Chemnitz. Als am Donnerstagabend um 23.01 Uhr die ordentliche Mitgliederversammlung des Chemnitzer FC nach fast fünf Stunden in der "Messe Chemnitz" beendet war, herrschte unter den meisten der noch anwesenden CFC-Mitgliedern lange Gesichter. Der Grund: Die Wahl zum Ehrenrat war ungültig. So erreichten nur vier - der insgesamt 14 zur Wahl stehenden - Kandidaten die einfache Mehrheit. Fünf hätte es für eine erfolgreiche Wahl benötigt. Damit bleibt vorerst der alte Ehrenrat - bestehend aus Dr. Eberhard Langer (Vorsitzender), Uwe Heß (stellvertretender Vorsitzender), Mario Lengtat, Wolfgang Meyer, Frank Sorge und der April 2022 kooptierte Stefan Fritzsche - in Amt und Würden, bis es Neuwahlen gibt. Die nächste - ordentliche - Mitgliederversammlung ist im Frühjahr 2025 vorgesehen. Da allerdings weder Jahresabschlüsse - und damit keine Zahlen - geliefert wurden, ist davon auszugehen, dass beim Fußball-Regionalligisten im kommenden Jahr eine außerordentliche Mitgliederversammlung ins Haus steht.
Polster und Bilz zeigen sich und ergreifen das Wort
Im Vorfeld wurde mit einer Teilnehmerzahl von bis zu 800 CFC-Mitgliedern gerechnet, final waren es etwas mehr als 300 der insgesamt 2.571 Mitglieder, welche die Himmelblauen aktuell haben. Darunter war mit Susanne Bilz nur eine Vertreterin aus dem Vorstand, der im Sommer geschlossen zurücktrat. Dementsprechend waren Siegfried Rümmler, Michael Reichardt und Marc Arnold nicht anwesend. Gleiches galt auch für Romy Polster, die ehemalige CFC-Chefin fehlte. Ihr Mann, Matthias Polster, CFC-Mitglied und Chef von Polster Catering, war hingegen anwesend und bat via Redebeitrag darum, dass Steuerberater André Schmidt - als Gast der Mitgliederversammlung - die Jahresabschlüsse für das Geschäftsjahr 2022/2023 vorträgt. Da Schmidt kein CFC-Mitglied ist, wurde dieser Antrag abgelehnt. Polster polterte kurz: "Ich möchte mich bedanken, es werden damit keine Zahlen vorgetragen, ich wünsche uns dennoch eine konstruktive Veranstaltung."
Keine Zahlen bedeuten keine Entlastungen
Die daraus resultierende Rechnung ist recht einfach: Neben dem Rechenschaftsbericht des ehemaligen Vorstandes, konnte weiterhin weder für den Chemnitzer FC e.V. noch für die Chemnitzer FC Fußball GmbH ein Jahresabschluss für das Geschäftsjahr 2022/23 gegeben werden, wodurch weder für Vorstand noch Aufsichtsrat für diesen Zeitraum eine Entlastung möglich war. Am Vorabend hatte "Polster Catering GmbH" die Bekanntgabe der Zahlen untersagt. Ergo fielen die Tagesordnungspunkte 10, 11, 12, 15 und 16 weg. Im Vorfeld hatten die CFC-Mitglieder die Chance, die beiden vorläufigen Jahresabschlüsse in der Geschäftsstelle einzusehen: "Das sind sehr traurige Zahlen, die ich da einsehen musste", zeigte sich ein CFC-Mitglied bedrückt. Versammlungsleiter Mario Lengtat betonte, da gegenwärtig eben nur vorläufige und nicht-valide Zahlen für das Geschäftsjahr vorliegen, in diesem Zusammenhang: "Wir stehen für Transparenz und Ehrlichkeit."
Der neue CFC-Vorstandsvorsitzende Helmut Brunhuber, Norman Löster, Vorsitzender im CFC-Aufsichtsrat, und Tommy Haeder, Leiter Geschäftsstelle sowie verantwortlich für Ticketing und Spieltagsorganisation, manifestierten in ihren Redebeiträgen den zukünftigen Kurs der Himmelblauen und blickten offen, ehrlich und kritisch auf Fehler und Altlasten der Vergangenheit zurück. Haeder formulierte, dass - wenn der Worst-Case-Fall eintritt - die CFC Fußball GmbH die Saison mit einem Minus von 270.000 Euro abschließt.
Nachwuchs liefert Erfolge und Zahlen
Ganz auf Zahlen mussten die CFC-Mitglieder also doch nicht nicht verzichten, aber es ging weiter: So schrieb das Nachwuchsleistungszentrum (NLZ) letzte Saison als auch tendenziell in der aktuellen Saison 2023/2024 schwarze Zahlen. Uwe Juds, Koordinator Finanzen & Spielbetrieb beim NLZ, übernahm anstelle von NLZ-Leiter Ulf Mehlhorn den Redebeitrag und zog aus sportlicher Sicht eine sehr positive Bilanz. Besonders beachtlich waren die Leistungen der U17 in der Junioren-Bundesliga sowie der Frauen, die zum zweiten Mal hintereinander in den DFB-Pokal einzogen. Mit Ausnahme der U19 sind in der aktuelle Saison alle NLZ-Teams in den höchsten Spielklassen vertreten. Durch den Verkauf von Aaron Riedel und Stephen Tabuaa an den 1. FC Union Berlin konnten sogar Transfererlöse generiert werden. Juds übte - bei all den guten Informationen - auch Kritik, so reklamierte er fehlende Mitgliedsbeiträge, die eine wichtige Komponente im Etat des Chemnitzer FC e.V. darstellen. Dessen ungeachtet steht der CFC e.V. weiterhin vor infrastrukturellen und finanziellen Herausforderungen. "Die gezielte Förderung und nachhaltige Entwicklung ist und bleibt ein Schwerpunkt", betonte Löster in diesem Zusammenhang.
Abstimmungsmarathon bei der Satzung
Im Vorfeld der Mitgliederversammlung wurden diverse Satzungsänderungen eingereicht. Eine befasste sich mit dem Einfluss, wie viele Gesellschafter zukünftig im Aufsichtsrat sitzen sollen. Drei verschiedene Varianten wurden - nach zielführenden Redebeiträgen von zwei CFC-Mitgliedern - allesamt abgelehnt. Des Weiteren stimmten die CFC-Mitglieder für die Möglichkeit der Kooptation bei Ehrenratsmitgliedern, allerdings verwehrten sie diese Option dem Vorstand. Darüber hinaus erkannten sie den Ehrenrat als höchstes Organ an. Um Satzungspunkte ändern zu können, war eine ¾-Mehrheit erforderlich.
Neues Ehrenmitglied und Applaus für den Trainer
Eine besondere Ehre wurde Karlheinz Sarfert zuteil, dem mittlerweile 95-Jährigen überreichte man die himmelblaue Ehrenmitgliedschaft. Der ehemalige Kassenwart des CFC und Schatzmeister des "Sächsischer Fußball-Verbandes" (SFV) wurde mit lautstarkem und stehenden Applaus beglückwünscht. Gleichfalls mit Applaus wurde CFC-Coach Tiffert versehen, so schätzen es die himmelblauen Verantwortlichen und Anhänger hoch an, dass er - trotz "Sommerschock mit Umbruch" - dem Verein treu geblieben ist und seinen Teil zum Neuaufbau leisten möchte. Für die aktuelle Spielzeit zählt einzig und allein der Klassenerhalt.
Mit Verlässlichkeit und Ehrlichkeit möchte der Chemnitzer FC ein Fundament errichten, um in der Saison 2024/2025 besser dazustehen. Die ersten Schritte sind - mit einer positiven Sponsoring-Entwicklung und Spieltags-Einnahmen sowie der Reduzierung der Personalkosten - bereits gemacht. Bei der Stadt, den städtischen Sponsoren und anderen Sportvereinen, wie den Niners und Crashers, wurden die Fühler bereits ausgestreckt.