Leute, zum Motzen ist mir heute nicht zumute. Da gibt es wohl einen Typen in einem anderen Land, der das noch viel besser kann als ich. Mein Frauchen ist deswegen auch ziemlich niedergeschlagen. Sie starrt ständig auf ihr Handy, runzelt die Stirn und schaut so traurig. Ich wünschte ich könnte ihr helfen und die Freude wieder in ihr Leben bringen.
Autokino mal anders
Was mich immer aufmuntert: Menschen in ihren Autos beobachten. Das habe ich neulich auf dem Weg zum Möbelhaus wieder gemacht. Am liebsten mag ich die Menschen, die Lieder aus dem Radio mitsingen und sich dabei so richtig schön in ihrem Gesichtsfasching verlieren. Dann gibt's noch diejenigen, die denken, man könne sie in ihrem Auto nicht sehen. Die popeln sich alles mögliche aus Ohren, Mund und Nase, richtig widerlich. Am besten beobachten lassen sich aber diese Drängler. Die fahren so dicht auf, dass man an den Rotnuancen ihres Gesichts den Aggressionsgrad ablesen kann. So richtige Diktatoren der Straße sind das. Frauchen bleibt da immer ziemlich gelassen. Sie fährt dann meistens noch ein bisschen langsamer, um der Person hinter uns "eine Lektion in Geduld zu erteilen".
Positive Probleme
Apropos Geduld: Am Samstag mussten wir vor dem Möbelhaus einige Minuten in der Schlange stehen und warten, weil nur eine begrenzte Anzahl an Kunden in den Laden durfte. "Nicht wahr, oder? Ich warte im Auto", sagte ein älterer Herr zu seiner Begleiterin. "Nichts da, Du kommst mit", entgegnete diese. Er wieder: "Wozu bin ich hier, wenn ich warten muss? Da kann ich das genauso gut online bestellen." Können wir uns nicht glücklich schätzen, solche Warteschlangen-Probleme zu haben und nicht von motzenden Typen regiert zu werden?
Herzlichst, euer Besserwisser-Bully
Anmerkung der Redaktion
Auch wir haben in den letzten Tagen viel damit gehadert, ob wir Bully weiter an die Schreibmaschine lassen. Angesichts der Situation in der Ukraine fühlte es sich anfangs nicht richtig an, so eine Kolumne mit Augenzwinkern fortzusetzen. Wie können wir jetzt nur lachen? Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass es unsere Pflicht ist, Menschen weiterhin zu unterhalten, in unserer Berichterstattung alle Facetten des Lebens zu beleuchten - auch kritisch. Das haben wir freien Gesellschaften uns in der Vergangenheit hart erkämpft. Wir leben in einer Demokratie, die auf einem freien Austausch unserer Meinungen basiert. Wir können frei entscheiden, was wir (lesen) wollen oder auch nicht. So funktionieren unsere freien Gesellschaften und das dürfen wir uns von jemandem, der aus rein revanchistischen Gründen einem souveränen Staat den Krieg erklärt, nicht nehmen lassen.
erschienen am 07.03.2022