Religion zu leben.
Ella und Vladimir Shvemmer organisieren gemeinsames interreligiöses Kochen, widmen sich den Problemen der Flüchtlinge an einem privaten Hilfstelefon, geben traumatisierten Kindern und Jugendlichen die Chance, in Kunsttherapien ihre Erlebnisse künstlerisch zu verarbeiten und ermöglichen den "Fotofreunden Chemnitz 2020", Lebens- und Fluchtgeschichten in fotografischen Motiven zu zeigen. Mit dem zweiten Preis erhielten sie auch die dazu gehörende Summe von 300 Euro.
Wer erhielt den 3. Preis?
Der dritte Preis wurde vergeben an Medibüro Chemnitz e.V. Seit 2009 besteht in Deutschland eine Allgemeine Krankenversicherungspflicht. Und doch gibt es Menschen ohne Krankenversicherung. Können sie eine Behandlung nicht selbst bezahlen, bleibt ihnen medizinische Versorgung verwehrt. In ganz Deutschland gibt es Menschen, die das ändern wollen. Seit 2019 auch in Chemnitz. Der Verein Medibüro Chemnitz e.V., mit rund 15 Mitgliedern, gibt Betroffenen Beratung über eine permanente telefonische Bereitschaft.
Sie bauen ein Netzwerk von Ärzten und Therapeuten auf, um in medizinischen Notfällen Hilfe zu ermöglichen. Die ehrenamtlich Engagierten suchen für jeden Fall nach Möglichkeiten, einen Versicherungsschutz zu erlangen, beraten und helfen, bürokratische Hürden zu überwinden oder ausstehende Versicherungsbeiträge bezahlbar zu machen. Bei der konkreten Hilfe bleibt es nicht. Sie kämpfen, gemeinsam mit überregionalen Partnern, für einen "anonymen Behandlungsschein" für Nichtversicherte. "Unser größtes Ziel", so sagen sie, "ist es, dass wir als Medibüro überflüssig werden."
Für seine Unterstützung von Menschen in gesundheitlichen Notsituationen und sein Engagement für ein gerechtes Krankenversicherungssystem wurde der Verein mit dem dritten Preis ausgezeichnet, dotiert mit einer Summe von 200 Euro.
Der Kinder- und Jugendpreis
Mit dem Kinder- und Jugendpreis wurden die Klassen 7 der Annen-Oberschule Chemnitz ausgezeichnet.
Kann man die Zukunft malen? Was wird sie bringen? Wenn Schülerinnen und Schüler der Annen-Oberschule Chemnitz die Bilder gleichaltriger Kinder aus Nicaragua, Brasilien, Albanien oder aus verschiedenen Kriegsgebieten sehen, rückt der Wunsch nach Frieden und Sicherheit in den Mittelpunkt. Ihre Zukunftswünsche brachten die Chemnitzer Kinder authentisch zu Papier und ließen daraus wunderbare Bilder entstehen. Für ihre kreativen Friedenswünsche werden die Schülerinnen und Schüler der Klassen 7 mit dem Kinder- und Jugendpreis des Chemnitzer Friedenspreises 2023 ausgezeichnet.
Die Preisverleihung
Bürgermeisterin Dagmar Ruscheinsky eröffnete mit einem Grußwort der Stadt die festliche Vergabe. In seiner Begrüßung erinnerte der Sprecher der Jury, Egmont Elschner, an Siegfried Bauer, langjähriges Jury-Mitglied, der vor einigen Wochen verstarb. Nancy Gibson wurde für ihr jahrelanges Engagement in der Jury und bei der Organisation der Preisverleihungen gedankt.
Die Laudationes hielten für den Kinder- und Jugendpreis Julia Bombien, für den dritten Preis Sabine Kühnrich und Dorothee Lücke für den zweiten Preis. Die Laudatio für den ersten Preis hielt Ronald Langhoff. Lina Motsiuk und Henrik Lehmann von der Städtischen Musikschule Chemnitz gestalteten die Festveranstaltung musikalisch aus. Im Anschluss gab es einen kleinen Empfang.
erschienen am 03.03.2023