Oliver Masucci wird gerne als Extremschauspieler bezeichnet. Was an der ungeheuren Präsenz des 55-Jährigen, aber auch seiner Rollenauswahl liegt. Der ehemalige Bühnenstar wurde als Adolf Hitler im Film "Er ist wieder da" einem breiteren Publikum bekannt. Später kamen weitere extreme Persönlichkeiten wie Rainer Werner Fassbinder ("Enfant Terrible") oder - sehr gruselig - der Hamburger Säurefassmörder in der Amazon-Serie "German Crime Story: Gefesselt" hinzu. Nun ist Masucci als visionärer Banker Alfred Herrhausen zu sehen, der wenige Wochen nach dem Mauerfall 1989 durch einen Bombenanschlag auf sein Fahrzeug ums Leben kam. "Herrhausen - Der Herr des Geldes" ist als vierteilige Serie in der ARD Mediathek zu sehen. Linear fand und findet die Ausstrahlung seit dem 1. Oktober statt - und sie geht, durchaus mit Symbolwert, auch am Tag der Deutschen Einheit, Donnerstag, 3. Oktober, weiter. Die Filme zeigen Herrhausen als einen Mann, der vielleicht als erster den zwangsläufigen Zusammenbruch des Ostblocks erkannte und seinen Duzfreund - aber auch Konkurrenten - Helmut Kohl zum entschlossenen Handeln in Sachen deutsche Wiedervereinigung drängte.

"Der Anteil von Herrhausen an der deutschen Wiedervereinigung ist größer, als viele denken", befand Masucci im Interview mit teleschau. "Herrhausen wusste aus den Akten, die er von den Russen erhalten hatte - da ging es um einen großen Kredit der Deutschen Bank -, wie schlecht es um die sowjetische Wirtschaft bestellt war. Ihm war auch klar, dass die DDR finanziell stark von der Sowjetunion abhing. Insofern hat er Kohl sicherlich ins Ohr geflüstert, dass der Westen gute Chancen haben würde, die DDR zu übernehmen, wenn man so will."

"Die meisten wollen keine Veränderung, auch wenn sie etwas anderes behaupten"

Auch zur Frage, wer Herrhausen letztendlich tötete - die Täter wurden bis heute nicht gefunden - hat Masucci eine Theorie. Die RAF gilt zwar als ausführende Kraft des Attentats, über die Strippenzieher des Terrorakts spekuliert "Herrhausen - Der Herr des Geldes" jedoch in klassischer Verschwörungsthriller-Manier. "Dass es die RAF allein war", sagt Masucci, "ist unwahrscheinlich. Weil sie technisch gar nicht in der Lage war, den Anschlag in dieser Form durchzuführen. Wer letztendlich wen dafür eingespannt hat - man kann es sich zusammenreimen oder es lassen. Mehrere Parteien hatten großes Interesse an seinem Tod. Eine Bombe, wie sie Herrhausen umbrachte, hat acht Tage zuvor den libanesischen Präsidenten René Moawad getötet. Die Spur dieser Bombe führt in den Libanon, darüber gibt es sogar eine Dokumentation."

In den "Herrhausen" Filmen werden Parteien wie der amerikanische und russische Geheimdienst, Palästinenser, die Stasi und sogar der deutsche Staatsschutz ins Spiel gebracht. Unabhängig von der Suche nach Herrhausens Mördern findet Oliver Masucci, dass solche Persönlichkeiten wie er - ein Konservativer mit sozialer und politischer Verantwortung - heute in der Wirtschaft fehlen: "Die Wirtschaftsführer? Sie dienen den Aktionären, dem Shareholder Value - was auch ihr Job ist. Aber dabei vergessen sie oft ihre gesellschaftliche Aufgabe, auf Fehlentwicklungen hinzuweisen. Innovativ zu sein. Die meisten wollen keine Veränderung, auch wenn sie etwas anderes behaupten. Figuren wie er fehlen uns heute. Nicht nur, aber gerade auch in der Wirtschaft."