Sebastian Scheibner war einer von 16.000 Teilnehmern, welche am diesjährigen Valencia-Marathon 2021 teilgenommen haben. Nach 4 Stunden und 19 Minuten überquerte er nach 42,195 Kilometern die Ziellinie im Shirt der "Kulturhauptstadt 2025". BLICK-Redakteur Marcus Hengst führte mit dem gebürtigen Freiberger ein Interview und sprach unter anderem über die Erlebnisse rund um das Laufabenteuer sowie die Liebe zum Laufen.
Hallo Sebastian, am zweiten Advent bist Du in Valencia Deinen ersten Marathon überhaupt gelaufen - Hattest Du Lampenfieber bzw. wie aufgeregt bist Du gewesen?
Richtiges Lampenfieber hatte ich nicht, aber als ich auf der Running-Expo mein Starterpaket inklusive Startnummer erhalten haben, ging meine Aufregung sprichwörtlich durch die Decke. Als ich dazu den pompösen Zieleinlauf in der Wissenschaftsstadt sah, war ich beeindruckt und sprachlos zugleich. Spätestens da wusste ich: Jetzt beginnt mein Laufabenteuer.
Kannst Du uns kurz mit in Deinen ersten Marathon nehmen: Wie lenkt man sich während der 42,195 Kilometer eigentlich ab?
Die meisten Hobby-Läufer liefen mit Kopfhörer und Smartphone und haben die gesamte Distanz über Musik gehört. So auch ich. Bei mir lief vor allem Metal. Die Profisportler hingegen vermeiden jegliches Zusatzgewicht, sind entsprechend ohne technisches Equipment unterwegs gewesen.
Alle Läufer - so auch der deutsche Amanal Petros, welcher einen neuen deutschen Marathon-Rekord lief - hatten mit einem sehr starken, böigen Gegenwind zu kämpfen, wodurch die Bedingungen sich deutlich erschwerten: Wie hast Du das wahrgenommen?
Der Wind war wirklich ein harter Gegner. Am Anfang hatte ich ein gutes Tempo, doch spätestens nach 20 Kilometer machte sich der Wind immer mehr bemerkbar. Das galt besonders in der Altstadt, wo der Wind einem zwischen den Häusern regelrecht um Ohren und Oberschenkel pfiff. Um nicht zu viel Kraft zu verlieren, habe ich mein Tempo angepasst. Was Amanal Petros gemacht hat, ist aufgrund des Gegenwindes einfach nur phänomenal.
Beim Valencia-Marathon waren mehrere tausend Menschen an der Strecke unterwegs - Wie hast Du diese sowie deren Stimmung wahrgenommen? Und wer hat Dich vor Ort unterstützt?
Die Stimmung an der gesamten Strecke war einfach gigantisch. Aus allen Herrenländern waren Fans angereist. Die einen schwenkten Flaggen, andere machten sich mit Trommeln bemerkbar, dazu wurden an einigen Stellen Partys gefeiert. Eine kleine Gruppe Iren ist mir beispielsweise am Hafen ins Auge gestochen, die es sich mit einem Guinness in der Hand und Hüten auf dem Kopf gemütlich gemacht hatten. Um sich einen besseren Eindruck über die Zuschauerresonanz zu machen: Von einer vierspurigen Straße blieb für uns Läufer teilweise nur eine halbe Spur übrig - das war schon der absolute Wahnsinn! Bis zur Streckenhälfte haben mich meine Frau und mein Schwager an mehreren Punkten immer wieder angefeuert - und am letzten hieß es dann: Wir sehen uns im Ziel!
Und das geschah dann auch: Was schoss Dir als erstes durch den Kopf, als Du über die Ziellinie gelaufen bist?
Als ich meine Frau und das Kulturhauptstadt-Shirt kurz vorm Ziel sah, wusste ich: Sebastian, Du hast es geschafft! Im Ziel war ich überglücklich und dachte einfach nur: Geil. Geil. Geil. Als mich dann meine Frau umarmte, rollte mir - wie anderen Läufern auch - eine kleine Träne vor Freude aus den Augen.
Wir spulen die Zeit etwas zurück: Wie lief das mit der Teilnahme am Valencia-Marathon genau ab?
Eigentlich wollte ich bei einem Gewinnspiel eines Schuhherstellers teilnehmen, parallel dazu nahm ich automatisch auch an einem Gewinnspiel für den Valencia-Marathon teil. Am Ende habe ich keine Schuhe bekommen, dafür aber einen der zwei Startplätze für den Marathon gewonnen.
Als die Teilnahme dann sicher feststand: Wie viel Zeit blieb Dir eigentlich für die Vorbereitung und wie hast Du Dir diese dann zusammengestellt?
Mit sechs Wochen war die Zeit natürlich sehr knapp bemessen, allerdings konnte ich mir dennoch ein passendes Trainingsprogramm zusammenstellen. Unter der Woche habe ich jeweils drei Laufeinheiten zwischen 1,5 und 2,5 Stunden auf festen Routen, wie beispielsweise nach Adelsberg oder um den Schloßteich, absolviert. Jeden Sonntag fand eine weitere Laufeinheit statt, in der ich den Fokus auf die Distanz gelegt habe. Hierbei habe ich mir die Strecken via Komoot herausgesucht und dabei unter anderem einen Abstecher zur großen Schanze nach Grüna oder zum Museumsbahnhof nach Markersdorf gemacht. Der letzte absolvierte Lauf betrug 36 Kilometer. Dazwischen habe ich weiterhin Krafttraining und Yoga gemacht.
Wie bist Du zum Laufen gekommen und seit wann betreibst Du diesen Sport?
Das kann ich ganz genau sagen. Nach einem unzufriedenen Sprung auf die Waage habe ich am 01. Juli 2017 mit dem Laufen begonnen, um an meinem Gewicht zu arbeiten. Am Anfang hat mich bereits ein Fünf-Kilometer-Lauf pro Woche geschafft, doch mit der Liebe zum Laufen konnte ich mich kontinuierlich steigern. 2020 bin ich insgesamt 370 Kilometer gelaufen, dieses Jahr knacke ich die 1.300 Kilometer. Wind und Wetter sind mir dabei egal, notfalls heißt es, sich dick einpacken - und los geht's!
Unterstützung hast Du auch von der "Kulturhauptstadt 2025" erhalten, welche Dir ein himmelblaues Shirt mitgegeben haben: Trugen auch andere Teilnehmer ein repräsentatives Shirt? Und wurde es von den anderen Läufern wahrgenommen?
Ja, wir Läufer haben uns gegenseitig beobachtet, da neben der Startnummer weiterhin die Länderfahnen abgebildet waren. Am Start kam ich kurz mit einem Läufer aus Karlsruhe ins Gespräch. Während des Laufes tippte mir auf einmal jemand auf die Schulter, und das war ein Läufer aus Dresden, der nunmehr schon zum sechsten Mal am Valencia-Marathon teilnimmt. Es folgte ein kurzer Smalltalk, dazu gab er mir den Hinweis, nicht zu schnell zu laufen. Das tat er bei seinem ersten Marathon, weswegen ihr am Ende ins Ziel kriechen musste. Generell waren viele Läufer mit repräsentativen Shirts dabei, die meisten davon trugen Vereinstrikots. Erinnern kann ich mich an eine niederländische Läufergruppe, die für ein Kinderheim liefen. Beeindruckend waren die Läufer aus Südamerikaner, nicht wegen ihrer Shirts, sondern vielmehr wegen der Tatsache, dass einer barfuß und die anderen in Sandalen liefen.
Blieb neben dem Marathon eigentlich auch etwas Zeit, um die Stadt Valencia unter die Lupe zu nehmen?
Genau deswegen sind wir etwas länger in Valencia geblieben, sodass wir uns am Anreise-Freitag sowie am Samstag einen ganz guten Überblick vom schönen Valencia verschaffen konnten. So waren wir unter anderem am Hafen, am Strand sowie in der Altstadt mit Kathedrale und Basilika - und das bei sensationellem Wetter. Tagsüber hatten wir 20 Grad, im Übrigen auch ein sehr angenehmes Wetter zum Laufen.
Einmal ist bekanntlich keinmal: Wann steht der nächste Marathon auf Deiner Agenda?
Nächstes Jahr möchte ich auf jeden Fall am German-Trailrunning-Cup teilnehmen, bei dem man Strecken zwischen 18 und 35 Kilometer wählen kann. Dazu liebäugele ich mit einem Ultra-Run, also einem Lauf, der weit über einen Marathon hinausgeht. Privat plane ich einen Lauf zwischen meiner alten und neuen Heimat - sprich zwischen Freiberg und Chemnitz. Ob es 2022 einen zweiten Marathon geben wird, steht aktuell noch in den Sternen.
Wir bedanken uns für das interessante Interview!
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