Fast jede zweite Heizung in Deutschland wird mit Gas betrieben - und ist dadurch direkt von steigenden Gaspreisen betroffen. Im vergangenen Jahr war die Zahl der neu installierten Gasheizungen in Deutschland sogar so hoch wie zuletzt vor 25 Jahren: Laut Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie sind 2021 rund 653.000 Gasheizungen in deutschen Haushalten hinzugekommen.

Chemnitz heizt am häufigsten mit Gas

Bei Wohngebäuden, die 2016 bis 2020 erbaut wurden, war Gas bundesweit mit einem Anteil von 44,9 Prozent die am häufigsten eingesetzte primäre Heizenergie. Gas zum Heizen wurde deutschlandweit im Landkreis Aurich mit 91,9 Prozent am häufigsten eingesetzt. Den geringsten Anteil hatte die kreisfreie Stadt Flensburg mit 2,5 Prozent. Laut dem Statistischen Landesamt lag der Anteil in Sachsen mit 39,7 Prozent zwar unter dem bundesweiten Durchschnitt, war jedoch bei neu fertiggestellten Wohngebäuden ebenfalls die am häufigsten eingesetzte Heizenergie. Umweltthermie folgte beim Vergleich aller Bundesländer mit 32,4 Prozent an zweiter Stelle. Auch in Sachsen war sie mit 32,5 Prozent zweithäufigste primäre Heizenergieart. Regional zeigen sich dabei starke Unterschiede: In Sachsen wird in Chemnitz mit 47,5 Prozent am häufigsten Gas als Heizenergie verwendet, der geringste Anteil liegt mit 32,1 Prozent im Landkreis Meißen. In drei sächsischen Landkreisen überstieg der Anteil Umweltthermie als primäre Heizenergie mit jeweils über 36 Prozent den Anteil von Gas: im Vogtlandkreis und in den Landkreisen Meißen und Nordsachsen. Werden nicht nur neu fertiggestellte Wohngebäude in die Betrachtung einbezogen, sondern alle bewohnten Wohnungen in Deutschland, wurden diese 2018 mit 52,1 Prozent überwiegend mit Gas beheizt.

Wirtschaftsminister sieht Senkung der Mehrwertsteuer auf Erdgas kritisch

Zu den extrem verteuerten Gaspreisen und der von der Bundesregierung angekündigten Senkung der Mehrwertsteuer auf den Gaspreis sagt Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig: "Ich glaube nicht, dass die geplante Senkung der Mehrwertsteuer den Verbrauchern und Unternehmen ausreichend helfen wird. Bei vielen Unternehmen ist die Mehrwertsteuer ein durchlaufender Posten, weshalb durch eine Senkung der Steuer kein positiver Effekt hängen bleiben wird. Zudem ist unklar, ob die Reduzierung in der angestrebten Höhe die Kosten der Gasumlage bei den Verbrauchern überhaupt ausreichend ausgleicht." Gerade für viele private Verbraucherinnen und Verbraucher stelle sich durch die explodierenden Gaspreise die Frage, ob und wie sie ihre Rechnungen überhaupt noch bezahlen können. Die Mehrwertsteuersenkung mindere nur die Steuerlast auf die verteuernden Kosten. "Das hilft vielleicht kurzfristig für ein paar Wochen, aber wir stehen vor möglicherweise langanhaltenden Kostensteigungen. Da stellt sich - gerade für Geringverdiener - die Frage, wie sie sich den Gasverbrauch dauerhaft leisten sollen."

Vorschlag für bezahlbare Grundversorgung

Dulig schlägt deshalb einen Gaspreisdeckel für alle Verbraucher - gleich ob private Haushalte oder Unternehmen - vor. "Dieser wird über eine Gasgrundmenge definiert, welche 80 Prozent beträgt. Die Kosten bemessen sich Vorjahresverbrauch und auch am Vorjahrespreis. Die Differenz zum aktuellen Marktpreis muss steuerfinanziert vom Bund getragen werden. Alles was dann darüber hinaus geht, wird zu aktuellen Marktpreisen abgerechnet, inklusive Gasumlage." Dies schaffe einen echten Anreiz zum Energiesparen und ermöglicht eine bezahlbare Grundversorgung für alle.

Hintergrund

Die Bundesregierung will wegen der enorm gestiegenen Gaspreise die Mehrwertsteuer auf Erdgas für einen befristeten Zeitraum senken. Der ermäßigte Mehrwertsteuersatz von 7 Prozent soll so lange gelten, wie die staatliche Gasumlage erhoben wird - also bis Ende März 2024. Mit der Gasumlage können Importeure ab Oktober aufgrund der starken Drosselung russischer Gaslieferungen ihre Beschaffungskosten an die Verbraucher weitergeben.