Die 30-jährige Katharina Scheuba ist bereits sehr viel auf der Welt herumgekommen, sie spricht neben ihrer Muttersprache Deutsch auch Englisch, Französisch und Spanisch. Dazu hat sie jahrelang ein intensives, berufliches Doppelleben geführt: Sie ist als praktizierende Ärztin und auch als Schauspielerin bei Film und Fernsehen tätig - anspruchsvolle Berufsfelder mit sehr verschiedenen Anforderungen. Für den Moment liegt die Arbeit als Ärztin erst mal auf Eis, denn seit Ende August mischt die gebürtige Wienerin als Neuzugang Maxi Saalfeld den ARD-Dauerbrenner "Sturm der Liebe" (Montag bis Freitag, 15.10 Uhr, im Ersten) auf. Maxi ist eine Medizinstudentin, die am "Fürstenhof" eine Studie für ihre Doktorarbeit durchführen möchte, da kommt Katharinas praktische Erfahrung gerade recht, wie die Schauspielerin im Interview unterstreicht.

Ab Folge 4.335 (voraussichtlicher Sendetermin: Donnerstag, 5. Dezember) rücken Maxi und Henry (Elias Reichert) als neues "Traumpaar" der Serie in den Vordergrund. Ihre große Liebe lernt Maxi am Roulettetisch kennen ...

teleschau: Wien, Brüssel, die USA und jetzt München, Sie haben schon an vielen Orten gelebt. Wo hat es Ihnen am besten gefallen?

Katharina Scheuba: Oh, gute Frage. Ich bin Wien gegenüber natürlich etwas voreingenommen, es ist einfach meine Heimatstadt und meine Familie lebt dort. Aber München liegt nicht weit hinter Wien zurück, es ist auch nicht so weit weg, und ich habe hier auch viele Herzensmenschen. Dazu kommt noch die Nähe zu den Bergen und das wunderschöne Umland, davon bekomme ich jetzt bei "Sturm der Liebe" auch viel mit, weil wir so tolle Außenkulissen rund um München haben. Das ist teilweise wie aus einem Bilderbuch. Ich war auch in den USA - ein Jahr lang in der High School und später während des Medizin-Studiums noch ein Semester an der UPenn in Philadelphia, das ist ein bisschen wie das kleine New York. Los Angeles ist auch toll. Aber ein richtiger Herzensort bisher war Kapstadt.

teleschau: Ohne Sie jetzt in Schwierigkeiten zu bringen: München versus Wien - welche Stadt gewinnt?

Scheuba: Ich glaube, Wien hat mein Herz, aber München ist auf jeden Fall sehr nah dran. Der Vorteil ist ja, dass beide Städte nicht weit voneinander entfernt sind.

"Schauspiel war für mich lange nicht wirklich ein Konzept"

teleschau: Sie werden wahrscheinlich oft zu Ihren großen Leidenschaften, der Medizin und Schauspielerei befragt, aber es ist nun mal eine sehr spannende Kombination. Gibt es für Sie Überschneidungen zwischen der Arbeit als Schauspielerin und der Arbeit als Ärztin?

Scheuba: Ja, es geht im Endeffekt bei beiden Jobs um den Menschen. Der gemeinsame Nenner ist das empathische Arbeiten. Als Ärztin hat man seine Patientinnen und Patienten, in die man sich hineinversetzen muss. Für einen selbst wird der Klinik-Alltag schnell zur Routine, da hat man seine zehnte Blinddarm-OP am Tag, aber für die Patientin, die dir gegenübersitzt, ist es das vielleicht das allererste Mal, dass sie überhaupt operiert wird, und manche haben wirklich Angst davor. Da muss man sie als Ärztin ein bisschen abholen. Und das ist beim Schauspiel gar nicht so anders. Manchmal hat man Rollen, die einem eher mehr oder eher weniger ähneln, und man versucht sich in die Lage der Charaktere hineinzuversetzen und ihr Handeln zu verstehen. Das Spielen ist im Endeffekt auch nichts anderes als ein tägliches Empathie-Training und für mich auch im medizinischen Alltag wahnsinnig wertvoll.

teleschau: Wie ist es dazu gekommen, dass Sie sowohl Ärztin, als auch Schauspielerin geworden sind?

Scheuba: Schauspiel war für mich lange nicht wirklich ein Konzept, weil in meiner Verwandtschaft weder Schauspiel noch Kunst generell als Beruf eine Rolle gespielt haben. Bei der Medizin war ich durch meine Familie vorbelastet. Es war naheliegend, dass ich in die Medizin gegangen bin. Der Traum, Schauspielerin zu werden, hat für mich während meines High School-Jahres in den USA angefangen, da bin ich zum ersten Mal wirklich damit in Berührung gekommen, aber ich habe noch nicht wirklich gewusst, wie man überhaupt eine Schauspielerin wird. Nach einem Semester Wirtschaftsstudium habe ich mich dann für den Medizinertest angemeldet und habe parallel zu der Vorbereitung für den Test auch ein halbes Jahr lang jeden Tag Schauspielunterricht genommen - und das hat mit sehr, sehr gut gefallen.

teleschau: Und dann?

Scheuba: Dann wollte ich mich auch an Schauspielschulen bewerben, aber zuerst kam der Medizinertest - und ich wurde für das Medizinstudium angenommen. Da ging es los mit dem inneren Zwiespalt.

teleschau: Wie lösten Sie das Dilemma?

Scheuba: Ich fand beides toll und habe versucht, eine Balance zu finden. Also habe ich mich erst mal auf das Medizinstudium konzentriert und 2019 meinen Abschluss gemacht. Dann habe ich aber nicht direkt mit dem Facharzt angefangen, sondern bin Anfang 2020 nach New York, um dort meine Schauspielausbildung zu beginnen. Aber dann kam die Pandemie, und ich war sehr schnell wieder auf dem Heimweg und habe von Wien aus versucht, alles über Schauspiel zu lernen, was ich konnte. Zum Glück fand ich recht schnell meine Agentin Verena und bekam bald auch meine erste Hauptrolle in einem Kinofilm ("Dinner Für Acht", d. Red.), den wir zwischen zwei Lockdowns drehten. So bin ich in die Welt des Schauspiels eingetaucht. 2022 kam ein Angebot von einer Wiener Klinik, das ich angenommen habe. Es begann eine sehr intensive Zeit, ich habe meine Urlaubstage für Drehs genommen und habe parallel zu meiner Arbeit als Ärztin letztes Jahr vier Filme gedreht. Als dann die Anfrage von "Sturm der Liebe" kam, war aber klar, das ist jetzt erst mal ein Vollzeitprojekt. Also habe ich mich entschieden, die Medizin zumindest mal für den Moment zu pausieren - und dann gings auch schon nach München!

"Kann mir vorstellen, beides in Abschnitten zu machen"

teleschau: Wie reagierte Ihre Medizinerfamilie auf den Wechsel?

Scheuba: (lacht) Das war für alle ein bisschen überraschend. Sie dachten zuerst, es ist nur eine Phase. Ich glaube, sie konnten sich auch nicht so viel darunter vorstellen, aber das wird jetzt langsam. Sie freuen sich jedenfalls alle, wenn es mir gut geht, und unterstützen mich.

teleschau: Wie geht es Ihnen nun mit dem Zwiespalt?

Scheuba: Der Druck, dass man beidem gerecht wird, ist schon da, auch, weil ich beides sehr gerne mache und beides natürlich auch gut machen will. Ich mache keine halben Sachen. Wenn ich Ärztin bin, will ich die beste Ärztin für meine Patient:innen sein, und als Schauspielerin will ich auch das Beste aus mir rausholen. Nach den letzten Jahren, in denen ich beides parallel gemacht habe, habe ich gemerkt, dass es mir guttut, wenn ich mich, so wie jetzt, auf eine Sache fokussieren kann. Das heißt aber nicht, dass die Medizin für immer abgeschlossen ist. Momentan kann ich mir ganz gut vorstellen, dass ich das in Abschnitten mache.

"Die letzten zwei Jahre waren schon herausfordernd"

teleschau: Wie ist es denn dann eigentlich genau zum Engagement bei "Sturm der Liebe" gekommen?

Scheuba: Ich war noch in Wien in der Klinik, als die Anfrage für einen Probedreh in München kam. Das war unter der Woche, aber ich hatte das Glück, dass ich am Tag davor einen 25-Stunden-Nachtdienst und den nächsten Tag als Ausgleichstag frei hatte. Der ist eigentlich zum Schlafen gedacht, aber ich bin in der Früh nach dem Dienst direkt in den Zug nach München gestiegen, habe dort den Probedreh gemacht und bin gleich danach wieder nach Wien zurück. Ein paar Tage später kam dann der Anruf von meiner Agentin, dass es geklappt hat.

teleschau: Und dann war die Freude wahrscheinlich groß!

Scheuba: Ja, auf jeden Fall. Man erwartet so was ja nie. Und dann ging alles recht schnell. Dann musste ich eine Entscheidung treffen. Es war an der Zeit, mit der Klinikleitung ein offenes Gespräch zu führen, und ich habe ihnen alles erzählt: dass ich noch eine andere Leidenschaft habe und dass da gerade ein tolles Projekt ansteht, das ich gerne machen würde. Sie haben wirklich sehr verständnisvoll reagiert, und es war ein schönes Ende.

teleschau: Ein Ende, das Ihnen auch gut tat, oder?

Scheuba: Das Doppelleben war auch toll, aber die letzten zwei Jahre waren schon herausfordernd. Ich habe ja meine kompletten Ferien für die Drehs hergenommen und hatte dementsprechend dann auch keinen "normalen" Urlaub mehr. Man braucht dann irgendwann mal eine Erholungsphase ...

teleschau: Wie haben Sie es dann geschafft in diesen zwei Jahren, dass Sie nicht ausgebrannt sind?

Scheuba: Ich glaube, dass es die Tatsache war, dass ich beides so unglaublich gerne mache. Diese beiden Berufe, diese Leidenschaften, haben mir so vieles möglich gemacht. Dafür bin ich so dankbar, dass das vielleicht den ganzen Stress, den ich hatte, etwas überdeckt hat. Ich bin montags mit einem Lächeln in der Morgenbesprechung gesessen, auch wenn ich das ganze Wochenende bis spät abends gedreht hatte, weil ich mich dann auch wirklich wieder auf die Arbeit in der Klinik gefreut habe. Und auf der anderen Seite gab es dieses Leben am Set, das war dann so eine eigene Welt und eine tolle Abwechslung. Es war natürlich schon rein körperlich sehr anstrengend so viel unterwegs zu sein, aber geistig hat mir das Schauspiel so viel Kraft für den Klinikalltag gegeben, und genauso ist es umgekehrt.

"Sturm der Liebe' ist wie ein modernes Märchen"

teleschau: Wie ist es, zu einer Serie zu stoßen, die jetzt schon beinahe zwei Jahrzehnte läuft? Hatten Sie davor schon Berührungspunkte mit "Sturm der Liebe"?

Scheuba: Nein, tatsächlich nicht. Ich habe mir Teile der Serie natürlich zur Vorbereitung für das Casting angeschaut, aber ich bin ohne Fernseher aufgewachsen, den haben wir erst bekommen als ich 14 war. Deswegen habe ich im Bereich deutsches und österreichisches Fernsehen irgendwie kaum etwas mitbekommen. "Sturm der Liebe" habe ich daher vorher nicht gekannt. Ich hatte Respekt davor, weil es schon so lange läuft und so eine riesige Fangemeinde hat. Es ist auf jeden Fall eine Aufgabe, sich in einer so gut geölten Maschinerie einzufinden.

teleschau: Warum, glauben Sie, hat sich "Sturm der Liebe" zu solch einem Dauerbrenner entwickelt?

Scheuba: Ich glaube, es ist das Märchen, das erzählt wird, das so ansprechend ist. Ein bisschen wie bei "Maxton Hall", das ist ja auch ein bisschen wie ein Märchen. Diese perfekte, schöne Schule und das Liebesdrama mit dem Happy End. Und es ist extrem erfolgreich, auch international und ja auch toll und mit viel Liebe von allen Beteiligten gemacht. Das spürt man einfach. Unlängst beim Blauen Panther hat die Autorin gesagt, der häufigste Satz, den sie hören, ist: "Ich bin ja eigentlich nicht in der Zielgruppe, aber ..." - Und dann wird von der Serie geschwärmt. Viele wollen vielleicht auch gar nicht zugeben, dass sie das gucken, oder sie merken gleich an, dass es kitschig ist. Aber es schauen dann doch sehr viele Menschen sehr gerne. Ich glaube, das liegt daran, weil es einfach eine heile Fantasiewelt ist, ein Ort, wo alles noch gut ausgeht und wo die wahre Liebe noch existiert. Im echten Leben sind die Dinge leider oft nicht so einfach, wie wir alle wissen. "Sturm der Liebe" ist einfach ein modernes Märchen.

teleschau: Zum Schluss noch etwas anderes als Schauspiel und Medizin. Gibt es noch etwas außerhalb dieser zwei Welten, für das Sie wirklich brennen?

Scheuba: Ja, ich schreibe auch wahnsinnig gerne! Ich habe schon immer gerne geschrieben, manchmal waren es Lieder, manchmal waren es Geschichten, gerade ist es ein Drehbuch. Und das Musizieren! Sowohl singen, als auch Instrumente spielen - wie Gitarre oder Klavier. Momentan habe ich leider nicht wahnsinnig viel Zeit dafür, aber wenn es sich einrichten lässt, mache ich mit Freunden zusammen kleine Jam-Sessions. Gitarre und Gesang, finde ich, das ist eine wunderbare Kombination, um sich auszudrücken.