Mein Partner und ich führen nicht die Beziehung, die man als Außenstehender als vollkommen gleichberechtigt bezeichnen würde. Er geht in Vollzeit arbeiten, ich studiere, arbeite nebenbei 20 Stunden in der Woche in der Redaktion und kümmere mich um den Großteil der Hausarbeit. Damit will ich auf keinen Fall sagen, dass er sich vor den Aufgaben, die im Alltag anfallen, drückt, sondern, dass ich, was das Aufräumen, Putzen und Kochen angeht, Erwartungen habe, die nur ich erfüllen kann. Und ganz ehrlich: ich liebe es, das Haus für meinen Partner ordentlich zu halten, mich um die Geschenke für seine und meine Familie zu kümmern und seine Lieblingsgerichte zu kochen. Doch genau diese Einstellung meinerseits kann mich auf Dauer krank machen.
Mental Load - "Die Arbeit vor der Arbeit"
Hinter dem neuartigen Begriff "Mental Load" verbirgt sich der unsichtbare Stress, der durch alltägliche Aufgaben anfällt, und die damit einhergehende mentale Belastung. Diese Aufgaben werden in der Regel nicht mit dem Partner abgesprochen und laufen im Hintergrund ab. Dies kann man eigentlich ganz gut als "Die Arbeit vor der eigentlichen Arbeit" ausdrücken. Dazu gehört das Mitdenken für andere und dass man sich selbst in der Verantwortung sieht, die Alltagsaufgaben zu erledigen. Die Personen schleppen permanent eine riesige Gedankenwolke mit sich. "Was muss ich für das Abendessen einkaufen?", "Ich muss daran denken, dass Kind 1 heute früher von der Schule abgeholt werden muss." "Einen Zahnarzttermin für Kind 2 muss ich auch noch vereinbaren." und so weiter. Meist liegt die Verantwortung bei Paaren oder der Familie bei der Frau, da sie sich hauptsächlich für die Erledigungen rund um Familie und Partnerschaft zuständig fühlt.
Das Geschenk für die Schwiegermutter
Ich möchte es euch anhand eines Beispiels erklären: Die Schwiegermutter meines Partners hat bald Geburtstag und ich kümmere mich um das Geschenk. Nun werden einige denken: "Das ist ja nicht schwer. Du gehst in den Laden rein, schnappst dir ein Geschenk, verpackst es zu Hause und das war's." Doch eigentlich muss ich vor der eigentlichen Aufgabe des Kaufens und Verpackens viele kleinere mentale Aufgaben erledigen. Wann genau hat meine Schwiegermutter Geburtstag? Was haben wir ihr letztes Jahr geschenkt? Worüber würde sie sich am meisten freuen? Was schenken die anderen Familienangehörigen? Machen wir ein Gemeinschaftsgeschenk? Wenn ja, wer kümmert sich darum? Wann kann ich das Geschenk besorgen? Wo kann ich es kaufen? Wie viel wollen und können wir für das Geschenk ausgeben?
Unsichtbare Aufgaben, die keiner wertschätzt
Es wird deutlich: Jede noch so kleine Alltagsaufgabe bringt unzählige mentale Aufgaben mit sich, die auf Dauer zu einem Overload im Kopf und damit zu Stress, Überbelastung, Schuldgefühlen und im schlimmsten Fall psychischen Erkrankungen führen können. Vor allem dann, wenn die Aufgaben im Beziehungs- oder Familienleben nur von einer Person erledigt werden. Zudem bekommen die Personen, die diese Aufgaben übernehmen, meist keine Wertschätzung, da es den meisten Mitmenschen nicht bewusst ist, welche Zeit und Arbeit an den kleinsten alltäglichsten Dingen hängt, was zu Frust führen kann.
Mental Load in der Partnerschaft verringern
Versucht mit eurem Partner oder eurer Partnerin offen darüber zu reden, welche unsichtbaren Aufgaben ihr übernehmt und welche euch überfordern oder erschöpfen. Wozu fühlt ihr euch verpflichtet? Fühlt ihr euch von eurem Partner oder eurer Partnerin im Stich gelassen? Schreibt alle ToDos auf, die euch im Alltag begleiten und überlegt anschließend, welche ihr streichen könntet und welche euer Partner oder eure Partnerin übernehmen könnte. Wenn ihr gefragt werdet, ob ihr Aufgaben übernehmen könnt, überlegt vor dem Antworten genau, ob ihr dafür Zeit und Kraft habt. Ihr dürft "Nein" sagen, wenn ihr euch nicht in der Lage fühlt, diese Aufgaben zusätzlich zu übernehmen. Wenn ihr Aufgaben übernommen habt, bei denen ihr merkt, dass ihr an eure Grenzen kommt, dann bittet um Unterstützung.
Aber das Wichtigste: Plant euch in den Alltag Pausen ein, um euch nur auf euch zu konzentrieren und mal an nichts anderes zu denken, als an euch und euer Wohlbefinden.
Wie ich mit dem Thema in meiner Partnerschaft umgehen werde
Ich habe erst vor kurzem von dem Begriff "Mental Load" gehört. Dadurch ist mir klar geworden, dass ich meinen Perfektionismus für manche Aufgaben außerhalb des Studiums und der Arbeit ablegen und offen mit meinem Partner kommunizieren muss. Denn auch wenn es mich glücklich macht, ihn glücklich zu machen, ist ihm eine psychisch gesunde Frau wahrscheinlich wichtiger als ein geputztes Haus.